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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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zu machen, hat man den ietzigen Stein-alten ErtzBischof zwar das
praedicat grand Aumonier zugleich mit beygeleget, wird aber, so
bald er stirbt, die beyden Caracters auf immer Separien, und,
unserm wahrscheinlichen Vermuthen nach, den mehrmals
erwehneten geistlichen Oncle des Chevalier de Breuil zum grand
Aumonier bestellen. Daß die Kirchen-Sachen auf diesen Fuß
gebracht worden, hat man dem Marquis d'Ormea zu dancken,
welcher von dem vorigen Könige deswegen nach Rom ge-
schickt gewesen, und durch diese seine Negotiation sich den Weg
zur premier Ministre-Stelle gebahnet hat, in welchem
Posten er durch seine große Geschickligkeit es auch nunmehro
dahin gebracht, daß alles lediglich durch seine Hände gehet,
und von denen übrigen Staats-ministres keiner mehr,
als der Marquis de Breuil gebrauchet, und auch dieser nur
in gewißen Sachen zu Rathe gezogen, folglich ein ordentlich
aus mehreren Personen bestehendes Conseil niemalen ge-
halten wird, wovon künfftig mehrere particularia münd-
lich erzehlet werden können.

Den 30 October

Bey dem Ungarischen Gesandten Grafen von Schulenburg, den
wir nach seiner Retour von Mayland auf seinem Land-Hause
willkommen hießen, fanden sich auch der Englische und Chur=
Sächsische Minister
, der Marquis de Marches und noch mehrere
Cavaliers und Dames ein, und wurden wir auf morgen
bey ihm zur Tafel eingeladen. Bey dem Marquis d'Ormea
continuirte unser täglich anklopffen, war aber auch dismal
vergeblich. Bey der Comtesse Favria hingegen unterhielten wir
uns fast 2 Stunden von lauter medicinischen materien.
Der Abbe de Sankt Innocent, den wir bey dem Marechal
Rehbinder antrafen, gab zu vielen nützlichen Discoursen
Gelegenheit, wurde iedoch bald zum Spiel abgeruffen, und
nahm solche Vocation mit diesen Worten an: je n'ai pas
l'esprit du jeu, mais je joue pour remplir un onide.
Bey der Marquise de Borgeal, woselbst wir den Abend be-
schloßen, hatten wir mit dem Chevalier Fleuri eine weit-
läuffige Unterredung von dem übermäßig= und schläcker-
hafften Eßen der heutigen Welt, und daß die Römer zwar
dieselbe darinn noch weit übertroffen, gleichwol aber uns
eine Haupt-reformation in diesem punct höchst nötig sey.

zu machen, hat man den ietzigen Stein-alten ErtzBischof zwar das
praedicat grand Aumonier zugleich mit beygeleget, wird aber, so
bald er stirbt, die beyden Caracters auf immer Separien, und,
unserm wahrscheinlichen Vermuthen nach, den mehrmals
erwehneten geistlichen Oncle des Chevalier de Breuil zum grand
Aumonier bestellen. Daß die Kirchen-Sachen auf diesen Fuß
gebracht worden, hat man dem Marquis d'Ormea zu dancken,
welcher von dem vorigen Könige deswegen nach Rom ge-
schickt gewesen, und durch diese seine Negotiation sich den Weg
zur premier Ministre-Stelle gebahnet hat, in welchem
Posten er durch seine große Geschickligkeit es auch nunmehro
dahin gebracht, daß alles lediglich durch seine Hände gehet,
und von denen übrigen Staats-ministres keiner mehr,
als der Marquis de Breuil gebrauchet, und auch dieser nur
in gewißen Sachen zu Rathe gezogen, folglich ein ordentlich
aus mehreren Personen bestehendes Conseil niemalen ge-
halten wird, wovon künfftig mehrere particularia münd-
lich erzehlet werden können.

Den 30 October

Bey dem Ungarischen Gesandten Grafen von Schulenburg, den
wir nach seiner Retour von Mayland auf seinem Land-Hause
willkommen hießen, fanden sich auch der Englische und Chur=
Sächsische Minister
, der Marquis de Marches und noch mehrere
Cavaliers und Dames ein, und wurden wir auf morgen
bey ihm zur Tafel eingeladen. Bey dem Marquis d'Ormea
continuirte unser täglich anklopffen, war aber auch dismal
vergeblich. Bey der Comtesse Favria hingegen unterhielten wir
uns fast 2 Stunden von lauter medicinischen materien.
Der Abbé de Sankt Innocent, den wir bey dem Marechal
Rehbinder antrafen, gab zu vielen nützlichen Discoursen
Gelegenheit, wurde iedoch bald zum Spiel abgeruffen, und
nahm solche Vocation mit diesen Worten an: je n'ai pas
l'esprit du jeu, mais je joue pour remplir un onide.
Bey der Marquise de Borgeal, woselbst wir den Abend be-
schloßen, hatten wir mit dem Chevalier Fleuri eine weit-
läuffige Unterredung von dem übermäßig= und schläcker-
hafften Eßen der heutigen Welt, und daß die Römer zwar
dieselbe darinn noch weit übertroffen, gleichwol aber uns
eine Haupt-reformation in diesem punct höchst nötig sey.

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[0493] zu machen, hat man den ietzigen Stein-alten ErtzBischof zwar das praedicat grand Aumonier zugleich mit beygeleget, wird aber, so bald er stirbt, die beyden Caracters auf immer Separien, und, unserm wahrscheinlichen Vermuthen nach, den mehrmals erwehneten geistl.n Oncle des Chevalier de Breuil zum grand Aumonier bestellen. Daß die Kirchen-Sachen auf diesen Fuß gebracht worden, hat man dem Marquis d'Ormea zu dancken, welcher von dem vorigen Könige deswegen nach Rom ge- schickt gewesen, und durch diese seine Negotiation sich den Weg zur premier Ministre-Stelle gebahnet hat, in welchem Posten er durch seine große Geschickligkeit es auch nunmehro dahin gebracht, daß alles lediglich durch seine Hände gehet, und von denen übrigen Staats-ministres keiner mehr, als der Marquis de Breuil gebrauchet, und auch dieser nur in gewißen Sachen zu Rathe gezogen, folglich ein ordentlich aus mehreren Personen bestehendes Conseil niemalen ge- halten wird, wovon künfftig mehrere particularia münd- lich erzehlet werden können. Den 30 Octobr: Bey dem Ungarischen Gesandten Grafen von Schulenburg, den wir nach seiner Retour von Mayland auf seinem Land-Hause willkommen hießen, fanden sich auch der Englische und Chur= Sächsische Minister, der Marquis de Marches und noch mehrere Cavaliers und Dames ein, und wurden wir auf morgen bey ihm zur Tafel eingeladen. Bey dem Marquis d'Ormea continuirte unser täglich anklopffen, war aber auch dismal vergeblich. Bey der Comtesse Favria hingegen unterhielten wir uns fast 2 Stunden von lauter medicinischen materien. Der Abbé de St: Innocent, den wir bey dem Marechal Rehbinder antrafen, gab zu vielen nützlichen Discoursen Gelegenheit, wurde iedoch bald zum Spiel abgeruffen, und nahm solche Vocation mit diesen Worten an: je n'ai pas l'esprit du jeu, mais je joue pour remplir un onide. Bey der Marquise de Borgeal, woselbst wir den Abend be- schloßen, hatten wir mit dem Chevalier Fleuri eine weit- läuffige Unterredung von dem übermäßig= und schläcker- hafften Eßen der heutigen Welt, und daß die Römer zwar dieselbe darinn noch weit übertroffen, gleichwol aber uns eine Haupt-reformation in diesem punct höchst nötig sey.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/493>, abgerufen am 21.11.2024.