Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.1. Buch. 2. Tit. als den Schuzherrn der Römischen Kirche ansahe.Was Wunder also, wenn Kr. Friedrich II. in einer zu Maynz publicirten Reichs-Constitution 1235. die Beobachtung des geistlichen Rechts in allen Römischen Reich an geistlichen Dingen (d. i. Gerichten) dergestalt einschärfte, daß er sogar denienigen, welcher darwider wäre, für ungläubig gehalten wissen wollte 2)? Ich überge- he andere mehrere Gründe mit Stillschweigen, und be- ziehe mich der Kürze wegen auf die oben angeführte Abhandlung des Herrn geistlichen Raths enders §. XIV. Wenn nun gleich aus diesem allen soviel sich ergiebt, daß das vorzüglichere Ansehen, welches man dem Ca- nonischen Rechte vor dem Römischen beylegt, ursprüng- lich auf irrigen Meinungen des mittlern Alters beruhet, die hauptsächlich aus unrichtigen Vorstellungen von dem Verhältnis der geistlichen und weltlichen Gewalt ent- standen sind, so darf doch hierin heutiges Tages nichts geändert werden, da es bey der heutigen Gültigkeit der in Teutschland recipirten fremden Rechte eine ausge- machte Wahrheit ist 3), daß nicht immer mit der Ur- sache auch ihre Wirkung aufhöre, sondern auch Irrthü- mer von der gesezgebenden Gewalt, und dem Ansehen der Gerichtsstühle unterstüzt, ihre Folgen behalten können. §. 78. Ausnahmen von der Regel. Ob nun gleich das Canonische Recht aus den an- Vor- 2) Corp. Recess. Imp. Senckenberg P. I. S. 24. 3) S. Pütters Abhandlung: Wie die Rechtskraft der in
Teutschland üblichen fremden Gesezbücher zwar im Grunde auf irrigen Meinungen beruhe, aber doch noch fest beste- he: in Desselben-Beyträgen zum teutschen Staats- und Fürstenrechte. 2. Th. N. XXVI. S. 56. und folgg. 1. Buch. 2. Tit. als den Schuzherrn der Roͤmiſchen Kirche anſahe.Was Wunder alſo, wenn Kr. Friedrich II. in einer zu Maynz publicirten Reichs-Conſtitution 1235. die Beobachtung des geiſtlichen Rechts in allen Roͤmiſchen Reich an geiſtlichen Dingen (d. i. Gerichten) dergeſtalt einſchaͤrfte, daß er ſogar denienigen, welcher darwider waͤre, fuͤr unglaͤubig gehalten wiſſen wollte 2)? Ich uͤberge- he andere mehrere Gruͤnde mit Stillſchweigen, und be- ziehe mich der Kuͤrze wegen auf die oben angefuͤhrte Abhandlung des Herrn geiſtlichen Raths enders §. XIV. Wenn nun gleich aus dieſem allen ſoviel ſich ergiebt, daß das vorzuͤglichere Anſehen, welches man dem Ca- noniſchen Rechte vor dem Roͤmiſchen beylegt, urſpruͤng- lich auf irrigen Meinungen des mittlern Alters beruhet, die hauptſaͤchlich aus unrichtigen Vorſtellungen von dem Verhaͤltnis der geiſtlichen und weltlichen Gewalt ent- ſtanden ſind, ſo darf doch hierin heutiges Tages nichts geaͤndert werden, da es bey der heutigen Guͤltigkeit der in Teutſchland recipirten fremden Rechte eine ausge- machte Wahrheit iſt 3), daß nicht immer mit der Ur- ſache auch ihre Wirkung aufhoͤre, ſondern auch Irrthuͤ- mer von der geſezgebenden Gewalt, und dem Anſehen der Gerichtsſtuͤhle unterſtuͤzt, ihre Folgen behalten koͤnnen. §. 78. Ausnahmen von der Regel. Ob nun gleich das Canoniſche Recht aus den an- Vor- 2) Corp. Receſſ. Imp. Senckenberg P. I. S. 24. 3) S. Puͤtters Abhandlung: Wie die Rechtskraft der in
Teutſchland uͤblichen fremden Geſezbuͤcher zwar im Grunde auf irrigen Meinungen beruhe, aber doch noch feſt beſte- he: in Deſſelben-Beytraͤgen zum teutſchen Staats- und Fuͤrſtenrechte. 2. Th. N. XXVI. S. 56. und folgg. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0418" n="398"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">1. Buch. 2. Tit.</hi></fw><lb/> als den Schuzherrn der Roͤmiſchen Kirche anſahe.<lb/> Was Wunder alſo, wenn Kr. <hi rendition="#fr">Friedrich</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi> in einer<lb/> zu Maynz publicirten Reichs-Conſtitution 1235. die<lb/> Beobachtung des geiſtlichen Rechts in allen Roͤmiſchen<lb/> Reich an geiſtlichen Dingen (d. i. Gerichten) dergeſtalt<lb/> einſchaͤrfte, daß er ſogar denienigen, welcher darwider<lb/> waͤre, fuͤr unglaͤubig gehalten wiſſen wollte <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Corp. Receſſ. Imp. <hi rendition="#i">Senckenberg</hi> P. I.</hi> S. 24.</note>? Ich uͤberge-<lb/> he andere mehrere Gruͤnde mit Stillſchweigen, und be-<lb/> ziehe mich der Kuͤrze wegen auf die oben angefuͤhrte<lb/> Abhandlung des Herrn geiſtlichen Raths <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">enders</hi> §. XIV.</hi><lb/> Wenn nun gleich aus dieſem allen ſoviel ſich ergiebt,<lb/> daß das vorzuͤglichere Anſehen, welches man dem Ca-<lb/> noniſchen Rechte vor dem Roͤmiſchen beylegt, urſpruͤng-<lb/> lich auf irrigen Meinungen des mittlern Alters beruhet,<lb/> die hauptſaͤchlich aus unrichtigen Vorſtellungen von dem<lb/> Verhaͤltnis der geiſtlichen und weltlichen Gewalt ent-<lb/> ſtanden ſind, ſo darf doch hierin heutiges Tages nichts<lb/> geaͤndert werden, da es bey der heutigen Guͤltigkeit der<lb/> in Teutſchland recipirten fremden Rechte eine ausge-<lb/> machte Wahrheit iſt <note place="foot" n="3)">S. <hi rendition="#fr">Puͤtters</hi> Abhandlung: Wie die Rechtskraft der in<lb/> Teutſchland uͤblichen fremden Geſezbuͤcher zwar im Grunde<lb/> auf irrigen Meinungen beruhe, aber doch noch feſt beſte-<lb/> he: in <hi rendition="#fr">Deſſelben-Beytraͤgen zum teutſchen Staats-</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">Fuͤrſtenrechte</hi>. 2. Th. <hi rendition="#aq">N. XXVI.</hi> S. 56. und folgg.</note>, daß nicht immer mit der Ur-<lb/> ſache auch ihre Wirkung aufhoͤre, ſondern auch Irrthuͤ-<lb/> mer von der geſezgebenden Gewalt, und dem Anſehen<lb/> der Gerichtsſtuͤhle unterſtuͤzt, ihre Folgen behalten koͤnnen.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head>§. 78.<lb/> Ausnahmen von der Regel.</head><lb/> <p>Ob nun gleich das Canoniſche Recht aus den an-<lb/> gefuͤhrten Gruͤnden noch bis auf den heutigen Tag den<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Vor-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [398/0418]
1. Buch. 2. Tit.
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Was Wunder alſo, wenn Kr. Friedrich II. in einer
zu Maynz publicirten Reichs-Conſtitution 1235. die
Beobachtung des geiſtlichen Rechts in allen Roͤmiſchen
Reich an geiſtlichen Dingen (d. i. Gerichten) dergeſtalt
einſchaͤrfte, daß er ſogar denienigen, welcher darwider
waͤre, fuͤr unglaͤubig gehalten wiſſen wollte 2)? Ich uͤberge-
he andere mehrere Gruͤnde mit Stillſchweigen, und be-
ziehe mich der Kuͤrze wegen auf die oben angefuͤhrte
Abhandlung des Herrn geiſtlichen Raths enders §. XIV.
Wenn nun gleich aus dieſem allen ſoviel ſich ergiebt,
daß das vorzuͤglichere Anſehen, welches man dem Ca-
noniſchen Rechte vor dem Roͤmiſchen beylegt, urſpruͤng-
lich auf irrigen Meinungen des mittlern Alters beruhet,
die hauptſaͤchlich aus unrichtigen Vorſtellungen von dem
Verhaͤltnis der geiſtlichen und weltlichen Gewalt ent-
ſtanden ſind, ſo darf doch hierin heutiges Tages nichts
geaͤndert werden, da es bey der heutigen Guͤltigkeit der
in Teutſchland recipirten fremden Rechte eine ausge-
machte Wahrheit iſt 3), daß nicht immer mit der Ur-
ſache auch ihre Wirkung aufhoͤre, ſondern auch Irrthuͤ-
mer von der geſezgebenden Gewalt, und dem Anſehen
der Gerichtsſtuͤhle unterſtuͤzt, ihre Folgen behalten koͤnnen.
§. 78.
Ausnahmen von der Regel.
Ob nun gleich das Canoniſche Recht aus den an-
gefuͤhrten Gruͤnden noch bis auf den heutigen Tag den
Vor-
2) Corp. Receſſ. Imp. Senckenberg P. I. S. 24.
3) S. Puͤtters Abhandlung: Wie die Rechtskraft der in
Teutſchland uͤblichen fremden Geſezbuͤcher zwar im Grunde
auf irrigen Meinungen beruhe, aber doch noch feſt beſte-
he: in Deſſelben-Beytraͤgen zum teutſchen Staats- und
Fuͤrſtenrechte. 2. Th. N. XXVI. S. 56. und folgg.
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