Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.Im Gegenwärtigen Vergangnes. Ros' und Lilie morgenthaulich Blüht im Garten meiner Nähe, Hinten an bebuscht und traulich Steigt der Felsen in die Höhe. Und mit hohem Wald umzogen, Und mit Ritterschloss gekrönet, Lenkt sich hin des Gipfels Bogen, Bis er sich dem Thal versöhnet. Und da duftets wie vor Alters, Da wir noch von Liebe litten, Und die Saiten meines Psalters Mit dem Morgenstrahl sich stritten. Wo das Jagdlied aus den Büschen, Fülle runden Tons enthauchte, Anzufeuern, zu erfrischen Wie's der Busen wollt' und brauchte. Im Gegenwärtigen Vergangnes. Ros’ und Lilie morgenthaulich Blüht im Garten meiner Nähe, Hinten an bebuscht und traulich Steigt der Felsen in die Höhe. Und mit hohem Wald umzogen, Und mit Ritterschloſs gekrönet, Lenkt sich hin des Gipfels Bogen, Bis er sich dem Thal versöhnet. Und da duftets wie vor Alters, Da wir noch von Liebe litten, Und die Saiten meines Psalters Mit dem Morgenstrahl sich stritten. Wo das Jagdlied aus den Büschen, Fülle runden Tons enthauchte, Anzufeuern, zu erfrischen Wie’s der Busen wollt’ und brauchte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0032" n="22"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#i">Im<lb/> Gegenwärtigen Vergangnes.</hi> </hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ros’ und Lilie morgenthaulich</l><lb/> <l>Blüht im Garten meiner Nähe,</l><lb/> <l>Hinten an bebuscht und traulich</l><lb/> <l>Steigt der Felsen in die Höhe.</l><lb/> <l>Und mit hohem Wald umzogen,</l><lb/> <l>Und mit Ritterschloſs gekrönet,</l><lb/> <l>Lenkt sich hin des Gipfels Bogen,</l><lb/> <l>Bis er sich dem Thal versöhnet.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Und da duftets wie vor Alters,</l><lb/> <l>Da wir noch von Liebe litten,</l><lb/> <l>Und die Saiten meines Psalters</l><lb/> <l>Mit dem Morgenstrahl sich stritten.</l><lb/> <l>Wo das Jagdlied aus den Büschen,</l><lb/> <l>Fülle runden Tons enthauchte,</l><lb/> <l>Anzufeuern, zu erfrischen</l><lb/> <l>Wie’s der Busen wollt’ und brauchte.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [22/0032]
Im
Gegenwärtigen Vergangnes.
Ros’ und Lilie morgenthaulich
Blüht im Garten meiner Nähe,
Hinten an bebuscht und traulich
Steigt der Felsen in die Höhe.
Und mit hohem Wald umzogen,
Und mit Ritterschloſs gekrönet,
Lenkt sich hin des Gipfels Bogen,
Bis er sich dem Thal versöhnet.
Und da duftets wie vor Alters,
Da wir noch von Liebe litten,
Und die Saiten meines Psalters
Mit dem Morgenstrahl sich stritten.
Wo das Jagdlied aus den Büschen,
Fülle runden Tons enthauchte,
Anzufeuern, zu erfrischen
Wie’s der Busen wollt’ und brauchte.
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/32>, abgerufen am 22.02.2025. |