Dieser vorzügliche Mann steht aller- dings oben an. Seine Reise fällt in die zweyte Hälfte des dreyzehnten Jahrhun- derts; er gelangt bis in den fernsten Osten, führt uns in die fremdartigsten Verhältnis- se, worüber wir, da sie beynahe fabelhaft aussehen, in Verwunderung, in Erstaunen gerathen. Gelangen wir aber auch nicht sogleich über das Einzelne zur Deutlich- keit, so ist doch der gedrängte Vortrag die- ses weitausgreifenden Wanderers höchst ge- schickt das Gefühl des Unendlichen, Unge- heuren in uns aufzuregen. Wir befinden uns an dem Hof des Kublai Chan, der, als Nachfolger von Gengis, grenzenlose Land- strecken beherrschte. Denn was soll man von einem Reiche und dessen Ausdehnung halten, wo es unter andern heisst: "Per- sien ist eine grosse Provinz, die aus neun Königreichen besteht;" und nach einem
Marco Polo.
Dieser vorzügliche Mann steht aller- dings oben an. Seine Reise fällt in die zweyte Hälfte des dreyzehnten Jahrhun- derts; er gelangt bis in den fernsten Osten, führt uns in die fremdartigsten Verhältnis- se, worüber wir, da sie beynahe fabelhaft aussehen, in Verwunderung, in Erstaunen gerathen. Gelangen wir aber auch nicht sogleich über das Einzelne zur Deutlich- keit, so ist doch der gedrängte Vortrag die- ses weitausgreifenden Wanderers höchst ge- schickt das Gefühl des Unendlichen, Unge- heuren in uns aufzuregen. Wir befinden uns an dem Hof des Kublai Chan, der, als Nachfolger von Gengis, grenzenlose Land- strecken beherrschte. Denn was soll man von einem Reiche und dessen Ausdehnung halten, wo es unter andern heiſst: „Per- sien ist eine groſse Provinz, die aus neun Königreichen besteht;“ und nach einem
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[462[464]/0474]
Marco Polo.
Dieser vorzügliche Mann steht aller-
dings oben an. Seine Reise fällt in die
zweyte Hälfte des dreyzehnten Jahrhun-
derts; er gelangt bis in den fernsten Osten,
führt uns in die fremdartigsten Verhältnis-
se, worüber wir, da sie beynahe fabelhaft
aussehen, in Verwunderung, in Erstaunen
gerathen. Gelangen wir aber auch nicht
sogleich über das Einzelne zur Deutlich-
keit, so ist doch der gedrängte Vortrag die-
ses weitausgreifenden Wanderers höchst ge-
schickt das Gefühl des Unendlichen, Unge-
heuren in uns aufzuregen. Wir befinden
uns an dem Hof des Kublai Chan, der, als
Nachfolger von Gengis, grenzenlose Land-
strecken beherrschte. Denn was soll man
von einem Reiche und dessen Ausdehnung
halten, wo es unter andern heiſst: „Per-
sien ist eine groſse Provinz, die aus neun
Königreichen besteht;“ und nach einem
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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 462[464]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/474>, abgerufen am 21.11.2024.
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