Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite
Nachbildung.

In deine Reimart hoff' ich mich zu finden,
Das Wiederholen soll mir auch gefallen,
Erst werd' ich Sinn, sodann auch Worte finden;
Zum zweytenmal soll mir kein Klang erschallen,
Er müsste denn besondern Sinn begründen,
Wie du's vermagst begünstigter vor allen.
Denn wie ein Funke fähig zu entzünden
Die Kaiserstadt, wenn Flammen grimmig wallen,
Sich winderzeugend, glühn von eignen Winden,
Er, schon erloschen, schwand zu Sternenhallen;
So schlangs von dir sich fort mit ew'gen Gluten
Ein deutsches Herz von frischem zu ermuthen.
Zugemessne Rhythmen reizen freylich,
Das Talent erfreut sich wohl darin;
Doch wie schnelle widern sie abscheulich,
Hohle Masken ohne Blut und Sinn.
Selbst der Geist erscheint sich nicht erfreulich,
Wenn er nicht, auf neue Form bedacht,
Jener todten Form ein Ende macht.

Nachbildung.

In deine Reimart hoff’ ich mich zu finden,
Das Wiederholen soll mir auch gefallen,
Erst werd’ ich Sinn, sodann auch Worte finden;
Zum zweytenmal soll mir kein Klang erschallen,
Er müſste denn besondern Sinn begründen,
Wie du’s vermagst begünstigter vor allen.
Denn wie ein Funke fähig zu entzünden
Die Kaiserstadt, wenn Flammen grimmig wallen,
Sich winderzeugend, glühn von eignen Winden,
Er, schon erloschen, schwand zu Sternenhallen;
So schlangs von dir sich fort mit ew’gen Gluten
Ein deutsches Herz von frischem zu ermuthen.
Zugemeſsne Rhythmen reizen freylich,
Das Talent erfreut sich wohl darin;
Doch wie schnelle widern sie abscheulich,
Hohle Masken ohne Blut und Sinn.
Selbst der Geist erscheint sich nicht erfreulich,
Wenn er nicht, auf neue Form bedacht,
Jener todten Form ein Ende macht.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0054" n="44"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Nachbildung</hi></hi>.</hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>In deine Reimart hoff&#x2019; ich mich zu finden,</l><lb/>
              <l>Das Wiederholen soll mir auch gefallen,</l><lb/>
              <l>Erst werd&#x2019; ich Sinn, sodann auch Worte finden;</l><lb/>
              <l>Zum zweytenmal soll mir kein Klang erschallen,</l><lb/>
              <l>Er mü&#x017F;ste denn besondern Sinn begründen,</l><lb/>
              <l>Wie du&#x2019;s vermagst begünstigter vor allen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Denn wie ein Funke fähig zu entzünden</l><lb/>
              <l>Die Kaiserstadt, wenn Flammen grimmig wallen,</l><lb/>
              <l>Sich winderzeugend, glühn von eignen Winden,</l><lb/>
              <l>Er, schon erloschen, schwand zu Sternenhallen;</l><lb/>
              <l>So schlangs von dir sich fort mit ew&#x2019;gen Gluten</l><lb/>
              <l>Ein deutsches Herz von frischem zu ermuthen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Zugeme&#x017F;sne Rhythmen reizen freylich,</l><lb/>
              <l>Das Talent erfreut sich wohl darin;</l><lb/>
              <l>Doch wie schnelle widern sie abscheulich,</l><lb/>
              <l>Hohle Masken ohne Blut und Sinn.</l><lb/>
              <l>Selbst der Geist erscheint sich nicht erfreulich,</l><lb/>
              <l>Wenn er nicht, auf neue Form bedacht,</l><lb/>
              <l>Jener todten Form ein Ende macht.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0054] Nachbildung. In deine Reimart hoff’ ich mich zu finden, Das Wiederholen soll mir auch gefallen, Erst werd’ ich Sinn, sodann auch Worte finden; Zum zweytenmal soll mir kein Klang erschallen, Er müſste denn besondern Sinn begründen, Wie du’s vermagst begünstigter vor allen. Denn wie ein Funke fähig zu entzünden Die Kaiserstadt, wenn Flammen grimmig wallen, Sich winderzeugend, glühn von eignen Winden, Er, schon erloschen, schwand zu Sternenhallen; So schlangs von dir sich fort mit ew’gen Gluten Ein deutsches Herz von frischem zu ermuthen. Zugemeſsne Rhythmen reizen freylich, Das Talent erfreut sich wohl darin; Doch wie schnelle widern sie abscheulich, Hohle Masken ohne Blut und Sinn. Selbst der Geist erscheint sich nicht erfreulich, Wenn er nicht, auf neue Form bedacht, Jener todten Form ein Ende macht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/54
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/54>, abgerufen am 22.12.2024.