Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].21. und wir entretenirten uns meistentheils von Staats-Sachen, undbesonders von denen Todes-Fällen des Kaysers und der Czaarin. Dem ersten gab Monsieur de la Tournelle das Zeugniß, daß er veritablement ein honnet homme gewesen, und solches unter andern damit erwiesen habe, daß er den König von Franckreich, währender seiner Minorennitaet, nicht attaquiren wollen. Das Unglück des General Dopat bedauerte er ungemein, entschuldigte aber den Kayser damit, qu'un bon prince ne pouvoit pas voir et faire tout par lui meme. Nachdem wir bis auf den Abend bey diesem angenehmen und ungemein höflichen Manne gantz vergnügt zugebracht, und die Abrede genommen, ein- ander auch nächsten Dienstag in Versailles anzutreffen, begaben wir uns wider nach unserm Hotel, und hatten von dem Herrn Cammer Rath Ferch Zuspruch, welcher uns die innwendige Structur der hiesigen be- kanten Machine, welche einen Fleutenisten vorstellet, expli- cirte, auch deas arcanum [unleserliches Material]entdeckte, wie das Gummi Kobal zum lac/fir- [unleserliches Material]niß gründlich aufzulösen sey, nehmlich: mit spiritu aethereo. Dieser Spiritus aethereus aber ist ein compositum aus 3 Theilen spiritus vini rectificatissimi, und ein Theil spiritus vitrioli. Den 19 November Den meistentheil des Tages haben uns unsre heutigen Tisch= 21. und wir entretenirten uns meistentheils von Staats-Sachen, undbesonders von denen Todes-Fällen des Kaysers und der Czaarin. Dem ersten gab Monsieur de la Tournelle das Zeugniß, daß er veritablement ein honnet homme gewesen, und solches unter andern damit erwiesen habe, daß er den König von Franckreich, währender seiner Minorennitaet, nicht attaquiren wollen. Das Unglück des General Dopat bedauerte er ungemein, entschuldigte aber den Kayser damit, qu’un bon prince ne pouvoit pas voir et faire tout par lui même. Nachdem wir bis auf den Abend bey diesem angenehmen und ungemein höflichen Manne gantz vergnügt zugebracht, und die Abrede genommen, ein- ander auch nächsten Dienstag in Versailles anzutreffen, begaben wir uns wider nach unserm Hôtel, und hatten von dem Herrn Cammer Rath Ferch Zuspruch, welcher uns die innwendige Structur der hiesigen be- kanten Machine, welche einen Fleutenisten vorstellet, expli- cirte, auch deas arcanum [unleserliches Material]entdeckte, wie das Gummi Kobal zum lac/fir- [unleserliches Material]niß gründlich aufzulösen sey, nehmlich: mit spiritu aethereo. Dieser Spiritus aethereus aber ist ein compositum aus 3 Theilen spiritus vini rectificatissimi, und ein Theil spiritus vitrioli. Den 19 November Den meistentheil des Tages haben uns unsre heutigen Tisch= <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0052"/><fw type="folNum" place="top">21.</fw><lb/> und wir entretenirten uns meistentheils von Staats-Sachen, und<lb/> besonders von denen Todes-Fällen des <persName xml:id="TidB9295" corresp="register.xml#regID_37.lemID_11233" ref="http://d-nb.info/gnd/118560107">Kaysers</persName> und der <persName xml:id="TidB9294" corresp="register.xml#regID_37.lemID_12069" ref="http://d-nb.info/gnd/118649507">Czaarin</persName>. Dem<lb/> ersten gab <choice><abbr>Mr.</abbr><expan>Monsieur</expan></choice> <persName xml:id="TidB9297" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10184">de la Tournelle</persName> das Zeugniß, daß er veritablement<lb/> ein honnet homme gewesen, und solches unter andern damit erwiesen<lb/> habe, daß er den <persName xml:id="TidB9298" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10089" ref="http://d-nb.info/gnd/118729438">König von Franckreich</persName>, währender seiner Minorennitaet,<lb/> nicht attaquiren wollen. Das Unglück des General <persName xml:id="TidB9299" corresp="register.xml#regID_37.lemID_12093">Dopat</persName> bedauerte<lb/> er ungemein, entschuldigte aber den <persName xml:id="TidB9300" corresp="register.xml#regID_37.lemID_11233" ref="http://d-nb.info/gnd/118560107">Kayser</persName> damit, qu’un bon prince<lb/> ne pouvoit pas voir et faire tout par lui même. Nachdem wir<lb/> bis auf den Abend bey diesem angenehmen und ungemein höflichen<lb/> Manne gantz vergnügt zugebracht, und die Abrede genommen, ein-<lb/> ander auch nächsten Dienstag in <placeName xml:id="TidB9301" corresp="register.xml#regID_66.lemID_10310">Versailles</placeName> anzutreffen, begaben wir<lb/> uns wider nach unserm <placeName xml:id="TidB9302" corresp="register.xml#regID_66.lemID_11884">Hôtel</placeName>, und hatten von <choice><abbr>dH.</abbr><expan>dem Herrn</expan></choice> Cammer Rath <persName xml:id="TidB9304" corresp="register.xml#regID_37.lemID_11886">Ferch</persName><lb/> Zuspruch, welcher uns die innwendige Structur der hiesigen be-<lb/> kanten Machine, welche einen Fleutenisten vorstellet, expli-<lb/> cirte, auch deas arcanum <subst><del rendition="#ow"><gap reason="illegible"/></del><add place="across">ent</add></subst>deckte, wie das Gummi Kobal zum lac/fir-<lb/><subst><del rendition="#ow"><gap reason="illegible"/></del><add place="across">niß</add></subst> gründlich aufzulösen sey, nehmlich: mit spiritu aethereo. Dieser<lb/> Spiritus aethereus aber ist ein compositum aus 3 Theilen<lb/> spiritus vini rectificatissimi, und ein Theil spiritus vitrioli.</p><lb/> </div> <div type="diaryEntry"> <head rendition="#c"> Den 19 <choice><abbr>Novembr:</abbr><expan>November</expan></choice></head><lb/> <p> Den meistentheil des Tages haben uns unsre heutigen Tisch=<lb/> Gäste, <choice><abbr>nehml:</abbr><expan>nehmlich</expan></choice> Monsieur <persName xml:id="TidB9313" corresp="register.xml#regID_37.lemID_12095" ref="http://d-nb.info/gnd/117636169">le Monier</persName>, <choice><abbr>H.</abbr><expan>Herr</expan></choice> <persName xml:id="TidB9314" corresp="register.xml#regID_37.lemID_11886">Ferch</persName> und <choice><abbr>Hl.</abbr><expan>Herr</expan></choice> <persName xml:id="TidB9316" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10178" ref="http://d-nb.info/gnd/116122412">Petersen</persName>,<lb/> Occupation gegeben. Der erste, deßen Bekandschaft wir<lb/> gedachtem <choice><abbr>H.</abbr><expan>Herr</expan></choice> <persName xml:id="TidB9315" corresp="register.xml#regID_37.lemID_11886">Ferch</persName> zu dancken haben, ist ein Mitglied der<lb/> hiesigen <name type="subjectIndexTerm" xml:id="TidB9312" corresp="register.xml#regID_502.lemID_12007" ref="http://d-nb.info/gnd/35019-9">Academie des Sciences</name>, und unter denenjenigen<lb/> einer mit gewesen, welcher zu Untersuchung der Figur<lb/> unsrer Erd-Kugel, nach Norden geschicket worden., und über<lb/> dieser Arbeit 2 Jahr in dem Schwedischen <placeName xml:id="TidB9317" corresp="register.xml#regID_66.lemID_12096" ref="http://d-nb.info/gnd/4034582-8">Lapland</placeName> zugebracht,<lb/> von welcher Reise er uns mehrentheils entretenirte. Daß die<lb/> Erde nach den Polis zu eingedrückt, mithin einem Holländischen<lb/> Käse an der Figur gleich sey: solches hielt er, nach allen diesen<lb/> Untersuchungen, nunmehro vor indisputable. Sein Haupt-<lb/> Fort ist die Astronomie, und soll er darinnen die 3 Cassinin<lb/> weit übertreffen. Wir bekamen auch bey dieser Gelegenheit<lb/> ein sehr compendieuses mathematisches Gesteck mit silbernen<lb/> Instrumenten, welches hier vor den jüngsten <persName xml:id="TidB9318" corresp="register.xml#regID_37.lemID_12097" ref="http://d-nb.info/gnd/100127010">Prinzen von<lb/> Zweybrücken</persName> verfertiget worden, zu sehen, und war sonderlich<lb/> die Invention des dazu gehörigen Tinte-Faßes zu admiriren, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0052]
21.
und wir entretenirten uns meistentheils von Staats-Sachen, und
besonders von denen Todes-Fällen des Kaysers und der Czaarin. Dem
ersten gab Mr. de la Tournelle das Zeugniß, daß er veritablement
ein honnet homme gewesen, und solches unter andern damit erwiesen
habe, daß er den König von Franckreich, währender seiner Minorennitaet,
nicht attaquiren wollen. Das Unglück des General Dopat bedauerte
er ungemein, entschuldigte aber den Kayser damit, qu’un bon prince
ne pouvoit pas voir et faire tout par lui même. Nachdem wir
bis auf den Abend bey diesem angenehmen und ungemein höflichen
Manne gantz vergnügt zugebracht, und die Abrede genommen, ein-
ander auch nächsten Dienstag in Versailles anzutreffen, begaben wir
uns wider nach unserm Hôtel, und hatten von dH. Cammer Rath Ferch
Zuspruch, welcher uns die innwendige Structur der hiesigen be-
kanten Machine, welche einen Fleutenisten vorstellet, expli-
cirte, auch deas arcanum entdeckte, wie das Gummi Kobal zum lac/fir-
niß gründlich aufzulösen sey, nehmlich: mit spiritu aethereo. Dieser
Spiritus aethereus aber ist ein compositum aus 3 Theilen
spiritus vini rectificatissimi, und ein Theil spiritus vitrioli.
Den 19 Novembr:
Den meistentheil des Tages haben uns unsre heutigen Tisch=
Gäste, nehml: Monsieur le Monier, H. Ferch und Hl. Petersen,
Occupation gegeben. Der erste, deßen Bekandschaft wir
gedachtem H. Ferch zu dancken haben, ist ein Mitglied der
hiesigen Academie des Sciences, und unter denenjenigen
einer mit gewesen, welcher zu Untersuchung der Figur
unsrer Erd-Kugel, nach Norden geschicket worden., und über
dieser Arbeit 2 Jahr in dem Schwedischen Lapland zugebracht,
von welcher Reise er uns mehrentheils entretenirte. Daß die
Erde nach den Polis zu eingedrückt, mithin einem Holländischen
Käse an der Figur gleich sey: solches hielt er, nach allen diesen
Untersuchungen, nunmehro vor indisputable. Sein Haupt-
Fort ist die Astronomie, und soll er darinnen die 3 Cassinin
weit übertreffen. Wir bekamen auch bey dieser Gelegenheit
ein sehr compendieuses mathematisches Gesteck mit silbernen
Instrumenten, welches hier vor den jüngsten Prinzen von
Zweybrücken verfertiget worden, zu sehen, und war sonderlich
die Invention des dazu gehörigen Tinte-Faßes zu admiriren,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |