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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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folglich der ehmaligen hiesigen Königin Schwester. Weil ihr Herr Prince du Sang
ist, so hat sie eine kleine Hofstadt von ein paar Cavaliers und eben so viel Dames.
Man setzte uns Tabourets, und wir hielten sitzend das gewöhnliche Gespräch:
Von woher? und wohin? Ihr Bruder Printz Constantin, welcher unter denen Rußen
ein Regiment hat, fand sich auch ein, und soll deswegen hieher kommen seyn, um
die Rußischen Dienste mit denen hiesigen zu verwechseln. Wegen des schönen
Wetters, fuhren wir au Valentin, und promenirten daselbst im Königlichen Garten
mit dem bereits sich dort befindenden Neapolitanischen Ambassadeur, an
den unser Chevalier uns praesentirete, und von ihm mit uns auf Morgen
zum Mittags-Eßen gebeten wurde. Es ist dieser Ambassadeur von Gebuhrt
ein Niederländer, hat ein sehr gutes exterieur, viel politesse, und läßt viel
aufgehen, dahero er auch hier durchgängig beliebt ist. Der neugestifftete Januarius
Orden, welchen er führet, wird an einem breitem über die Achsel hengenden ponc
rothen Bande auf der Seite getragen, und in dem silbernen Stern auf dem Rocke ist der Heilige
Januarius mit dem Bischoffs-Stabe und der Bischofs-Mütze von Gold mitten
hinein gestickt. Nicht lange nach uns kam auch der König mit dem Prince de
Carignan
, Printzen von Heßen und andern Herren in diesen Garten, und wir
geselleten uns nebst dem Ambassadeur zu ihnen, da denn Ihro Majestät ein
auf- und abspatzieren mit Illustrissimo wohl 1/4 Stunde sprachen, und
so wohl über die bisher gemachte Reise-Tour, als über das fernere Vorhaben
in Italien, ein Special-examen anstelleten, und sich recht sehr gnädig bezeige-
ten. Aus dem Garten nahmen Wir unsern Weg nach der Esplanade, zwischen der
Stadt und der Citadelle, welches der cours vor die Carossen ist, wie wir denn
deren eine ziemliche Anzahl, und darunter den König in der seinigen abermal antraffen.
Als es beginnete dunkel zu werden, begaben wir uns wieder in die Stadt, und
traten in dem Caffee ab, wo alle chapeaur von condition sich täglich um die-
se Zeit zu versamlen, und bis es Zeit in die assamlees ist, von Zeitungen und
andern Dingen zu discouriren pflegen, sodann wurden Wir in die Lotterie
bey der Marquise de Borgeal introduciret, woselbst auch der Prince
de Carignan
, Comte de Favria Ecuyer du Roi, unsers Chevaliers älte-
ster Bruder, der Comte de Purpurat, so auch bey Hofe engagiret ist, und
mehr andere gegenwärtig waren. Endlich beschloßen wir mit der großen
Assamblee bey der Marquise de Cavaglia, welche sehr zahlreich war,
und kamen um 11 Uhr Abends wieder in die Ruhe.

Den 22ten September

Nachdem Illustrissimus von dem Gouverneur Marquis de Tan vormittag
die Gegen-Visite empfangen, fuhr unser Chevalier mit uns zum Prince

folglich der ehmaligen hiesigen Königin Schwester. Weil ihr Herr Prince du Sang
ist, so hat sie eine kleine Hofstadt von ein paar Cavaliers und eben so viel Dames.
Man setzte uns Tabourets, und wir hielten sitzend das gewöhnliche Gespräch:
Von woher? und wohin? Ihr Bruder Printz Constantin, welcher unter denen Rußen
ein Regiment hat, fand sich auch ein, und soll deswegen hieher kommen seyn, um
die Rußischen Dienste mit denen hiesigen zu verwechseln. Wegen des schönen
Wetters, fuhren wir au Valentin, und promenirten daselbst im Königlichen Garten
mit dem bereits sich dort befindenden Neapolitanischen Ambassadeur, an
den unser Chevalier uns praesentirete, und von ihm mit uns auf Morgen
zum Mittags-Eßen gebeten wurde. Es ist dieser Ambassadeur von Gebuhrt
ein Niederländer, hat ein sehr gutes exterieur, viel politesse, und läßt viel
aufgehen, dahero er auch hier durchgängig beliebt ist. Der neugestifftete Januarius
Orden, welchen er führet, wird an einem breitem über die Achsel hengenden ponc
rothen Bande auf der Seite getragen, und in dem silbernen Stern auf dem Rocke ist der Heilige
Januarius mit dem Bischoffs-Stabe und der Bischofs-Mütze von Gold mitten
hinein gestickt. Nicht lange nach uns kam auch der König mit dem Prince de
Carignan
, Printzen von Heßen und andern Herren in diesen Garten, und wir
geselleten uns nebst dem Ambassadeur zu ihnen, da denn Ihro Majestät ein
auf- und abspatzieren mit Illustrissimo wohl ¼ Stunde sprachen, und
so wohl über die bisher gemachte Reise-Tour, als über das fernere Vorhaben
in Italien, ein Special-examen anstelleten, und sich recht sehr gnädig bezeige-
ten. Aus dem Garten nahmen Wir unsern Weg nach der Esplanade, zwischen der
Stadt und der Citadelle, welches der cours vor die Carossen ist, wie wir denn
deren eine ziemliche Anzahl, und darunter den König in der seinigen abermal antraffen.
Als es beginnete dunkel zu werden, begaben wir uns wieder in die Stadt, und
traten in dem Caffée ab, wo alle chapeaur von condition sich täglich um die-
se Zeit zu versamlen, und bis es Zeit in die assamlées ist, von Zeitungen und
andern Dingen zu discouriren pflegen, sodann wurden Wir in die Lotterie
bey der Marquise de Borgeal introduciret, woselbst auch der Prince
de Carignan
, Comte de Favria Ecuyer du Roi, unsers Chevaliers älte-
ster Bruder, der Comte de Purpurat, so auch bey Hofe engagiret ist, und
mehr andere gegenwärtig waren. Endlich beschloßen wir mit der großen
Assamblée bey der Marquise de Cavaglia, welche sehr zahlreich war,
und kamen um 11 Uhr Abends wieder in die Ruhe.

Den 22ten September

Nachdem Illustrissimus von dem Gouverneur Marquis de Tan vormittag
die Gegen-Visite empfangen, fuhr unser Chevalier mit uns zum Prince

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[0457] folglich der ehmaligen hiesigen Königin Schwester. Weil ihr Herr Prince du Sang ist, so hat sie eine kleine Hofstadt von ein paar Cavaliers und eben so viel Dames. Man setzte uns Tabourets, und wir hielten sitzend das gewöhnliche Gespräch: Von woher? und wohin? Ihr Bruder Printz Constantin, welcher unter denen Rußen ein Regiment hat, fand sich auch ein, und soll deswegen hieher kommen seyn, um die Rußil: Dienste mit denen hiesigen zu verwechseln. Wegen des schönen Wetters, fuhren wir au Valentin, und promenirten daselbst im königli. Garten mit dem bereits sich dort befindenden Neapolitanischen Ambassadeur, an den unser Chevalier uns praesentirete, und von ihm mit uns auf Morgen zum Mittags-Eßen gebeten wurde. Es ist dieser Ambassadeur von Gebuhrt ein Niederländer, hat ein sehr gutes exterieur, viel politesse, und läßt viel aufgehen, dahero er auch hier durchgängig beliebt ist. Der neugestifftete Januarius Orden, welchen er führet, wird an einem breitem über die Achsel hengenden ponc rothen Bande auf der Seite getragen, und in dem silbernen Stern auf dem Rocke ist der H. Januarius mit dem Bischoffs-Stabe und der Bischofs-Mütze von Gold mitten hinein gestickt. Nicht lange nach uns kam auch der König mit dem Prince de Carignan, Printzen von Heßen und andern Herren in diesen Garten, und wir geselleten uns nebst dem Ambassadeur zu ihnen, da denn Ihro Maj. ein auf- und abspatzieren mit Illmo wohl ¼ Stunde sprachen, und so wohl über die bisher gemachte Reise-Tour, als über das fernere Vorhaben in Italien, ein Special-examen anstelleten, und sich recht sehr gnädig bezeige- ten. Aus dem Garten nahmen Wir unsern Weg nach der Esplanade, zwischen der Stadt und der Citadelle, welches der cours vor die Carossen ist, wie wir denn deren eine ziemliche Anzahl, und darunter den König in der seinigen abermal antraffen. Als es beginnete dunkel zu werden, begaben wir uns wieder in die Stadt, und traten in dem Caffée ab, wo alle chapeaur von condition sich täglich um die- se Zeit zu versamlen, und bis es Zeit in die assamlées ist, von Zeitungen und andern Dingen zu discouriren pflegen, sodann wurden Wir in die Lotterie bey der Marquise de Borgeal introduciret, woselbst auch der Prince de Carignan, Comte de Favria Ecuyer du Roi, unsers Chevaliers älte- ster Bruder, der Comte de Purpurat, so auch bey Hofe engagiret ist, und mehr andere gegenwärtig waren. Endlich beschloßen wir mit der großen Assamblée bey der Marquise de Cavaglia, welche sehr zahlreich war, und kamen um 11 Uhr Abends wieder in die Ruhe. Den 22ten Sept. Nachdem Illmus von dem Gouverneur Marquis de Tan vormittag die Gegen-Visite empfangen, fuhr unser Chevalier mit uns zum Prince

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/457>, abgerufen am 21.11.2024.