Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.1. Buch. 1. Tit. daß dadurch nur eine Einrede gegen den Kläger bewirktwerde 60). Wer wird es aber läugnen, daß diese Ein- rede das gerichtliche Zwangsmittel sey, den Kläger von der Klage abzuhalten? §. 4. Verschiedene Bedeutung des Worts Lex. Begrif vom Ge- Wir irren nicht, wenn wir den Grund aller Ver- Das Wort Gesetz hat freylich mehrere Bedeu- gegebe- 60) S. Weber a. a. O. §. 99. 61) von Tevenar Versuch über die Rechtsgelahr- heit S. 17. Allein man vergleiche Weber von der na- türlichen Verbindlichkeit 1. Abth. §. 2. S. 6. 62) seneca de benef. Lib. IV. c. 12. Legem dicimus
iusti iniustique regulam esse: und cicero de Nat. Deor. Lib. II. sagt: Lex est recti praeceptio pravique depulsio. 1. Buch. 1. Tit. daß dadurch nur eine Einrede gegen den Klaͤger bewirktwerde 60). Wer wird es aber laͤugnen, daß dieſe Ein- rede das gerichtliche Zwangsmittel ſey, den Klaͤger von der Klage abzuhalten? §. 4. Verſchiedene Bedeutung des Worts Lex. Begrif vom Ge- Wir irren nicht, wenn wir den Grund aller Ver- Das Wort Geſetz hat freylich mehrere Bedeu- gegebe- 60) S. Weber a. a. O. §. 99. 61) von Tevenar Verſuch uͤber die Rechtsgelahr- heit S. 17. Allein man vergleiche Weber von der na- tuͤrlichen Verbindlichkeit 1. Abth. §. 2. S. 6. 62) seneca de benef. Lib. IV. c. 12. Legem dicimus
iuſti iniuſtique regulam eſſe: und cicero de Nat. Deor. Lib. II. ſagt: Lex eſt recti praeceptio pravique depulſio. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0066" n="46"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">1. Buch. 1. Tit.</hi></fw><lb/> daß dadurch nur eine <hi rendition="#g">Einrede</hi> gegen den Klaͤger bewirkt<lb/> werde <note place="foot" n="60)">S. Weber a. a. O. §. 99.</note>. Wer wird es aber laͤugnen, daß dieſe Ein-<lb/> rede das gerichtliche Zwangsmittel ſey, den Klaͤger von<lb/> der Klage abzuhalten?</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 4.</head><lb/> <argument> <p>Verſchiedene Bedeutung des Worts <hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">Lex</hi></hi>. Begrif vom Ge-<lb/> ſetz; noͤthige Unterſcheidung des <hi rendition="#g">Dispoſitiven</hi> von dem<lb/><hi rendition="#g">Enunciativen</hi> in den Worten unſerer Geſetze. <hi rendition="#g">Voll-<lb/> kommenes</hi> und <hi rendition="#g">unvollkommenes</hi> Geſetz.</p> </argument><lb/> <p>Wir irren nicht, wenn wir den Grund aller Ver-<lb/> bindlichkeit auf Geſetze zuruͤckfuͤhren, und ſelbſt diejeni-<lb/> gen, welche dieſe Behauptung unrichtig finden wollen <note place="foot" n="61)">von Tevenar <hi rendition="#g">Verſuch uͤber die Rechtsgelahr-<lb/> heit</hi> S. 17. Allein man vergleiche Weber von der <hi rendition="#g">na-<lb/> tuͤrlichen Verbindlichkeit</hi> 1. Abth. §. 2. S. 6.</note>,<lb/> werden uns recht geben, wenn wir uns uͤber den Begrif,<lb/> den wir mit einem Geſetze verbinden, mit einander ge-<lb/> hoͤrig verſtaͤndiget haben.</p><lb/> <p>Das Wort <hi rendition="#g">Geſetz</hi> hat freylich mehrere Bedeu-<lb/> tungen. Hier nehmen wir es in der allgemeinen Be-<lb/> deutung, wenn wir das <hi rendition="#g">Geſetz</hi> als die Quelle aller<lb/> Obligation anſehen, und gedenken uns darunter uͤber-<lb/> haupt eine <hi rendition="#g">Vorſchrift, welche unſern morali-<lb/> ſchen Handlungen</hi>, das heißt ſolchen, die ſich auf<lb/> Freyheit gruͤnden, <hi rendition="#g">zur Norm dient</hi> <note place="foot" n="62)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">seneca</hi><hi rendition="#g">de benef</hi>. Lib. IV. c. 12. <hi rendition="#g">Legem</hi><hi rendition="#i">dicimus<lb/> iuſti iniuſtique regulam eſſe:</hi></hi> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">cicero</hi><hi rendition="#i">de Nat. Deor.</hi><lb/> Lib. II.</hi> ſagt: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Lex</hi><hi rendition="#i">eſt recti praeceptio pravique depulſio</hi>.</hi></note>; in welcher<lb/> Bedeutung es ſowohl <hi rendition="#g">natuͤrliches</hi> als <hi rendition="#g">poſitives<lb/> Recht</hi> in ſich ſchließt. Wir duͤrfen jedoch bey der an-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">gegebe-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [46/0066]
1. Buch. 1. Tit.
daß dadurch nur eine Einrede gegen den Klaͤger bewirkt
werde 60). Wer wird es aber laͤugnen, daß dieſe Ein-
rede das gerichtliche Zwangsmittel ſey, den Klaͤger von
der Klage abzuhalten?
§. 4.
Verſchiedene Bedeutung des Worts Lex. Begrif vom Ge-
ſetz; noͤthige Unterſcheidung des Dispoſitiven von dem
Enunciativen in den Worten unſerer Geſetze. Voll-
kommenes und unvollkommenes Geſetz.
Wir irren nicht, wenn wir den Grund aller Ver-
bindlichkeit auf Geſetze zuruͤckfuͤhren, und ſelbſt diejeni-
gen, welche dieſe Behauptung unrichtig finden wollen 61),
werden uns recht geben, wenn wir uns uͤber den Begrif,
den wir mit einem Geſetze verbinden, mit einander ge-
hoͤrig verſtaͤndiget haben.
Das Wort Geſetz hat freylich mehrere Bedeu-
tungen. Hier nehmen wir es in der allgemeinen Be-
deutung, wenn wir das Geſetz als die Quelle aller
Obligation anſehen, und gedenken uns darunter uͤber-
haupt eine Vorſchrift, welche unſern morali-
ſchen Handlungen, das heißt ſolchen, die ſich auf
Freyheit gruͤnden, zur Norm dient 62); in welcher
Bedeutung es ſowohl natuͤrliches als poſitives
Recht in ſich ſchließt. Wir duͤrfen jedoch bey der an-
gegebe-
60) S. Weber a. a. O. §. 99.
61) von Tevenar Verſuch uͤber die Rechtsgelahr-
heit S. 17. Allein man vergleiche Weber von der na-
tuͤrlichen Verbindlichkeit 1. Abth. §. 2. S. 6.
62) seneca de benef. Lib. IV. c. 12. Legem dicimus
iuſti iniuſtique regulam eſſe: und cicero de Nat. Deor.
Lib. II. ſagt: Lex eſt recti praeceptio pravique depulſio.
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