Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].332 Nummer 65RückReise von Neapolis nach Rom. Den 4 Mart: Nachdem wir die 3 verwichene Tage durch unsre Banquiers wegen 332 Nummer 65RückReise von Neapolis nach Rom. Den 4 Mart: Nachdem wir die 3 verwichene Tage durch unsre Banquiers wegen <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <pb facs="#f0678"/> <fw type="folNum" place="top">332</fw><lb/> <metamark><choice><abbr>N<hi rendition="#sup"><hi rendition="#u">o</hi></hi></abbr><expan>Nummer</expan></choice> 65</metamark><lb/> <div type="diaryEntry"> <head rendition="#c"> RückReise von Neapolis nach Rom.<lb/> Den 4 Mart:</head><lb/> <p> Nachdem wir die 3 verwichene Tage durch unsre Banquiers wegen<lb/> unsers Paßes zur Retour nach Rom und der permission zu Post<lb/> Pferden ohnabläßig negotiiren laßen, als welche Expeditiones des-<lb/> wegen so schwer hergehen,: weil der Staats-Secretarius Duca di Salas<lb/> Marchese Montalegre solche selbst unterschreiben muß; so erhielten<lb/> wir endlich früh um 8 Uhr beydes, und traten die Rückreise nach<lb/> Rom um 9 Uhr in Gottes Nahmen an. Auf der ersten Post<lb/> Aversa nahmen wir eine kleine detour nach dem Flecken<lb/> S. Maria, welcher von denen Ruinen der <hi rendition="#u">alten</hi> hochberühmten<lb/><hi rendition="#u">Stadt Capua</hi> erbauet ist, wie denn auch um diesen Flecken<lb/> herum noch viele Uberbleibsel von solcher alten Stadt an Pallästen,<lb/> Tempeln und anderm Gemäuer zu sehen sind. Das vornehmste<lb/> darunter ist ein verfallenes <add place="superlinear">amphi</add> theatrum von den treflichsten qua-<lb/> der Stücken, an denen man deutl: wahrnehmen kan, daß sie ohne<lb/> Kalck, oder anders Ciment auf einander liegen, und bloß mit<lb/> eisernen Clammern an einander befestiget sind. Der eine<lb/> Schwibbogen von der untern Etage dieses amphitheatri, wo<lb/> v<subst><del rendition="#ow"><gap reason="illegible"/></del><add place="across">ielleicht</add></subst> der Haupt-Eingang gewesen, ist mit 2 in colosseischer<lb/> Größe ausgehauenen Weiber-Köpfen gezieret, welche vermuthlich<lb/> Heidnische Gottheiten vorstellen. Ein Stadt-Thor, durch welches bis-<lb/> dato noch der Weg hindurch gehet, ist gleichfals vorhanden, und<lb/> hat auf iedweder Seite des Durchgangs eine große Niche, in der<lb/> vermuthl. Statuen gestanden. Die ehemalige Pracht u. Herrlig-<lb/> keit dieser Stadt, welche sich Rom und Carthago gleich geschätzet, ist<lb/> also in eine Wüsteney verwandelt, der umliegende Boden aber<lb/> ist an Frucht und Wein so delicieux, daß man sich bisdato noch<lb/> wohl vorstellen kan, wie es zugegangen, daß die armée<lb/> des großen Hannibals durch Wollust hier verderbet worden.<lb/> D<hi rendition="#u">as ietzige Capua</hi>, welches ohngefähr ½ Stunde von hier entlegen,<lb/> ist ein kleiner Ort und die Fortification nicht wichtig, auch darinn<lb/> nichts merckwürdiges an zu treffen, als mancherley Inscriptiones<lb/> welche aus Alt-Capua hieher gebracht worden. Bis hieher ist<lb/> das Land flach und sehr wohl cultiviret, wird aber von hier<lb/> aus allmählig bergigt und buschigt. Diese erste Nacht blieben<lb/> wir auf dem Dorf S. Agata, woselbst, wie auch in folgenden<lb/> Nacht-Quartieren, die von Neapolis mitgenommene provision<lb/> uns wohl zu statten kam.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0678]
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No 65
RückReise von Neapolis nach Rom.
Den 4 Mart:
Nachdem wir die 3 verwichene Tage durch unsre Banquiers wegen
unsers Paßes zur Retour nach Rom und der permission zu Post
Pferden ohnabläßig negotiiren laßen, als welche Expeditiones des-
wegen so schwer hergehen,: weil der Staats-Secretarius Duca di Salas
Marchese Montalegre solche selbst unterschreiben muß; so erhielten
wir endlich früh um 8 Uhr beydes, und traten die Rückreise nach
Rom um 9 Uhr in Gottes Nahmen an. Auf der ersten Post
Aversa nahmen wir eine kleine detour nach dem Flecken
S. Maria, welcher von denen Ruinen der alten hochberühmten
Stadt Capua erbauet ist, wie denn auch um diesen Flecken
herum noch viele Uberbleibsel von solcher alten Stadt an Pallästen,
Tempeln und anderm Gemäuer zu sehen sind. Das vornehmste
darunter ist ein verfallenes amphi theatrum von den treflichsten qua-
der Stücken, an denen man deutl: wahrnehmen kan, daß sie ohne
Kalck, oder anders Ciment auf einander liegen, und bloß mit
eisernen Clammern an einander befestiget sind. Der eine
Schwibbogen von der untern Etage dieses amphitheatri, wo
vielleicht der Haupt-Eingang gewesen, ist mit 2 in colosseischer
Größe ausgehauenen Weiber-Köpfen gezieret, welche vermuthlich
Heidnische Gottheiten vorstellen. Ein Stadt-Thor, durch welches bis-
dato noch der Weg hindurch gehet, ist gleichfals vorhanden, und
hat auf iedweder Seite des Durchgangs eine große Niche, in der
vermuthl. Statuen gestanden. Die ehemalige Pracht u. Herrlig-
keit dieser Stadt, welche sich Rom und Carthago gleich geschätzet, ist
also in eine Wüsteney verwandelt, der umliegende Boden aber
ist an Frucht und Wein so delicieux, daß man sich bisdato noch
wohl vorstellen kan, wie es zugegangen, daß die armée
des großen Hannibals durch Wollust hier verderbet worden.
Das ietzige Capua, welches ohngefähr ½ Stunde von hier entlegen,
ist ein kleiner Ort und die Fortification nicht wichtig, auch darinn
nichts merckwürdiges an zu treffen, als mancherley Inscriptiones
welche aus Alt-Capua hieher gebracht worden. Bis hieher ist
das Land flach und sehr wohl cultiviret, wird aber von hier
aus allmählig bergigt und buschigt. Diese erste Nacht blieben
wir auf dem Dorf S. Agata, woselbst, wie auch in folgenden
Nacht-Quartieren, die von Neapolis mitgenommene provision
uns wohl zu statten kam.
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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