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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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158.

Die Eisberge hingegen erscheinen in großer Ent-
fernung noch immer weiß und eher gelblich, weil sie
immer noch als hell durch den Dunstkreis auf unser
Auge wirken.

159.

Die blaue Erscheinung an dem untern Theil des
Kerzenlichtes gehört auch hieher. Man halte die Flam-
me vor einen weißen Grund, und man wird nichts
blaues sehen; welche Farbe hingegen sogleich erscheinen
wird, wenn man die Flamme gegen einen schwarzen
Grund hält. Dieses Phänomen erscheint am lebhafte-
sten bey einem angezündeten Löffel Weingeist. Wir
können also den untern Theil der Flamme für einen
Dunst ansprechen, welcher obgleich unendlich fein, doch
vor der dunklen Fläche sichtbar wird: er ist so fein,
daß man bequem durch ihn lesen kann; dahingegen die
Spitze der Flamme, welche uns die Gegenstände ver-
deckt, als ein selbstleuchtender Körper anzusehen ist.

160.

Uebrigens ist der Rauch gleichfalls als ein trübes
Mittel anzusehen, das uns vor einem hellen Grunde
gelb oder röthlich, vor einem dunklen aber blau er-
scheint.

161.

Wenden wir uns nun zu den flüssigen Mitteln, so
finden wir, daß ein jedes Wasser, auf eine zarte Weise
getrübt, denselben Effect hervorbringe.

158.

Die Eisberge hingegen erſcheinen in großer Ent-
fernung noch immer weiß und eher gelblich, weil ſie
immer noch als hell durch den Dunſtkreis auf unſer
Auge wirken.

159.

Die blaue Erſcheinung an dem untern Theil des
Kerzenlichtes gehoͤrt auch hieher. Man halte die Flam-
me vor einen weißen Grund, und man wird nichts
blaues ſehen; welche Farbe hingegen ſogleich erſcheinen
wird, wenn man die Flamme gegen einen ſchwarzen
Grund haͤlt. Dieſes Phaͤnomen erſcheint am lebhafte-
ſten bey einem angezuͤndeten Loͤffel Weingeiſt. Wir
koͤnnen alſo den untern Theil der Flamme fuͤr einen
Dunſt anſprechen, welcher obgleich unendlich fein, doch
vor der dunklen Flaͤche ſichtbar wird: er iſt ſo fein,
daß man bequem durch ihn leſen kann; dahingegen die
Spitze der Flamme, welche uns die Gegenſtaͤnde ver-
deckt, als ein ſelbſtleuchtender Koͤrper anzuſehen iſt.

160.

Uebrigens iſt der Rauch gleichfalls als ein truͤbes
Mittel anzuſehen, das uns vor einem hellen Grunde
gelb oder roͤthlich, vor einem dunklen aber blau er-
ſcheint.

161.

Wenden wir uns nun zu den fluͤſſigen Mitteln, ſo
finden wir, daß ein jedes Waſſer, auf eine zarte Weiſe
getruͤbt, denſelben Effect hervorbringe.

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[60/0114] 158. Die Eisberge hingegen erſcheinen in großer Ent- fernung noch immer weiß und eher gelblich, weil ſie immer noch als hell durch den Dunſtkreis auf unſer Auge wirken. 159. Die blaue Erſcheinung an dem untern Theil des Kerzenlichtes gehoͤrt auch hieher. Man halte die Flam- me vor einen weißen Grund, und man wird nichts blaues ſehen; welche Farbe hingegen ſogleich erſcheinen wird, wenn man die Flamme gegen einen ſchwarzen Grund haͤlt. Dieſes Phaͤnomen erſcheint am lebhafte- ſten bey einem angezuͤndeten Loͤffel Weingeiſt. Wir koͤnnen alſo den untern Theil der Flamme fuͤr einen Dunſt anſprechen, welcher obgleich unendlich fein, doch vor der dunklen Flaͤche ſichtbar wird: er iſt ſo fein, daß man bequem durch ihn leſen kann; dahingegen die Spitze der Flamme, welche uns die Gegenſtaͤnde ver- deckt, als ein ſelbſtleuchtender Koͤrper anzuſehen iſt. 160. Uebrigens iſt der Rauch gleichfalls als ein truͤbes Mittel anzuſehen, das uns vor einem hellen Grunde gelb oder roͤthlich, vor einem dunklen aber blau er- ſcheint. 161. Wenden wir uns nun zu den fluͤſſigen Mitteln, ſo finden wir, daß ein jedes Waſſer, auf eine zarte Weiſe getruͤbt, denſelben Effect hervorbringe.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/114>, abgerufen am 21.11.2024.