rechtsgelehrsamkeit; oder Religion und Gottesdienst, Kirchenrechtsgelehrsamkeit; oder die Lehne und den daraus entstehenden Lehnsnexus, Lehnrechtsgelehr- samkeit; oder die Verwaltung und innere Regierungs- verfassung eines Staats, und dessen Verhältnis gegen Auswärtige, Staatsrechtsgelehrsamkeit; oder sie betreffen die Staats- und Regierungsverfassung nicht, sondern sind entweder solche Rechte und Verbindlich- keiten, welche freye Völker gegen einander zu beobach- ten haben, Völkerrecht; oder solche, welche unter Privatpersohnen und Unterthanen statt finden, Privat- rechtsgelehrsamkeit.
§. 40. und 41. Von Anwendung der Gesetze.
Genug von der Theorie des Rechts; wir schreiten nun zu dem zweiten Haupttheil der Rechtsgelehrsam- keit, welchen man die Praxis nennt. Diese bestehet a) in einer Fertigkeit, die Gesetze auf die vor- kommende Fälle anzuwenden (S. 199.). Was Anwendung der Gesetze sey, und dazu erfordert werde, wenn sie richtig geschehen soll, ist schon oben (§. 28.) gesagt worden. Hier bemerke ich nur noch folgendes:
1) Wer ein Gesez richtig anwenden will, muß zunächst auf diejenigen Eigenschaften und Bestimmungen Acht haben, welche das Gesez erfordert; muß
2) genau prüfen, ob bey dem gegenwärtigen Rechts- falle diese gesezlichen Bestimmungen vorhanden sind; und daher
3) sich bemühen, eine richtige und vollständige Kenntniß von der vorgegangenen Handlung und den Umständen
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de Iuſtitia et Iure
rechtsgelehrſamkeit; oder Religion und Gottesdienſt, Kirchenrechtsgelehrſamkeit; oder die Lehne und den daraus entſtehenden Lehnsnexus, Lehnrechtsgelehr- ſamkeit; oder die Verwaltung und innere Regierungs- verfaſſung eines Staats, und deſſen Verhaͤltnis gegen Auswaͤrtige, Staatsrechtsgelehrſamkeit; oder ſie betreffen die Staats- und Regierungsverfaſſung nicht, ſondern ſind entweder ſolche Rechte und Verbindlich- keiten, welche freye Voͤlker gegen einander zu beobach- ten haben, Voͤlkerrecht; oder ſolche, welche unter Privatperſohnen und Unterthanen ſtatt finden, Privat- rechtsgelehrſamkeit.
§. 40. und 41. Von Anwendung der Geſetze.
Genug von der Theorie des Rechts; wir ſchreiten nun zu dem zweiten Haupttheil der Rechtsgelehrſam- keit, welchen man die Praxis nennt. Dieſe beſtehet a) in einer Fertigkeit, die Geſetze auf die vor- kommende Faͤlle anzuwenden (S. 199.). Was Anwendung der Geſetze ſey, und dazu erfordert werde, wenn ſie richtig geſchehen ſoll, iſt ſchon oben (§. 28.) geſagt worden. Hier bemerke ich nur noch folgendes:
1) Wer ein Geſez richtig anwenden will, muß zunaͤchſt auf diejenigen Eigenſchaften und Beſtimmungen Acht haben, welche das Geſez erfordert; muß
2) genau pruͤfen, ob bey dem gegenwaͤrtigen Rechts- falle dieſe geſezlichen Beſtimmungen vorhanden ſind; und daher
3) ſich bemuͤhen, eine richtige und vollſtaͤndige Kenntniß von der vorgegangenen Handlung und den Umſtaͤnden
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de Iuſtitia et Iure
rechtsgelehrſamkeit; oder Religion und Gottesdienſt,
Kirchenrechtsgelehrſamkeit; oder die Lehne und den
daraus entſtehenden Lehnsnexus, Lehnrechtsgelehr-
ſamkeit; oder die Verwaltung und innere Regierungs-
verfaſſung eines Staats, und deſſen Verhaͤltnis gegen
Auswaͤrtige, Staatsrechtsgelehrſamkeit; oder ſie
betreffen die Staats- und Regierungsverfaſſung nicht,
ſondern ſind entweder ſolche Rechte und Verbindlich-
keiten, welche freye Voͤlker gegen einander zu beobach-
ten haben, Voͤlkerrecht; oder ſolche, welche unter
Privatperſohnen und Unterthanen ſtatt finden, Privat-
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§. 40. und 41.
Von Anwendung der Geſetze.
Genug von der Theorie des Rechts; wir ſchreiten
nun zu dem zweiten Haupttheil der Rechtsgelehrſam-
keit, welchen man die Praxis nennt. Dieſe beſtehet
a) in einer Fertigkeit, die Geſetze auf die vor-
kommende Faͤlle anzuwenden (S. 199.). Was
Anwendung der Geſetze ſey, und dazu erfordert
werde, wenn ſie richtig geſchehen ſoll, iſt ſchon oben
(§. 28.) geſagt worden. Hier bemerke ich nur noch
folgendes:
1) Wer ein Geſez richtig anwenden will, muß zunaͤchſt
auf diejenigen Eigenſchaften und Beſtimmungen Acht
haben, welche das Geſez erfordert; muß
2) genau pruͤfen, ob bey dem gegenwaͤrtigen Rechts-
falle dieſe geſezlichen Beſtimmungen vorhanden ſind;
und daher
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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/283>, abgerufen am 02.03.2025.
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