Warum die Arbeitsbienen keines Geschlechts, (nullius Sexus) sind? Darum, weil sie Arbeitsbie- nen sind, und sich sonst mit nichts beschäftigen dürfen noch können, wenn anders die Bienenrepublik be- stehen soll.
§. 3.
Die Königin begattet sich mit Thränen; kann aber auch ohne Begattung Eyer legen, wie die Hü- ner; diese Eyer aber sind, ohne vorhergegangener Begattung zu keiner tauglichen Zucht dienlich, son- dern bleiben als unreif liegen, oder bringen, wenn sie durch einen zugesetzten Futterbrey einer besondern Art von Bienen belebet werden, vielmals nichts als Mis- geburten hervor. Es giebt bey der Bienenzucht eine männliche Befruchtung ohne männliche Begattung, und diese zwey Sätze sind wohl von einander zu unter- scheiden. Im übrigen leiten uns die verschiedenen Gestalten der Bienen von aussen schon auf die verschie- denen Geschlechtsarten.
Die Einwendung, daß ein Ableger sich ohne Begattung besaame, ist so voreilig als ungegründet. Einige Versuche in dieser Kunst zeigen, daß auch Thränen mit zum Vorschein kommen, wenn auch gleich keine solche Brut von Thränen mit bloßen Au- gen zu unterscheiden ist, die dennoch oft in Arbeits- bienenzellen eingelegt vorzufinden sind, und darin- nen auch entweder ausgebrütet oder auch herausge- klaubet, und endlich in ordentliche Zellen übertragen werden. Dergleichen Thränenbrut konnte nicht von dem jungen Weisel eines Abgelegten herrühren, als der kaum vor vier bis sechs Tagen ausgelaufen war, und dennoch bereits große Thränenwürmer, ja Nim- phen hatte! Von diesen Thränen nun kann gar wohl
eine
§. 2.
Warum die Arbeitsbienen keines Geſchlechts, (nullius Sexus) ſind? Darum, weil ſie Arbeitsbie- nen ſind, und ſich ſonſt mit nichts beſchaͤftigen duͤrfen noch koͤnnen, wenn anders die Bienenrepublik be- ſtehen ſoll.
§. 3.
Die Koͤnigin begattet ſich mit Thraͤnen; kann aber auch ohne Begattung Eyer legen, wie die Huͤ- ner; dieſe Eyer aber ſind, ohne vorhergegangener Begattung zu keiner tauglichen Zucht dienlich, ſon- dern bleiben als unreif liegen, oder bringen, wenn ſie durch einen zugeſetzten Futterbrey einer beſondern Art von Bienen belebet werden, vielmals nichts als Mis- geburten hervor. Es giebt bey der Bienenzucht eine maͤnnliche Befruchtung ohne maͤnnliche Begattung, und dieſe zwey Saͤtze ſind wohl von einander zu unter- ſcheiden. Im uͤbrigen leiten uns die verſchiedenen Geſtalten der Bienen von auſſen ſchon auf die verſchie- denen Geſchlechtsarten.
Die Einwendung, daß ein Ableger ſich ohne Begattung beſaame, iſt ſo voreilig als ungegruͤndet. Einige Verſuche in dieſer Kunſt zeigen, daß auch Thraͤnen mit zum Vorſchein kommen, wenn auch gleich keine ſolche Brut von Thraͤnen mit bloßen Au- gen zu unterſcheiden iſt, die dennoch oft in Arbeits- bienenzellen eingelegt vorzufinden ſind, und darin- nen auch entweder ausgebruͤtet oder auch herausge- klaubet, und endlich in ordentliche Zellen uͤbertragen werden. Dergleichen Thraͤnenbrut konnte nicht von dem jungen Weiſel eines Abgelegten herruͤhren, als der kaum vor vier bis ſechs Tagen ausgelaufen war, und dennoch bereits große Thraͤnenwuͤrmer, ja Nim- phen hatte! Von dieſen Thraͤnen nun kann gar wohl
eine
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§. 2.
Warum die Arbeitsbienen keines Geſchlechts,
(nullius Sexus) ſind? Darum, weil ſie Arbeitsbie-
nen ſind, und ſich ſonſt mit nichts beſchaͤftigen duͤrfen
noch koͤnnen, wenn anders die Bienenrepublik be-
ſtehen ſoll.
§. 3.
Die Koͤnigin begattet ſich mit Thraͤnen; kann
aber auch ohne Begattung Eyer legen, wie die Huͤ-
ner; dieſe Eyer aber ſind, ohne vorhergegangener
Begattung zu keiner tauglichen Zucht dienlich, ſon-
dern bleiben als unreif liegen, oder bringen, wenn ſie
durch einen zugeſetzten Futterbrey einer beſondern Art
von Bienen belebet werden, vielmals nichts als Mis-
geburten hervor. Es giebt bey der Bienenzucht eine
maͤnnliche Befruchtung ohne maͤnnliche Begattung,
und dieſe zwey Saͤtze ſind wohl von einander zu unter-
ſcheiden. Im uͤbrigen leiten uns die verſchiedenen
Geſtalten der Bienen von auſſen ſchon auf die verſchie-
denen Geſchlechtsarten.
Die Einwendung, daß ein Ableger ſich ohne
Begattung beſaame, iſt ſo voreilig als ungegruͤndet.
Einige Verſuche in dieſer Kunſt zeigen, daß auch
Thraͤnen mit zum Vorſchein kommen, wenn auch
gleich keine ſolche Brut von Thraͤnen mit bloßen Au-
gen zu unterſcheiden iſt, die dennoch oft in Arbeits-
bienenzellen eingelegt vorzufinden ſind, und darin-
nen auch entweder ausgebruͤtet oder auch herausge-
klaubet, und endlich in ordentliche Zellen uͤbertragen
werden. Dergleichen Thraͤnenbrut konnte nicht von
dem jungen Weiſel eines Abgelegten herruͤhren, als
der kaum vor vier bis ſechs Tagen ausgelaufen war,
und dennoch bereits große Thraͤnenwuͤrmer, ja Nim-
phen hatte! Von dieſen Thraͤnen nun kann gar wohl
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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 3. Berlin, 1789, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen03_1789/66>, abgerufen am 16.07.2024.
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