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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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so ist die Gefahr wenn man darauf reflectiret, bereits überstanden.
Die 2 Cascaden, welche auf eben dieser Novalezischen descente
vorkommen, und deren eine man traversiren muß, sind recht
magnifique und übertreffen alle diejenigen, welche wir in
Savoyen bisher gesehen. Sonst ist die Geschwindigkeit und addresse
derer Porteurs zu bewundern, ihre Strapatze aber auch so groß,
daß sie zwischen 40 und 50 Jahren das metier zu treiben
aufhören müßen. Wir beobachteten unterwegs die methode,
wie man Staats-Wagen und Berlinen über den Berg schaffet!
Es wird nehmlich alles, was zum Gestelle gehöret, durch Maul-Esel,
der gantze Kasten hingegen unzerlegt durch Menschen an großen
Stangen getragen, wie wir denn 12 Porteurs mit einer
solchen machine vorbey passiren sahen; doch setzet man oben
auf die Fläche den Kasten auf einen Schlitten, und schleiffet
ihn durch Maul-Thiere bis an die andre descente, woselbst die
Träger ihn wieder anpacken. Unsre domestiquen langeten
eine viertel Stunde, die Bagage allererst in 3 Stunden nach
uns in Novaleza an, und nachdem unsre Fuhr-Leute [unleserliches Material]alles
auf die diesseits iedesmal parat stehen habende Chaisen ge-
packet, wir auch das MIttags-Mahl mit großem appetit
eingenommen, rückten wir zwischen denen Piemonteschen
Gebürgen weiter fort, und nahmen das Nacht-Quartier
zu Suza, welche Stadt zwar nur mit Mauern umfan-
gen, aber doch mit einer starcken wohl montirten Garnison
besetzet ist, wie denn die Sardinische Cavallerie und In-
fanterie, davon wir bereits zu Chamberry und anderer
Orten in Savoyen viele in Quartier liegende angetroffen,
in sehr gutem Stande zu seyn scheinet, ietzo auch täglich
exerciret wird. Gleich neben der Stadt lieget die Berg-For-
tresse, Brunettte genannt, an deren Wercken starck gearbei-
tet wurde, wie denn der die Arbeiter dirigirende Ingenieur
in unserm Gast-Hofe logirete. Es ist diese Fortresse
der 3 Stunden von hier entlegenen Frantzösischen Gräntz-
Festung Briancon entgegen gesetzet, um denen dorther
kommen könnenden Truppen die passage zu disputiren.

Den 16 September

wurden wir früh bey der Ausfarth gewahr, daß der hinter
uns liegende Mont Senis starck mit Schnee bedeckt sey,
freueten uns also, daß wir gestern mit bloßem Dust und
Regen davon gekommen. Wir passireten ein an der Straße

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so ist die Gefahr wenn man darauf reflectiret, bereits überstanden.
Die 2 Cascaden, welche auf eben dieser Novalezischen descente
vorkommen, und deren eine man traversiren muß, sind recht
magnifique und übertreffen alle diejenigen, welche wir in
Savoyen bisher gesehen. Sonst ist die Geschwindigkeit und addresse
derer Porteurs zu bewundern, ihre Strapatze aber auch so groß,
daß sie zwischen 40 und 50 Jahren das metier zu treiben
aufhören müßen. Wir beobachteten unterwegs die methode,
wie man Staats-Wagen und Berlinen über den Berg schaffet!
Es wird nehmlich alles, was zum Gestelle gehöret, durch Maul-Esel,
der gantze Kasten hingegen unzerlegt durch Menschen an großen
Stangen getragen, wie wir denn 12 Porteurs mit einer
solchen machine vorbey passiren sahen; doch setzet man oben
auf die Fläche den Kasten auf einen Schlitten, und schleiffet
ihn durch Maul-Thiere bis an die andre descente, woselbst die
Träger ihn wieder anpacken. Unsre domestiquen langeten
eine viertel Stunde, die Bagage allererst in 3 Stunden nach
uns in Novaleza an, und nachdem unsre Fuhr-Leute [unleserliches Material]alles
auf die diesseits iedesmal parat stehen habende Chaisen ge-
packet, wir auch das MIttags-Mahl mit großem appetit
eingenommen, rückten wir zwischen denen Piemonteschen
Gebürgen weiter fort, und nahmen das Nacht-Quartier
zu Suza, welche Stadt zwar nur mit Mauern umfan-
gen, aber doch mit einer starcken wohl montirten Garnison
besetzet ist, wie denn die Sardinische Cavallerie und In-
fanterie, davon wir bereits zu Chamberry und anderer
Orten in Savoyen viele in Quartier liegende angetroffen,
in sehr gutem Stande zu seyn scheinet, ietzo auch täglich
exerciret wird. Gleich neben der Stadt lieget die Berg-For-
tresse, Brunettte genannt, an deren Wercken starck gearbei-
tet wurde, wie denn der die Arbeiter dirigirende Ingenieur
in unserm Gast-Hofe logirete. Es ist diese Fortresse
der 3 Stunden von hier entlegenen Frantzösischen Gräntz-
Festung Briançon entgegen gesetzet, um denen dorther
kommen könnenden Truppen die passage zu disputiren.

Den 16 September

wurden wir früh bey der Ausfarth gewahr, daß der hinter
uns liegende Mont Senis starck mit Schnee bedeckt sey,
freueten uns also, daß wir gestern mit bloßem Dust und
Regen davon gekommen. Wir passireten ein an der Straße

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[0452] 219 so ist die Gefahr wenn man darauf reflectiret, bereits überstanden. Die 2 Cascaden, welche auf eben dieser Novalezischen descente vorkommen, und deren eine man traversiren muß, sind recht magnifique und übertreffen alle diejenigen, welche wir in Savoyen bisher gesehen. Sonst ist die Geschwindigkeit und addresse derer Porteurs zu bewundern, ihre Strapatze aber auch so groß, daß sie zwischen 40 und 50 Jahren das metier zu treiben aufhören müßen. Wir beobachteten unterwegs die methode, wie man Staats-Wagen und Berlinen über den Berg schaffet! Es wird nehml. alles, was zum Gestelle gehöret, durch Maul-Esel, der gantze Kasten hingegen unzerlegt durch Menschen an großen Stangen getragen, wie wir denn 12 Porteurs mit einer solchen machine vorbey passiren sahen; doch setzet man oben auf die Fläche den Kasten auf einen Schlitten, und schleiffet ihn durch Maul-Thiere bis an die andre descente, woselbst die Träger ihn wieder anpacken. Unsre domestiquen langeten eine viertel Stunde, die Bagage allererst in 3 Stunden nach uns in Novaleza an, und nachdem unsre Fuhr-Leute alles auf die diesseits iedesmal parat stehen habende Chaisen ge- packet, wir auch das MIttags-Mahl mit großem appetit eingenommen, rückten wir zwischen denen Piemonteschen Gebürgen weiter fort, und nahmen das Nacht-Quartier zu Suza, welche Stadt zwar nur mit Mauern umfan- gen, aber doch mit einer starcken wohl montirten Garnison besetzet ist, wie denn die Sardinische Cavallerie und In- fanterie, davon wir bereits zu Chamberry und anderer Orten in Savoyen viele in Quartier liegende angetroffen, in sehr gutem Stande zu seyn scheinet, ietzo auch täglich exerciret wird. Gleich neben der Stadt lieget die Berg-For- tresse, Brunettte genannt, an deren Wercken starck gearbei- tet wurde, wie denn der die Arbeiter dirigirende Ingenieur in unserm Gast-Hofe logirete. Es ist diese Fortresse der 3 Stunden von hier entlegenen Frantzöl: Gräntz- Festung Briançon entgegen gesetzet, um denen dorther kommen könnenden Truppen die passage zu disputiren. Den 16 Se: wurden wir früh bey der Ausfarth gewahr, daß der hinter uns liegende Mont Senis starck mit Schnee bedeckt sey, freueten uns also, daß wir gestern mit bloßem Dust und Regen davon gekommen. Wir passireten ein an der Straße

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/452>, abgerufen am 21.11.2024.