Früh hörten wir die Anzugs-Predigt des neuen Dähnischen Predigers, HerrnHasen- müllers, und hatte er zum Eingange die Worte: Thue das Werck eines Ewan- gelischen Predigers 2 Tim. 4 V 5. zum Text aber 2 Cor. 3, 4 5, 6. woraus er vorstellete: die Tüchtigkeit eines ewangelischen Lehrers, und zwar 1) wo- her sie nicht komme, und 2.) woher sie komme; da er denn bey der appli- cation auf seiner Seite viel guts versprach, und auf Seiten der Zuhörer sich viel guts ausbat. Nach der Kirche unterhielten wir uns mit dem Dähnischen Gesandten eine gute Weile in seinem apartement, und sahen daselbst das eben angekommene Portrait des Grafen von Larwig, welches einer von denen hiesigen guten Mahlern, MonsieurNattier vor 1500 Livres verfertiget hat. Nachmittags gaben wir dem Duc de Gevres Visite, woselbst auch Madame la Marechalle d'Etre und Madame la Marechalle de Montmorency, nebst andern Frembden, gegenwärtig waren, unter welchen letztern einer erzehlte, daß der Gouverneur von Nancy, Comte de Sequre, ihm erzehlet habe, welchergestalt der Frantzöl: Minister zu Wien, MonsieurMirepoix, die Abschrift eines Tractats eingeschicket, den der verstorbene Kayser, kurtz vor seinem Ende, mit dem Könige von Engelland und der Czaarin, wider Franckreich geschloßen. Bey welcher Bewandniß denn, wie der Referent davor hielt, die Frantzösischen Sentimens vor die Oesterreichische Succession sich auch wohl ändern dürften. Sonst fand sich auch ein junger Corsicaner ein, welchen der Marechalle de Montmorency ihr Sohn, in Corsica gefangen bekommen. Er muste sich auf des Duc de Geves Befehl vor gedachter Marechalle auf die Knie werffen, und ihre Pro- tection und Gnade sich ausbitten. Beym Abschied wurden wir auf morgen mittag zur Tafel eingeladen.
Den 21 November
Vormittags gab Monsieurde la Tournelle, Illustrissimo die Gegen-Visite, und that überaus guthertzig, nahm auch bis zum morgenden Widersehen in Versailles, Abschied. Mittags speisten wir bey dem Duc de Gevres, und waren die übrigen Gäste: deßen Bruder le Comte de Gevres, der ietzige Prevot des Marchands, Monsieurde Vastan, und ver- schiedene Officiers und Chevaliers de SaintLouis, der Capitain von des Ducs Guarde, und sonst noch etliche von seinen Cavaliers. Die Tafel war mit 16 Eßen, in 2 Gängen und einem Superben Desert, auch allerhand frembden Weinen, aufs beste Serviret. Der Haupt-Nutzen bey diesem allem war, daß Illustrissimus den neuen in Kupfer gestochenen Plan von Paris, welcher nicht verkauft, sondern nur an Personen von Distinction verschencket wird,
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Nummer 7
Den 20 November
Früh hörten wir die Anzugs-Predigt des neuen Dähnischen Predigers, HerrnHasen- müllers, und hatte er zum Eingange die Worte: Thue das Werck eines Ewan- gelischen Predigers 2 Tim. 4 V 5. zum Text aber 2 Cor. 3, 4 5, 6. woraus er vorstellete: die Tüchtigkeit eines ewangelischen Lehrers, und zwar 1) wo- her sie nicht komme, und 2.) woher sie komme; da er denn bey der appli- cation auf seiner Seite viel guts versprach, und auf Seiten der Zuhörer sich viel guts ausbat. Nach der Kirche unterhielten wir uns mit dem Dähnischen Gesandten eine gute Weile in seinem apartement, und sahen daselbst das eben angekommene Portrait des Grafen von Larwig, welches einer von denen hiesigen guten Mahlern, MonsieurNattier vor 1500 Livres verfertiget hat. Nachmittags gaben wir dem Duc de Gêvres Visite, woselbst auch Madame la Marechalle d’Êtré und Madame la Marechalle de Montmorency, nebst andern Frembden, gegenwärtig waren, unter welchen letztern einer erzehlte, daß der Gouverneur von Nancy, Comte de Sequre, ihm erzehlet habe, welchergestalt der Frantzöl: Minister zu Wien, MonsieurMirepoix, die Abschrift eines Tractats eingeschicket, den der verstorbene Kayser, kurtz vor seinem Ende, mit dem Könige von Engelland und der Czaarin, wider Franckreich geschloßen. Bey welcher Bewandniß denn, wie der Referent davor hielt, die Frantzösischen Sentimens vor die Oesterreichische Succession sich auch wohl ändern dürften. Sonst fand sich auch ein junger Corsicaner ein, welchen der Marechalle de Montmorency ihr Sohn, in Corsica gefangen bekommen. Er muste sich auf des Duc de Gêves Befehl vor gedachter Marechalle auf die Knie werffen, und ihre Pro- tection und Gnade sich ausbitten. Beym Abschied wurden wir auf morgen mittag zur Tafel eingeladen.
Den 21 November
Vormittags gab Monsieurde la Tournelle, Illustrissimo die Gegen-Visite, und that überaus guthertzig, nahm auch bis zum morgenden Widersehen in Versailles, Abschied. Mittags speisten wir bey dem Duc de Gêvres, und waren die übrigen Gäste: deßen Bruder le Comte de Gêvres, der ietzige Prevôt des Marchands, Monsieurde Vastan, und ver- schiedene Officiers und Chevaliers de SaintLouis, der Capitain von des Ducs Guarde, und sonst noch etliche von seinen Cavaliers. Die Tafel war mit 16 Eßen, in 2 Gängen und einem Superben Desert, auch allerhand frembden Weinen, aufs beste Serviret. Der Haupt-Nutzen bey diesem allem war, daß Illustrissimus den neuen in Kupfer gestochenen Plan von Paris, welcher nicht verkauft, sondern nur an Personen von Distinction verschencket wird,
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No 7
Den 20 Novembr:
Früh hörten wir die Anzugs-Predigt des neuen Dähnischen Predigers, Hl. Hasen-
müllers, und hatte er zum Eingange die Worte: Thue das Werck eines Ewan-
gelischen Predigers 2 Tim. 4 V 5. zum Text aber 2 Cor. 3, 4 5, 6. woraus er
vorstellete: die Tüchtigkeit eines ewangelischen Lehrers, und zwar 1) wo-
her sie nicht komme, und 2.) woher sie komme; da er denn bey der appli-
cation auf seiner Seite viel guts versprach, und auf Seiten der Zuhörer
sich viel guts ausbat. Nach der Kirche unterhielten wir uns mit
dem Dähnischen Gesandten eine gute Weile in seinem apartement,
und sahen daselbst das eben angekommene Portrait des Grafen
von Larwig, welches einer von denen hiesigen guten Mahlern,
Monsr. Nattier vor 1500 Livres verfertiget hat. Nachmittags gaben
wir dem Duc de Gêvres Visite, woselbst auch Madame la Marechalle
d’Êtré und Madame la Marechalle de Montmorency, nebst andern
Frembden, gegenwärtig waren, unter welchen letztern einer
erzehlte, daß der Gouverneur von Nancy, Comte de Sequre, ihm
erzehlet habe, welchergestalt der Frantzöl: Minister zu Wien,
Mr: Mirepoix, die Abschrift eines Tractats eingeschicket, den
der verstorbene Kayser, kurtz vor seinem Ende, mit dem Könige
von Engelland und der Czaarin, wider Franckreich geschloßen.
Bey welcher Bewandniß denn, wie der Referent davor hielt, die
Frantzöl: Sentimens vor die Oesterreichische Succession sich auch wohl
ändern dürften. Sonst fand sich auch ein junger Corsicaner
ein, welchen der Marechalle de Montmorency ihr Sohn, in Corsica
gefangen bekommen. Er muste sich auf des Duc de Gêves Befehl
vor gedachter Marechalle auf die Knie werffen, und ihre Pro-
tection und Gnade sich ausbitten. Beym Abschied wurden wir
auf morgen mittag zur Tafel eingeladen.
Den 21 Novembr:
Vormittags gab Mons: de la Tournelle, Illmo die Gegen-Visite,
und that überaus guthertzig, nahm auch bis zum morgenden
Widersehen in Versailles, Abschied. Mittags speisten wir bey dem
Duc de Gêvres, und waren die übrigen Gäste: deßen Bruder le Comte
de Gêvres, der ietzige Prevôt des Marchands, Mr. de Vastan, und ver-
schiedene Officiers und Chevaliers de S. Louis, der Capitain von des
Ducs Guarde, und sonst noch etliche von seinen Cavaliers. Die
Tafel war mit 16 Eßen, in 2 Gängen und einem Superben
Desert, auch allerhand frembden Weinen, aufs beste Serviret.
Der Haupt-Nutzen bey diesem allem war, daß Illmus den neuen
in Kupfer gestochenen Plan von Paris, welcher nicht verkauft,
sondern nur an Personen von Distinction verschencket wird,
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Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten
Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.
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Vollständigkeit: vollständig erfasst;
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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/54>, abgerufen am 05.01.2025.
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