Gleim, Johann Wilhelm Ludwig: Versuch in Scherzhaften Liedern. Bd. 2. Berlin, 1745.Der Sammler. An Doris. In den Wäldern, voller Linden, Sammlen Bienen Wachs und Honig; Auf den Fluren, voll Getreide, Sammlen Hamster Weitzenkörner, Und die Ameis in dem Garten, Sammlet Nahrung für den Winter. Wißt ihr wol, was ich mir sammle? Meint ihr etwa goldne Münzen? Mir vom Pabst und seines gleichen Einen Himmel zu erhandeln. Oder meint ihr Silberlinge? Mir beim Richter Recht zu schaffen; Nein, dis hat Nikandor nöthig, Nein, ich sammle mir nur Küsse. Gold zu sammlen macht nur Mühe, Küsse kann ich leichter sammlen. Neulich hab ich erst in Sachsen, Zwanzig tausend eingesammlet. Der Sammler. An Doris. In den Wäldern, voller Linden, Sammlen Bienen Wachs und Honig; Auf den Fluren, voll Getreide, Sammlen Hamſter Weitzenkörner, Und die Ameis in dem Garten, Sammlet Nahrung für den Winter. Wißt ihr wol, was ich mir ſammle? Meint ihr etwa goldne Münzen? Mir vom Pabſt und ſeines gleichen Einen Himmel zu erhandeln. Oder meint ihr Silberlinge? Mir beim Richter Recht zu ſchaffen; Nein, dis hat Nikandor nöthig, Nein, ich ſammle mir nur Küſſe. Gold zu ſammlen macht nur Mühe, Küſſe kann ich leichter ſammlen. Neulich hab ich erſt in Sachſen, Zwanzig tauſend eingeſammlet. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0038" n="12"/> <div n="1"> <head><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Der Sammler.</hi></hi><lb/> An<lb/><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Doris.</hi></hi></head><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">I</hi>n den Wäldern, voller Linden,</l><lb/> <l>Sammlen Bienen Wachs und Honig;</l><lb/> <l>Auf den Fluren, voll Getreide,</l><lb/> <l>Sammlen Hamſter Weitzenkörner,</l><lb/> <l>Und die Ameis in dem Garten,</l><lb/> <l>Sammlet Nahrung für den Winter.</l><lb/> <l>Wißt ihr wol, was ich mir ſammle?</l><lb/> <l>Meint ihr etwa goldne Münzen?</l><lb/> <l>Mir vom Pabſt und ſeines gleichen</l><lb/> <l>Einen Himmel zu erhandeln.</l><lb/> <l>Oder meint ihr Silberlinge?</l><lb/> <l>Mir beim Richter Recht zu ſchaffen;</l><lb/> <l>Nein, dis hat Nikandor nöthig,</l><lb/> <l>Nein, ich ſammle mir nur Küſſe.</l><lb/> <l>Gold zu ſammlen macht nur Mühe,</l><lb/> <l>Küſſe kann ich leichter ſammlen.</l><lb/> <l>Neulich hab ich erſt in Sachſen,</l><lb/> <l>Zwanzig tauſend eingeſammlet.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [12/0038]
Der Sammler.
An
Doris.
In den Wäldern, voller Linden,
Sammlen Bienen Wachs und Honig;
Auf den Fluren, voll Getreide,
Sammlen Hamſter Weitzenkörner,
Und die Ameis in dem Garten,
Sammlet Nahrung für den Winter.
Wißt ihr wol, was ich mir ſammle?
Meint ihr etwa goldne Münzen?
Mir vom Pabſt und ſeines gleichen
Einen Himmel zu erhandeln.
Oder meint ihr Silberlinge?
Mir beim Richter Recht zu ſchaffen;
Nein, dis hat Nikandor nöthig,
Nein, ich ſammle mir nur Küſſe.
Gold zu ſammlen macht nur Mühe,
Küſſe kann ich leichter ſammlen.
Neulich hab ich erſt in Sachſen,
Zwanzig tauſend eingeſammlet.
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Zitationshilfe: | Gleim, Johann Wilhelm Ludwig: Versuch in Scherzhaften Liedern. Bd. 2. Berlin, 1745, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleim_versuch02_1745/38>, abgerufen am 22.02.2025. |