Endlich pflegt man die Privilegien auch noch in affirmative und negative einzutheilen. Erstere werden diejenigen genennt, wodurch dem Privilegirten eine besondere Gerechtsame, z. B. Monopo- lium, Gerichtsbarkeit, ist verliehen worden. Letztere aber sind solche, wodurch eine Befreyung von gewissen Verbindlichkeiten (Steuerfreyheit), oder ein Aufschub in Ansehung derselben (Moratorium oder Anstandsbrief) bewirkt werden soll 26).
§. 103. Wer hat die Macht, Privilegien zu ertheilen?
Das Recht, Privilegien zu ertheilen, ist ein Stück der gesetzgebenden Gewalt. Es kann also eigentlich nur der Regent im Staat, welchem die gesetzgebende Gewalt zustehet, Privilegien verleihen 27). Sehen wir jedoch auf die heutige Verfassung unsers teutschen Reichs, so werden wir in Betref des Rechts Privilegien zu ertheilen, die in ganz Teutschland gelten sollen, etwas ausserordentliches gewahr, was sich mit jener Regel so wenig, als mit der Grundverfassung des teutschen Staats- körpers vereinbaren läßt. Denn wenn gleich vermöge derselben der Kaiser ohne Zuthun der Stände des Reichs sonst keine gesetzgebende Gewalt ausüben darf, so stehet
ihm
ventionali oneroso, wenn selbige in gar keinem Verhältniß mit den Vortheilen stehet, die sich der Privilegirte von dem Privilegium zu versprechen hatte. Siehe Sam.stryck Diss. de privilegiis titulo oneroso quaesitis. Halae 1704.
26) Hofr. Schnaubert in den Anfangsgr. des Territorial- Staatsrechts §. 262. S. 173. f.
27)Andr. Flor.rivini Diss. de principali beneficio in conce- dendis privilegiis. Vitemb. 1754.
A 5
de Conftitutionibus Principum.
Endlich pflegt man die Privilegien auch noch in affirmative und negative einzutheilen. Erſtere werden diejenigen genennt, wodurch dem Privilegirten eine beſondere Gerechtſame, z. B. Monopo- lium, Gerichtsbarkeit, iſt verliehen worden. Letztere aber ſind ſolche, wodurch eine Befreyung von gewiſſen Verbindlichkeiten (Steuerfreyheit), oder ein Aufſchub in Anſehung derſelben (Moratorium oder Anſtandsbrief) bewirkt werden ſoll 26).
§. 103. Wer hat die Macht, Privilegien zu ertheilen?
Das Recht, Privilegien zu ertheilen, iſt ein Stuͤck der geſetzgebenden Gewalt. Es kann alſo eigentlich nur der Regent im Staat, welchem die geſetzgebende Gewalt zuſtehet, Privilegien verleihen 27). Sehen wir jedoch auf die heutige Verfaſſung unſers teutſchen Reichs, ſo werden wir in Betref des Rechts Privilegien zu ertheilen, die in ganz Teutſchland gelten ſollen, etwas auſſerordentliches gewahr, was ſich mit jener Regel ſo wenig, als mit der Grundverfaſſung des teutſchen Staats- koͤrpers vereinbaren laͤßt. Denn wenn gleich vermoͤge derſelben der Kaiſer ohne Zuthun der Staͤnde des Reichs ſonſt keine geſetzgebende Gewalt ausuͤben darf, ſo ſtehet
ihm
ventionali oneroſo, wenn ſelbige in gar keinem Verhaͤltniß mit den Vortheilen ſtehet, die ſich der Privilegirte von dem Privilegium zu verſprechen hatte. Siehe Sam.stryck Diſſ. de privilegiis titulo oneroſo quaeſitis. Halae 1704.
26) Hofr. Schnaubert in den Anfangsgr. des Territorial- Staatsrechts §. 262. S. 173. f.
27)Andr. Flor.rivini Diſſ. de principali beneficio in conce- dendis privilegiis. Vitemb. 1754.
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[9/0023]
de Conftitutionibus Principum.
Endlich pflegt man die Privilegien auch noch in
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eine beſondere Gerechtſame, z. B. Monopo-
lium, Gerichtsbarkeit, iſt verliehen worden. Letztere aber
ſind ſolche, wodurch eine Befreyung von gewiſſen
Verbindlichkeiten (Steuerfreyheit), oder ein Aufſchub
in Anſehung derſelben (Moratorium oder Anſtandsbrief)
bewirkt werden ſoll 26).
§. 103.
Wer hat die Macht, Privilegien zu ertheilen?
Das Recht, Privilegien zu ertheilen, iſt ein Stuͤck
der geſetzgebenden Gewalt. Es kann alſo eigentlich nur
der Regent im Staat, welchem die geſetzgebende Gewalt
zuſtehet, Privilegien verleihen 27). Sehen wir jedoch
auf die heutige Verfaſſung unſers teutſchen Reichs, ſo
werden wir in Betref des Rechts Privilegien zu ertheilen,
die in ganz Teutſchland gelten ſollen, etwas
auſſerordentliches gewahr, was ſich mit jener Regel ſo
wenig, als mit der Grundverfaſſung des teutſchen Staats-
koͤrpers vereinbaren laͤßt. Denn wenn gleich vermoͤge
derſelben der Kaiſer ohne Zuthun der Staͤnde des Reichs
ſonſt keine geſetzgebende Gewalt ausuͤben darf, ſo ſtehet
ihm
25)
26) Hofr. Schnaubert in den Anfangsgr. des Territorial-
Staatsrechts §. 262. S. 173. f.
27) Andr. Flor. rivini Diſſ. de principali beneficio in conce-
dendis privilegiis. Vitemb. 1754.
25) ventionali oneroſo, wenn ſelbige in gar keinem Verhaͤltniß
mit den Vortheilen ſtehet, die ſich der Privilegirte von dem
Privilegium zu verſprechen hatte. Siehe Sam. stryck Diſſ.
de privilegiis titulo oneroſo quaeſitis. Halae 1704.
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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/23>, abgerufen am 01.03.2025.
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