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Glück, Christian Friedrich von: Verbesserungen und Zusätze zum ersten Bande des Glückischen Kommentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1798.

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wickelung dieser Lehre von den obligationibus, quae quasi ex con-
tractu oriuntur
kann ich mich hier noch nicht weiter einlassen,
sondern diese werde ich erst in dem Titel de pactis vortragen.
Zur Erläuterung mag einstweilen blos der Begriff von den Ver-
bindlichkeiten quasi ex contractu dienen, welchen niemand rich-
tiger als Herr Prof. Weber bestimmt hat, wenn er S. 28.
seines mehrgedachten klassischen Werkes sagt, es sind Ver-
bindlichkeiten, die aus Handlungen und Ver-
hältnissen entspringen, welche gewöhnlich und
der Regel nach einen Contract erfordern, in ge-
wissen von dem Gesetzgeber bestimmten Fällen
aber ohne Contract, ohne alles Versprechen und
Zusage eben die Wirkung haben, als ob der Con-
tract, mit dessen Gegenstande der Vorgang im
Ganzen eine Aehnlichkeit hat, wirklich geschlos-
sen worden wäre
. So z. B. erfordert die Verwaltung frem-
der Geschäfte der Regel nach einen Auftrag desjenigen, dessen
Geschäfte betrieben werden. Allein, wenn Jemand als Vor-
mund zu einer Zeit, da ich noch nicht contrahiren, noch keinen
Auftrag ertheilen konnte, mein Interesse wahrnimmt, wenn er,
da ich abwesend war, und Gefahr lief, an dem Meinigen Scha-
den zu leiden, sich meinen eigenen oder gemeinschaftlich mit ihm
habenden Angelegenheiten unterzieht, so wollen die Gesetze, daß
in allen diesen Fällen, wo die Partheyen wirklich in einem ähn-
lichen Verhältnisse, als Mandans und Mandatarius, oder als
eigentliche socii stehen, eine eben solche Rechtsverbindlichkeit
Statt finden soll, als ob ein wirklicher Auftrag ertheilt, oder
eine wirkliche Societät errichtet worden wäre. Daher werden
die nützliche Verwaltung fremder Geschäfte ohne Auftrag des
Principals, die Führung einer Vormundschaft und der Betrieb
gemeinschaftlicher Angelegenheiten ausser dem Societätscontract
als Quellen angesehen, woraus Verbindlichkeiten quasi ex con-
tractu
entstehen.

Wenn im Gegentheil Verbindlichkeiten aus unerlaubten
Handlungen entstehen, so läßt sich wieder eine zweyfache Art
solcher Handlungen gedenken. Sie sind nämlich entweder straf-

bare,

wickelung dieſer Lehre von den obligationibus, quae quaſi ex con-
tractu oriuntur
kann ich mich hier noch nicht weiter einlaſſen,
ſondern dieſe werde ich erſt in dem Titel de pactis vortragen.
Zur Erlaͤuterung mag einſtweilen blos der Begriff von den Ver-
bindlichkeiten quaſi ex contractu dienen, welchen niemand rich-
tiger als Herr Prof. Weber beſtimmt hat, wenn er S. 28.
ſeines mehrgedachten klaſſiſchen Werkes ſagt, es ſind Ver-
bindlichkeiten, die aus Handlungen und Ver-
haͤltniſſen entſpringen, welche gewoͤhnlich und
der Regel nach einen Contract erfordern, in ge-
wiſſen von dem Geſetzgeber beſtimmten Faͤllen
aber ohne Contract, ohne alles Verſprechen und
Zuſage eben die Wirkung haben, als ob der Con-
tract, mit deſſen Gegenſtande der Vorgang im
Ganzen eine Aehnlichkeit hat, wirklich geſchloſ-
ſen worden waͤre
. So z. B. erfordert die Verwaltung frem-
der Geſchaͤfte der Regel nach einen Auftrag desjenigen, deſſen
Geſchaͤfte betrieben werden. Allein, wenn Jemand als Vor-
mund zu einer Zeit, da ich noch nicht contrahiren, noch keinen
Auftrag ertheilen konnte, mein Intereſſe wahrnimmt, wenn er,
da ich abweſend war, und Gefahr lief, an dem Meinigen Scha-
den zu leiden, ſich meinen eigenen oder gemeinſchaftlich mit ihm
habenden Angelegenheiten unterzieht, ſo wollen die Geſetze, daß
in allen dieſen Faͤllen, wo die Partheyen wirklich in einem aͤhn-
lichen Verhaͤltniſſe, als Mandans und Mandatarius, oder als
eigentliche ſocii ſtehen, eine eben ſolche Rechtsverbindlichkeit
Statt finden ſoll, als ob ein wirklicher Auftrag ertheilt, oder
eine wirkliche Societaͤt errichtet worden waͤre. Daher werden
die nuͤtzliche Verwaltung fremder Geſchaͤfte ohne Auftrag des
Principals, die Fuͤhrung einer Vormundſchaft und der Betrieb
gemeinſchaftlicher Angelegenheiten auſſer dem Societaͤtscontract
als Quellen angeſehen, woraus Verbindlichkeiten quaſi ex con-
tractu
entſtehen.

Wenn im Gegentheil Verbindlichkeiten aus unerlaubten
Handlungen entſtehen, ſo laͤßt ſich wieder eine zweyfache Art
ſolcher Handlungen gedenken. Sie ſind naͤmlich entweder ſtraf-

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[12/0020] wickelung dieſer Lehre von den obligationibus, quae quaſi ex con- tractu oriuntur kann ich mich hier noch nicht weiter einlaſſen, ſondern dieſe werde ich erſt in dem Titel de pactis vortragen. Zur Erlaͤuterung mag einſtweilen blos der Begriff von den Ver- bindlichkeiten quaſi ex contractu dienen, welchen niemand rich- tiger als Herr Prof. Weber beſtimmt hat, wenn er S. 28. ſeines mehrgedachten klaſſiſchen Werkes ſagt, es ſind Ver- bindlichkeiten, die aus Handlungen und Ver- haͤltniſſen entſpringen, welche gewoͤhnlich und der Regel nach einen Contract erfordern, in ge- wiſſen von dem Geſetzgeber beſtimmten Faͤllen aber ohne Contract, ohne alles Verſprechen und Zuſage eben die Wirkung haben, als ob der Con- tract, mit deſſen Gegenſtande der Vorgang im Ganzen eine Aehnlichkeit hat, wirklich geſchloſ- ſen worden waͤre. So z. B. erfordert die Verwaltung frem- der Geſchaͤfte der Regel nach einen Auftrag desjenigen, deſſen Geſchaͤfte betrieben werden. Allein, wenn Jemand als Vor- mund zu einer Zeit, da ich noch nicht contrahiren, noch keinen Auftrag ertheilen konnte, mein Intereſſe wahrnimmt, wenn er, da ich abweſend war, und Gefahr lief, an dem Meinigen Scha- den zu leiden, ſich meinen eigenen oder gemeinſchaftlich mit ihm habenden Angelegenheiten unterzieht, ſo wollen die Geſetze, daß in allen dieſen Faͤllen, wo die Partheyen wirklich in einem aͤhn- lichen Verhaͤltniſſe, als Mandans und Mandatarius, oder als eigentliche ſocii ſtehen, eine eben ſolche Rechtsverbindlichkeit Statt finden ſoll, als ob ein wirklicher Auftrag ertheilt, oder eine wirkliche Societaͤt errichtet worden waͤre. Daher werden die nuͤtzliche Verwaltung fremder Geſchaͤfte ohne Auftrag des Principals, die Fuͤhrung einer Vormundſchaft und der Betrieb gemeinſchaftlicher Angelegenheiten auſſer dem Societaͤtscontract als Quellen angeſehen, woraus Verbindlichkeiten quaſi ex con- tractu entſtehen. Wenn im Gegentheil Verbindlichkeiten aus unerlaubten Handlungen entſtehen, ſo laͤßt ſich wieder eine zweyfache Art ſolcher Handlungen gedenken. Sie ſind naͤmlich entweder ſtraf- bare,

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Verbesserungen und Zusätze zum ersten Bande des Glückischen Kommentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1798, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01verbesserungen_1798/20>, abgerufen am 27.04.2024.