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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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1. Buch. 1. Tit.
§. 26.
Wirkungen und Verhältnis der natürlichen Verbindlichkeit
in foro civili. Begrif der natürlichen Verbindlichkeit im
strengsten Verstande des Civilrechts. Was ist
Billigkeit?

Man pflegt gewöhnlich die blos natürliche Ver-
bindlichkeiten, um deren Verhältniß und Wirkungen
in bürgerlichen Gerichten bestimmen zu können, auf zwey
Hauptelassen zu reduciren, indem man sie in solche ein-
theilt, welche durch die bürgerlichen Gesetze gänzlich auf-
gehoben und verworfen, -- und solche, die zwar nicht
bestättiget, aber doch auch nicht ganz aufgehoben und
vernichtet sind. Erstere nennt man: obligationes natu-
rales plane destructas
sive reprobatas,
leztere hinge-
gen obligationes naturales haud reprobatas. Jene,
sagt man, haben in Gerichten schlechterdings gar keinen
Effect, so daß auch die etwa geschehene Erfüllung der-
selben sogar zurückgefordert werden könne. Leztere hin-
gegen wären in Ansehung der gerichtlichen Wirkung nur
eingeschränkt, und zwar dahin, daß wegen solcher Ver-
bindlichkeiten nur keine Klage erhoben werden könne,
sonst aber doch alle andere Wirkungen statt fänden.
Man könne eine Einrede gegen die etwa nach dem stren-
gen Recht dem Gläubiger zustehende Klage daraus her-
nehmen, das Innebehaltungsrecht ausüben, die Kom-
pensation vorschützen, es habe ferner in Ansehung sol-
cher Verbindlichkeiten ein Constitutum, eine Novation,
ein Pfandrecht und Bürgschaft statt 82). Man fügt
weiter hinzu, der unterscheidende Character, woran man
erkenne, ob nicht bestättigte natürliche Verbindlichkeiten

in
82) L. 7. §. 4. D. de pact. L. 6. D. de compensat. L. 1.
§. 7. D. de constit. pec. L. 1. §. 1. D. de novat. L. 5.

u. 14. D. de pignor. §. 1. I. de fideiussor.
1. Buch. 1. Tit.
§. 26.
Wirkungen und Verhaͤltnis der natuͤrlichen Verbindlichkeit
in foro civili. Begrif der natuͤrlichen Verbindlichkeit im
ſtrengſten Verſtande des Civilrechts. Was iſt
Billigkeit?

Man pflegt gewoͤhnlich die blos natuͤrliche Ver-
bindlichkeiten, um deren Verhaͤltniß und Wirkungen
in buͤrgerlichen Gerichten beſtimmen zu koͤnnen, auf zwey
Hauptelaſſen zu reduciren, indem man ſie in ſolche ein-
theilt, welche durch die buͤrgerlichen Geſetze gaͤnzlich auf-
gehoben und verworfen, — und ſolche, die zwar nicht
beſtaͤttiget, aber doch auch nicht ganz aufgehoben und
vernichtet ſind. Erſtere nennt man: obligationes natu-
rales plane deſtructas
ſive reprobatas,
leztere hinge-
gen obligationes naturales haud reprobatas. Jene,
ſagt man, haben in Gerichten ſchlechterdings gar keinen
Effect, ſo daß auch die etwa geſchehene Erfuͤllung der-
ſelben ſogar zuruͤckgefordert werden koͤnne. Leztere hin-
gegen waͤren in Anſehung der gerichtlichen Wirkung nur
eingeſchraͤnkt, und zwar dahin, daß wegen ſolcher Ver-
bindlichkeiten nur keine Klage erhoben werden koͤnne,
ſonſt aber doch alle andere Wirkungen ſtatt faͤnden.
Man koͤnne eine Einrede gegen die etwa nach dem ſtren-
gen Recht dem Glaͤubiger zuſtehende Klage daraus her-
nehmen, das Innebehaltungsrecht ausuͤben, die Kom-
penſation vorſchuͤtzen, es habe ferner in Anſehung ſol-
cher Verbindlichkeiten ein Conſtitutum, eine Novation,
ein Pfandrecht und Buͤrgſchaft ſtatt 82). Man fuͤgt
weiter hinzu, der unterſcheidende Character, woran man
erkenne, ob nicht beſtaͤttigte natuͤrliche Verbindlichkeiten

in
82) L. 7. §. 4. D. de pact. L. 6. D. de compenſat. L. 1.
§. 7. D. de conſtit. pec. L. 1. §. 1. D. de novat. L. 5.

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[166/0186] 1. Buch. 1. Tit. §. 26. Wirkungen und Verhaͤltnis der natuͤrlichen Verbindlichkeit in foro civili. Begrif der natuͤrlichen Verbindlichkeit im ſtrengſten Verſtande des Civilrechts. Was iſt Billigkeit? Man pflegt gewoͤhnlich die blos natuͤrliche Ver- bindlichkeiten, um deren Verhaͤltniß und Wirkungen in buͤrgerlichen Gerichten beſtimmen zu koͤnnen, auf zwey Hauptelaſſen zu reduciren, indem man ſie in ſolche ein- theilt, welche durch die buͤrgerlichen Geſetze gaͤnzlich auf- gehoben und verworfen, — und ſolche, die zwar nicht beſtaͤttiget, aber doch auch nicht ganz aufgehoben und vernichtet ſind. Erſtere nennt man: obligationes natu- rales plane deſtructas ſive reprobatas, leztere hinge- gen obligationes naturales haud reprobatas. Jene, ſagt man, haben in Gerichten ſchlechterdings gar keinen Effect, ſo daß auch die etwa geſchehene Erfuͤllung der- ſelben ſogar zuruͤckgefordert werden koͤnne. Leztere hin- gegen waͤren in Anſehung der gerichtlichen Wirkung nur eingeſchraͤnkt, und zwar dahin, daß wegen ſolcher Ver- bindlichkeiten nur keine Klage erhoben werden koͤnne, ſonſt aber doch alle andere Wirkungen ſtatt faͤnden. Man koͤnne eine Einrede gegen die etwa nach dem ſtren- gen Recht dem Glaͤubiger zuſtehende Klage daraus her- nehmen, das Innebehaltungsrecht ausuͤben, die Kom- penſation vorſchuͤtzen, es habe ferner in Anſehung ſol- cher Verbindlichkeiten ein Conſtitutum, eine Novation, ein Pfandrecht und Buͤrgſchaft ſtatt 82). Man fuͤgt weiter hinzu, der unterſcheidende Character, woran man erkenne, ob nicht beſtaͤttigte natuͤrliche Verbindlichkeiten in 82) L. 7. §. 4. D. de pact. L. 6. D. de compenſat. L. 1. §. 7. D. de conſtit. pec. L. 1. §. 1. D. de novat. L. 5. u. 14. D. de pignor. §. 1. I. de fideiuſſor.

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/186>, abgerufen am 21.11.2024.