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Glaßbrenner, Adolf: Der Weihnachtsmarkt. Aus: Berliner Volksleben. Band 1, S. 233–272. Leipzig, 1847.

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wenn man mit'n Kopp zuerst in den Wagen 'rein will, jeht es nicht! Jeben Sie uns erst einen bessern Tritt, denn werden wir Ihnen ooch nich aufhalten!
Aus einer Bude. Was suchen Sie, bester Herr? Beste Madam, kaufen Sie mir was ab!
Geschrei. Walddeibelverkoof! Hallohverkoof! Einen Sechser das Stück!
Mad. Müller. Na, Frau Nachbarin, wollen Sie schon Feierabend machen?
Mad. Schneppe (vor ihrer Bude). Ja, ich packe zusammen; bei den Schnee verdirbt einen ja man de Waare, un jekauft wird nichts mehr. Ne, des hört auch heute nich mehr auf zu schneen. Sehen Se doch man blos den Mond an, Madam Müllern, was der in die Schneewolken vor'n müdes Jesicht macht; der sieht jrade wie 'ne Nachtlampe jegen sieben Uhr Morgens aus.
Mad. Müller. Ich kann ihn ja nich sehen hier in de Bude. Sie Jlückliche können nu zu Hause jehen un sich an'n warmen Ofen setzen, während unsereens nu hier noch bis Elwe zubringen muß in die naße Kälte. Sehen Se, Madam Schneppen, des is des Unanjenehme bei die Pfefferkuchens, deß man immer der Letzte sind muß. Ja un früher lohnte sich's doch noch, aber anjetzt, ach du lieber Himmel! Ich sage Ihnen, Madam Schneppen, wenn ich vor zwanzig Jahren zu Hause kam un meine Tasche uf'n Disch ausschütten dhat, da war was drinn, un in meinen Mann seine ooch, aber jetzt! (seufzend) Wahrhaft'jen Jott, es is traurig, wie in Berlin des Handeln un des Jewerbe runterjekommen is! Ich weeß ooch nich, warum man noch immer
wenn man mit’n Kopp zuerst in den Wagen ’rein will, jeht es nicht! Jeben Sie uns erst einen bessern Tritt, denn werden wir Ihnen ooch nich aufhalten!
Aus einer Bude. Was suchen Sie, bester Herr? Beste Madam, kaufen Sie mir was ab!
Geschrei. Walddeibelverkoof! Hallohverkoof! Einen Sechser das Stück!
Mad. Müller. Na, Frau Nachbarin, wollen Sie schon Feierabend machen?
Mad. Schneppe (vor ihrer Bude). Ja, ich packe zusammen; bei den Schnee verdirbt einen ja man de Waare, un jekauft wird nichts mehr. Ne, des hört auch heute nich mehr auf zu schneen. Sehen Se doch man blos den Mond an, Madam Müllern, was der in die Schneewolken vor’n müdes Jesicht macht; der sieht jrade wie ’ne Nachtlampe jegen sieben Uhr Morgens aus.
Mad. Müller. Ich kann ihn ja nich sehen hier in de Bude. Sie Jlückliche können nu zu Hause jehen un sich an’n warmen Ofen setzen, während unsereens nu hier noch bis Elwe zubringen muß in die naße Kälte. Sehen Se, Madam Schneppen, des is des Unanjenehme bei die Pfefferkuchens, deß man immer der Letzte sind muß. Ja un früher lohnte sich’s doch noch, aber anjetzt, ach du lieber Himmel! Ich sage Ihnen, Madam Schneppen, wenn ich vor zwanzig Jahren zu Hause kam un meine Tasche uf’n Disch ausschütten dhat, da war was drinn, un in meinen Mann seine ooch, aber jetzt! (seufzend) Wahrhaft’jen Jott, es is traurig, wie in Berlin des Handeln un des Jewerbe runterjekommen is! Ich weeß ooch nich, warum man noch immer
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[267/0037] wenn man mit’n Kopp zuerst in den Wagen ’rein will, jeht es nicht! Jeben Sie uns erst einen bessern Tritt, denn werden wir Ihnen ooch nich aufhalten! Aus einer Bude. Was suchen Sie, bester Herr? Beste Madam, kaufen Sie mir was ab! Geschrei. Walddeibelverkoof! Hallohverkoof! Einen Sechser das Stück! Mad. Müller. Na, Frau Nachbarin, wollen Sie schon Feierabend machen? Mad. Schneppe (vor ihrer Bude). Ja, ich packe zusammen; bei den Schnee verdirbt einen ja man de Waare, un jekauft wird nichts mehr. Ne, des hört auch heute nich mehr auf zu schneen. Sehen Se doch man blos den Mond an, Madam Müllern, was der in die Schneewolken vor’n müdes Jesicht macht; der sieht jrade wie ’ne Nachtlampe jegen sieben Uhr Morgens aus. Mad. Müller. Ich kann ihn ja nich sehen hier in de Bude. Sie Jlückliche können nu zu Hause jehen un sich an’n warmen Ofen setzen, während unsereens nu hier noch bis Elwe zubringen muß in die naße Kälte. Sehen Se, Madam Schneppen, des is des Unanjenehme bei die Pfefferkuchens, deß man immer der Letzte sind muß. Ja un früher lohnte sich’s doch noch, aber anjetzt, ach du lieber Himmel! Ich sage Ihnen, Madam Schneppen, wenn ich vor zwanzig Jahren zu Hause kam un meine Tasche uf’n Disch ausschütten dhat, da war was drinn, un in meinen Mann seine ooch, aber jetzt! (seufzend) Wahrhaft’jen Jott, es is traurig, wie in Berlin des Handeln un des Jewerbe runterjekommen is! Ich weeß ooch nich, warum man noch immer

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Zitationshilfe: Glaßbrenner, Adolf: Der Weihnachtsmarkt. Aus: Berliner Volksleben. Band 1, S. 233–272. Leipzig, 1847, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glassbrenner_weihnachtsmarkt_1847/37>, abgerufen am 26.04.2024.