Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

dem Mittelpuncte aus scheinbar nach außen dehnen, in-
dem wir es vergrößern. Dieses geschieht durch jedes
convexe Glas, und wir erblicken in diesem Falle einen
blauen Rand B.

200.

Den Umkreis eben desselben Bildes können wir
nach dem Mittelpuncte zu scheinbar hineinbewegen, in-
dem wir das Rund zusammenziehen; da alsdann die
Ränder gelb erscheinen C. Dieses geschieht durch ein
concaves Glas, das aber nicht, wie die gewöhnlichen
Lorgnetten, dünn geschliffen seyn darf, sondern einige
Masse haben muß. Damit man aber diesen Versuch
auf einmal mit dem convexen Glas machen könne, so
bringe man in das helle Rund auf schwarzem Grunde
eine kleinere schwarze Scheibe. Denn vergrößert man
durch ein convexes Glas die schwarze Scheibe auf wei-
ßem Grund, so geschieht dieselbe Operation, als wenn
man ein weißes Rund verkleinerte: denn wir führen
den schwarzen Rand nach dem weißen zu; und wir
erblicken also den gelblichen Farbenrand zugleich mit
dem blauen D.

201.

Diese beyden Erscheinungen, die blaue und gelbe,
zeigen sich an und über dem Weißen. Sie nehmen,
in so fern sie über das Schwarze reichen, einen röthli-
chen Schein an.

202.

Und hiermit sind die Grundphänomene aller Far-
benerscheinung bey Gelegenheit der Refraction ausge-

dem Mittelpuncte aus ſcheinbar nach außen dehnen, in-
dem wir es vergroͤßern. Dieſes geſchieht durch jedes
convexe Glas, und wir erblicken in dieſem Falle einen
blauen Rand B.

200.

Den Umkreis eben deſſelben Bildes koͤnnen wir
nach dem Mittelpuncte zu ſcheinbar hineinbewegen, in-
dem wir das Rund zuſammenziehen; da alsdann die
Raͤnder gelb erſcheinen C. Dieſes geſchieht durch ein
concaves Glas, das aber nicht, wie die gewoͤhnlichen
Lorgnetten, duͤnn geſchliffen ſeyn darf, ſondern einige
Maſſe haben muß. Damit man aber dieſen Verſuch
auf einmal mit dem convexen Glas machen koͤnne, ſo
bringe man in das helle Rund auf ſchwarzem Grunde
eine kleinere ſchwarze Scheibe. Denn vergroͤßert man
durch ein convexes Glas die ſchwarze Scheibe auf wei-
ßem Grund, ſo geſchieht dieſelbe Operation, als wenn
man ein weißes Rund verkleinerte: denn wir fuͤhren
den ſchwarzen Rand nach dem weißen zu; und wir
erblicken alſo den gelblichen Farbenrand zugleich mit
dem blauen D.

201.

Dieſe beyden Erſcheinungen, die blaue und gelbe,
zeigen ſich an und uͤber dem Weißen. Sie nehmen,
in ſo fern ſie uͤber das Schwarze reichen, einen roͤthli-
chen Schein an.

202.

Und hiermit ſind die Grundphaͤnomene aller Far-
benerſcheinung bey Gelegenheit der Refraction ausge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0130" n="76"/>
dem Mittelpuncte aus &#x017F;cheinbar nach außen dehnen, in-<lb/>
dem wir es vergro&#x0364;ßern. Die&#x017F;es ge&#x017F;chieht durch jedes<lb/>
convexe Glas, und wir erblicken in die&#x017F;em Falle einen<lb/>
blauen Rand <hi rendition="#aq">B.</hi></p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>200.</head><lb/>
              <p>Den Umkreis eben de&#x017F;&#x017F;elben Bildes ko&#x0364;nnen wir<lb/>
nach dem Mittelpuncte zu &#x017F;cheinbar hineinbewegen, in-<lb/>
dem wir das Rund zu&#x017F;ammenziehen; da alsdann die<lb/>
Ra&#x0364;nder gelb er&#x017F;cheinen <hi rendition="#aq">C.</hi> Die&#x017F;es ge&#x017F;chieht durch ein<lb/>
concaves Glas, das aber nicht, wie die gewo&#x0364;hnlichen<lb/>
Lorgnetten, du&#x0364;nn ge&#x017F;chliffen &#x017F;eyn darf, &#x017F;ondern einige<lb/>
Ma&#x017F;&#x017F;e haben muß. Damit man aber die&#x017F;en Ver&#x017F;uch<lb/>
auf einmal mit dem convexen Glas machen ko&#x0364;nne, &#x017F;o<lb/>
bringe man in das helle Rund auf &#x017F;chwarzem Grunde<lb/>
eine kleinere &#x017F;chwarze Scheibe. Denn vergro&#x0364;ßert man<lb/>
durch ein convexes Glas die &#x017F;chwarze Scheibe auf wei-<lb/>
ßem Grund, &#x017F;o ge&#x017F;chieht die&#x017F;elbe Operation, als wenn<lb/>
man ein weißes Rund verkleinerte: denn wir fu&#x0364;hren<lb/>
den &#x017F;chwarzen Rand nach dem weißen zu; und wir<lb/>
erblicken al&#x017F;o den gelblichen Farbenrand zugleich mit<lb/>
dem blauen <hi rendition="#aq">D.</hi></p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>201.</head><lb/>
              <p>Die&#x017F;e beyden Er&#x017F;cheinungen, die blaue und gelbe,<lb/>
zeigen &#x017F;ich an und u&#x0364;ber dem Weißen. Sie nehmen,<lb/>
in &#x017F;o fern &#x017F;ie u&#x0364;ber das Schwarze reichen, einen ro&#x0364;thli-<lb/>
chen Schein an.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>202.</head><lb/>
              <p>Und hiermit &#x017F;ind die Grundpha&#x0364;nomene aller Far-<lb/>
bener&#x017F;cheinung bey Gelegenheit der Refraction ausge-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0130] dem Mittelpuncte aus ſcheinbar nach außen dehnen, in- dem wir es vergroͤßern. Dieſes geſchieht durch jedes convexe Glas, und wir erblicken in dieſem Falle einen blauen Rand B. 200. Den Umkreis eben deſſelben Bildes koͤnnen wir nach dem Mittelpuncte zu ſcheinbar hineinbewegen, in- dem wir das Rund zuſammenziehen; da alsdann die Raͤnder gelb erſcheinen C. Dieſes geſchieht durch ein concaves Glas, das aber nicht, wie die gewoͤhnlichen Lorgnetten, duͤnn geſchliffen ſeyn darf, ſondern einige Maſſe haben muß. Damit man aber dieſen Verſuch auf einmal mit dem convexen Glas machen koͤnne, ſo bringe man in das helle Rund auf ſchwarzem Grunde eine kleinere ſchwarze Scheibe. Denn vergroͤßert man durch ein convexes Glas die ſchwarze Scheibe auf wei- ßem Grund, ſo geſchieht dieſelbe Operation, als wenn man ein weißes Rund verkleinerte: denn wir fuͤhren den ſchwarzen Rand nach dem weißen zu; und wir erblicken alſo den gelblichen Farbenrand zugleich mit dem blauen D. 201. Dieſe beyden Erſcheinungen, die blaue und gelbe, zeigen ſich an und uͤber dem Weißen. Sie nehmen, in ſo fern ſie uͤber das Schwarze reichen, einen roͤthli- chen Schein an. 202. Und hiermit ſind die Grundphaͤnomene aller Far- benerſcheinung bey Gelegenheit der Refraction ausge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/130
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/130>, abgerufen am 21.11.2024.