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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.

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schichtliche zuletzt mehr hervortritt, die
früheren Fabeln jedoch manche uralte Tra-
ditions-Wahrheit verhüllt überliefern.

Firdusi scheint überhaupt zu einem sol-
chen Werke sich vortrefflich dadurch zu
qualificiren, dass er leidenschaftlich am Al-
ten, ächt Nationellen, festgehalten und auch,
in Absicht auf Sprache, frühe Reinigkeit
und Tüchtigkeit zu erreichen gesucht, wie
er denn arabische Worte verbannt und das
alte Pelehwi zu beachten bemüht war.


Enweri.

Stirbt 1152.


Er studirt zu Tus, einer wegen bedeu-
tender Lehranstalten berühmten, ja sogar
wegen Ueberbildung verdächtigen Stadt;
und als er, an der Thüre des Collegiums si-
tzend, einen, mit Gefolge und Prunk, vor-
beireitenden Grossen erblickt, zu seiner gro-
ssen Verwunderung aber hört, dass es ein
Hofdichter sey, entschliesst er sich zu glei-
cher Höhe des Glücks zu gelangen. Ein

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schichtliche zuletzt mehr hervortritt, die
früheren Fabeln jedoch manche uralte Tra-
ditions-Wahrheit verhüllt überliefern.

Firdusi scheint überhaupt zu einem sol-
chen Werke sich vortrefflich dadurch zu
qualificiren, daſs er leidenschaftlich am Al-
ten, ächt Nationellen, festgehalten und auch,
in Absicht auf Sprache, frühe Reinigkeit
und Tüchtigkeit zu erreichen gesucht, wie
er denn arabische Worte verbannt und das
alte Pelehwi zu beachten bemüht war.


Enweri.

Stirbt 1152.


Er studirt zu Tus, einer wegen bedeu-
tender Lehranstalten berühmten, ja sogar
wegen Ueberbildung verdächtigen Stadt;
und als er, an der Thüre des Collegiums si-
tzend, einen, mit Gefolge und Prunk, vor-
beireitenden Groſsen erblickt, zu seiner gro-
ſsen Verwunderung aber hört, daſs es ein
Hofdichter sey, entschlieſst er sich zu glei-
cher Höhe des Glücks zu gelangen. Ein

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[305/0315] schichtliche zuletzt mehr hervortritt, die früheren Fabeln jedoch manche uralte Tra- ditions-Wahrheit verhüllt überliefern. Firdusi scheint überhaupt zu einem sol- chen Werke sich vortrefflich dadurch zu qualificiren, daſs er leidenschaftlich am Al- ten, ächt Nationellen, festgehalten und auch, in Absicht auf Sprache, frühe Reinigkeit und Tüchtigkeit zu erreichen gesucht, wie er denn arabische Worte verbannt und das alte Pelehwi zu beachten bemüht war. Enweri. Stirbt 1152. Er studirt zu Tus, einer wegen bedeu- tender Lehranstalten berühmten, ja sogar wegen Ueberbildung verdächtigen Stadt; und als er, an der Thüre des Collegiums si- tzend, einen, mit Gefolge und Prunk, vor- beireitenden Groſsen erblickt, zu seiner gro- ſsen Verwunderung aber hört, daſs es ein Hofdichter sey, entschlieſst er sich zu glei- cher Höhe des Glücks zu gelangen. Ein 20

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/315>, abgerufen am 21.11.2024.