Gleim, Johann Wilhelm Ludwig: Versuch in Scherzhaften Liedern. Berlin, [1744].An die Sonne. Sonne! alle Menschenzungen Loben deine goldne Stralen. Bäche, wo sich Nimsen baden, Wo sie sich am Ufer troknen; Thäler, wo sich Hirt' und Heerde Deiner Glut entgegen lagert; Berge, wo von dir erwärmet Eiß und Schnee in Thäler rinnet; Klippen, wo an kalten Eichen Ziegen hangen, Gemsen klettern; Fluren, wo Narzissen blühen Wo dein Stral Violen wärmet, Danken dir für deine Stralen: Aber ich kann dir nicht danken; Denn du straltest gar zu helle, Als mich in der Sommerlaube Keine Mutter schen sollte. An die Sonne. Sonne! alle Menſchenzungen Loben deine goldne Stralen. Baͤche, wo ſich Nimſen baden, Wo ſie ſich am Ufer troknen; Thaͤler, wo ſich Hirt’ und Heerde Deiner Glut entgegen lagert; Berge, wo von dir erwaͤrmet Eiß und Schnee in Thaͤler rinnet; Klippen, wo an kalten Eichen Ziegen hangen, Gemſen klettern; Fluren, wo Narziſſen bluͤhen Wo dein Stral Violen waͤrmet, Danken dir fuͤr deine Stralen: Aber ich kann dir nicht danken; Denn du ſtralteſt gar zu helle, Als mich in der Sommerlaube Keine Mutter ſchen ſollte. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0070" n="58"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">An die Sonne.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">S</hi>onne! alle Menſchenzungen</l><lb/> <l>Loben deine goldne Stralen.</l><lb/> <l>Baͤche, wo ſich Nimſen baden,</l><lb/> <l>Wo ſie ſich am Ufer troknen;</l><lb/> <l>Thaͤler, wo ſich Hirt’ und Heerde</l><lb/> <l>Deiner Glut entgegen lagert;</l><lb/> <l>Berge, wo von dir erwaͤrmet</l><lb/> <l>Eiß und Schnee in Thaͤler rinnet;</l><lb/> <l>Klippen, wo an kalten Eichen</l><lb/> <l>Ziegen hangen, Gemſen klettern;</l><lb/> <l>Fluren, wo Narziſſen bluͤhen</l><lb/> <l>Wo dein Stral Violen waͤrmet,</l><lb/> <l>Danken dir fuͤr deine Stralen:</l><lb/> <l>Aber ich kann dir nicht danken;</l><lb/> <l>Denn du ſtralteſt gar zu helle,</l><lb/> <l>Als mich in der Sommerlaube</l><lb/> <l>Keine Mutter ſchen ſollte.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [58/0070]
An die Sonne.
Sonne! alle Menſchenzungen
Loben deine goldne Stralen.
Baͤche, wo ſich Nimſen baden,
Wo ſie ſich am Ufer troknen;
Thaͤler, wo ſich Hirt’ und Heerde
Deiner Glut entgegen lagert;
Berge, wo von dir erwaͤrmet
Eiß und Schnee in Thaͤler rinnet;
Klippen, wo an kalten Eichen
Ziegen hangen, Gemſen klettern;
Fluren, wo Narziſſen bluͤhen
Wo dein Stral Violen waͤrmet,
Danken dir fuͤr deine Stralen:
Aber ich kann dir nicht danken;
Denn du ſtralteſt gar zu helle,
Als mich in der Sommerlaube
Keine Mutter ſchen ſollte.
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