Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.Sie haben wegen der Trunkenheit Vielfältig uns verklagt, Und haben von der Trunkenheit Lange nicht genug gesagt. Gewöhnlich die Betrunkenheit Verschwindet so wie es tagt; Doch hat mich meine Betrunkenheit In der Nacht umher gejagt. Es ist die Liebestrunkenheit Die mich erbärmlich plagt, Von Tag zu Nacht, von Nacht zu Tag In meinem Herzen zagt. Dem Herzen das in Trunkenheit Der Lieder schwillt und ragt, Dass keine nüchterne Trunkenheit Sich gleich zu heben wagt. Lieb', Lied und Weines Trunkenheit, Ob's nachtet oder tagt, Die göttlichste Betrunkenheit Die mich entzückt und plagt. Sie haben wegen der Trunkenheit Vielfältig uns verklagt, Und haben von der Trunkenheit Lange nicht genug gesagt. Gewöhnlich die Betrunkenheit Verschwindet so wie es tagt; Doch hat mich meine Betrunkenheit In der Nacht umher gejagt. Es ist die Liebestrunkenheit Die mich erbärmlich plagt, Von Tag zu Nacht, von Nacht zu Tag In meinem Herzen zagt. Dem Herzen das in Trunkenheit Der Lieder schwillt und ragt, Daſs keine nüchterne Trunkenheit Sich gleich zu heben wagt. Lieb’, Lied und Weines Trunkenheit, Ob’s nachtet oder tagt, Die göttlichste Betrunkenheit Die mich entzückt und plagt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0202" n="192"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <lg type="poem"> <l>Sie haben wegen der Trunkenheit</l><lb/> <l>Vielfältig uns verklagt,</l><lb/> <l>Und haben von der Trunkenheit</l><lb/> <l>Lange nicht genug gesagt.</l><lb/> <l>Gewöhnlich die Betrunkenheit</l><lb/> <l>Verschwindet so wie es tagt;</l><lb/> <l>Doch hat mich meine Betrunkenheit</l><lb/> <l>In der Nacht umher gejagt.</l><lb/> <l>Es ist die Liebestrunkenheit</l><lb/> <l>Die mich erbärmlich plagt,</l><lb/> <l>Von Tag zu Nacht, von Nacht zu Tag</l><lb/> <l>In meinem Herzen zagt.</l><lb/> <l>Dem Herzen das in Trunkenheit</l><lb/> <l>Der Lieder schwillt und ragt,</l><lb/> <l>Daſs keine nüchterne Trunkenheit</l><lb/> <l>Sich gleich zu heben wagt.</l><lb/> <l>Lieb’, Lied und Weines Trunkenheit,</l><lb/> <l>Ob’s nachtet oder tagt,</l><lb/> <l>Die göttlichste Betrunkenheit</l><lb/> <l>Die mich entzückt und plagt.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [192/0202]
Sie haben wegen der Trunkenheit
Vielfältig uns verklagt,
Und haben von der Trunkenheit
Lange nicht genug gesagt.
Gewöhnlich die Betrunkenheit
Verschwindet so wie es tagt;
Doch hat mich meine Betrunkenheit
In der Nacht umher gejagt.
Es ist die Liebestrunkenheit
Die mich erbärmlich plagt,
Von Tag zu Nacht, von Nacht zu Tag
In meinem Herzen zagt.
Dem Herzen das in Trunkenheit
Der Lieder schwillt und ragt,
Daſs keine nüchterne Trunkenheit
Sich gleich zu heben wagt.
Lieb’, Lied und Weines Trunkenheit,
Ob’s nachtet oder tagt,
Die göttlichste Betrunkenheit
Die mich entzückt und plagt.
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/202>, abgerufen am 22.02.2025. |