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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

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35.

Des durch die ganze Welt berufenen Erzschwarz-
künstlers und Zauberers D. J. Fausts mit
dem Teufel aufgerichtetes Bündniß, aben-
theuerlicher Lebenswandel, und mit Schrek-
ken genommenes Ende. Cöln am Rhein und
Nürnberg.

Daß Satans Reich groß und mächtig auf Erden
sey, hatte man frühe schon verstanden. Was oben am
dunkeln Himmel glänzte, blinkte, strahlte, das war
den Menschen wohl befreundet und ehrwürdig, aber
nicht grauenvoll, schreckhaft: was aber der Erde dunkler
Schooß verbarg, was im Erdbeben ihn durchzuckte,
was aus geborstenen Rissen dunstig, schwefelflammig,
Seuchen-verbreitend sich ergoß, das war ihnen unheim-
lich, verdächtig, grausenhaft; da schien ihnen kein
Stern herauf, finsterer und immer finsterer wurde die
Finsterniß, je tiefer sich die Phantasie in den Abgrund
hinabversenkte, bis endlich die Geschreckte selbst erstarrte,
und unten ganz unten die Nacht in schwarzen Klumpen
gerann; und in dem Abgrund, den nimmer des fernen
Himmels Morgenroth erreichte, da brannte der Hölle
Pfuhl, da lag der alte Lindwurm mit allen Erdenübeln

35.

Des durch die ganze Welt berufenen Erzſchwarz-
kuͤnſtlers und Zauberers D. J. Fauſts mit
dem Teufel aufgerichtetes Buͤndniß, aben-
theuerlicher Lebenswandel, und mit Schrek-
ken genommenes Ende. Coͤln am Rhein und
Nuͤrnberg.

Daß Satans Reich groß und mächtig auf Erden
ſey, hatte man frühe ſchon verſtanden. Was oben am
dunkeln Himmel glänzte, blinkte, ſtrahlte, das war
den Menſchen wohl befreundet und ehrwürdig, aber
nicht grauenvoll, ſchreckhaft: was aber der Erde dunkler
Schooß verbarg, was im Erdbeben ihn durchzuckte,
was aus geborſtenen Riſſen dunſtig, ſchwefelflammig,
Seuchen-verbreitend ſich ergoß, das war ihnen unheim-
lich, verdächtig, grauſenhaft; da ſchien ihnen kein
Stern herauf, finſterer und immer finſterer wurde die
Finſterniß, je tiefer ſich die Phantaſie in den Abgrund
hinabverſenkte, bis endlich die Geſchreckte ſelbſt erſtarrte,
und unten ganz unten die Nacht in ſchwarzen Klumpen
gerann; und in dem Abgrund, den nimmer des fernen
Himmels Morgenroth erreichte, da brannte der Hölle
Pfuhl, da lag der alte Lindwurm mit allen Erdenübeln

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[207/0225] 35. Des durch die ganze Welt berufenen Erzſchwarz- kuͤnſtlers und Zauberers D. J. Fauſts mit dem Teufel aufgerichtetes Buͤndniß, aben- theuerlicher Lebenswandel, und mit Schrek- ken genommenes Ende. Coͤln am Rhein und Nuͤrnberg. Daß Satans Reich groß und mächtig auf Erden ſey, hatte man frühe ſchon verſtanden. Was oben am dunkeln Himmel glänzte, blinkte, ſtrahlte, das war den Menſchen wohl befreundet und ehrwürdig, aber nicht grauenvoll, ſchreckhaft: was aber der Erde dunkler Schooß verbarg, was im Erdbeben ihn durchzuckte, was aus geborſtenen Riſſen dunſtig, ſchwefelflammig, Seuchen-verbreitend ſich ergoß, das war ihnen unheim- lich, verdächtig, grauſenhaft; da ſchien ihnen kein Stern herauf, finſterer und immer finſterer wurde die Finſterniß, je tiefer ſich die Phantaſie in den Abgrund hinabverſenkte, bis endlich die Geſchreckte ſelbſt erſtarrte, und unten ganz unten die Nacht in ſchwarzen Klumpen gerann; und in dem Abgrund, den nimmer des fernen Himmels Morgenroth erreichte, da brannte der Hölle Pfuhl, da lag der alte Lindwurm mit allen Erdenübeln

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Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/225>, abgerufen am 21.11.2024.