Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.Schenke spricht. Du, mit deinen braunen Locken, Geh' mir weg verschmitzte Dirne! Schenk' ich meinem Herrn zu Danke, Nun so küsst er mir die Stirne. Aber du, ich wollte wetten, Bist mir nicht damit zufrieden, Deine Wangen, deine Brüste Werden meinen Freund ermüden. Glaubst du wohl mich zu betrügen Dass du jetzt verschämt entweichest? Auf der Schwelle will ich liegen Und erwachen wenn du schleichest. Schenke spricht. Du, mit deinen braunen Locken, Geh’ mir weg verschmitzte Dirne! Schenk’ ich meinem Herrn zu Danke, Nun so küſst er mir die Stirne. Aber du, ich wollte wetten, Bist mir nicht damit zufrieden, Deine Wangen, deine Brüste Werden meinen Freund ermüden. Glaubst du wohl mich zu betrügen Daſs du jetzt verschämt entweichest? Auf der Schwelle will ich liegen Und erwachen wenn du schleichest. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0201" n="191"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Schenke spricht</hi></hi>.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Du, mit deinen braunen Locken,</l><lb/> <l>Geh’ mir weg verschmitzte Dirne!</l><lb/> <l>Schenk’ ich meinem Herrn zu Danke,</l><lb/> <l>Nun so küſst er mir die Stirne.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Aber du, ich wollte wetten,</l><lb/> <l>Bist mir nicht damit zufrieden,</l><lb/> <l>Deine Wangen, deine Brüste</l><lb/> <l>Werden meinen Freund ermüden.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Glaubst du wohl mich zu betrügen</l><lb/> <l>Daſs du jetzt verschämt entweichest?</l><lb/> <l>Auf der Schwelle will ich liegen</l><lb/> <l>Und erwachen wenn du schleichest.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [191/0201]
Schenke spricht.
Du, mit deinen braunen Locken,
Geh’ mir weg verschmitzte Dirne!
Schenk’ ich meinem Herrn zu Danke,
Nun so küſst er mir die Stirne.
Aber du, ich wollte wetten,
Bist mir nicht damit zufrieden,
Deine Wangen, deine Brüste
Werden meinen Freund ermüden.
Glaubst du wohl mich zu betrügen
Daſs du jetzt verschämt entweichest?
Auf der Schwelle will ich liegen
Und erwachen wenn du schleichest.
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