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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Nummer 41.
Den 4ten August

Hielten wir mit dem Frühesten unsern Auszug aus Montpellier, und machten, der
öftern Einladung zu Folge von Lunelle aus eine excurssion nach dem Dorf und
Schloß d'Aubais, dahin der mehr gedachte Marquis dieses Nahmens schon ein
paar Tage von Montpellier voraus gegangen war. Das Schloß lieget in einer
felsigten und dürren Gegend, ist aber von Quader=Stücken sehr wohl und massiv
gebauet. Die Haupt=Treppe in dem corps de logis ist ein rechtes Meister=Stück,
und davon ein Kupfer-Stich vorhanden, der uns, weil wir ihn künftig mit
bringen, der Mühe der Beschreibung überhebt. Zur Bibliothec hat der Mar-
quis
einen eignen Flügel gebauet, und ist dieselbe in allen facultaeten
versehen, in historicis, genealogicis und Geographicis aber am stärcksten,
besonders auch an Teutschen dergleichen Büchern viel gutes vorhanden. Zu de-
nen protestantischen Schriften hat der Besitzer ein eigen Behältniß, wie
denn sein Vater, als er, der Sohn, noch in Mutter Leibe gewesen, der
Religion halber aus dem Lande geflüchtet, auch auswärtig gestorben, mit
hin dieser Sohn in der Römischen Kirche gebohren und erzogen worden. Ge-
dachte Umstände haben recht gesunde principia von der tolerantz bey
dem ietzigen Marquis veruhrsacht, welches denen auf seinen Güthern
noch in starcker Anzahl vorhandenen Protestanten wohl zu statten kommt, zumal
da sie von Zeit zu Zeit Busch-Versamlungen halten. Aus der Biblio-
thec gehet man a plein pied auf eine recht propre mit quader Stei-
nen belegte Terrasse, welches in der Abend=Kühle eine schöne prome-
nade giebt. Nachdem wir Mittags und Abends aufs Beste und -
reichlichste tractiret worden, und die übrige Zeit mit perlustri-
rung der bibliothec, auch in Conversation der Frau, der Tochter und -
des Sohnes vom Hause zugebracht; brachen wir um 12 Uhr in der
Nacht bey Mond=schein wieder auf, und gelangeten den

5. August

Früh gegen 6 Uhr nach Neimes. Nach eingenommenen Thee wur
so fort noch in der Morgen Kühle die hiesigen Römischen antequitaeten besehen
als nehmlich

1.) Das Weltberufene amphitheatrum, welches zwar inwendig
mit Häusern verbauet, übrigens aber unter allen in der Welt noch -
existirenden dergl: amphitheatris am wenigsten ruiniret ist.
Die Werck=Stücke sind an vielen Orten erstaunlich lang und groß,
und die unter andern bas reliefs noch zu sehende Wölfin mit Romulo
u.

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Nummer 41.
Den 4ten August

Hielten wir mit dem Frühesten unsern Auszug aus Montpellier, und machten, der
öftern Einladung zu Folge von Lunelle aus eine excurssion nach dem Dorf und
Schloß d‘Aubais, dahin der mehr gedachte Marquis dieses Nahmens schon ein
paar Tage von Montpellier voraus gegangen war. Das Schloß lieget in einer
felsigten und dürren Gegend, ist aber von Quader=Stücken sehr wohl und massiv
gebauet. Die Haupt=Treppe in dem corps de logis ist ein rechtes Meister=Stück,
und davon ein Kupfer-Stich vorhanden, der uns, weil wir ihn künftig mit
bringen, der Mühe der Beschreibung überhebt. Zur Bibliothec hat der Mar-
quis
einen eignen Flügel gebauet, und ist dieselbe in allen facultaeten
versehen, in historicis, genealogicis und Geographicis aber am stärcksten,
besonders auch an Teutschen dergleichen Büchern viel gutes vorhanden. Zu de-
nen protestantischen Schriften hat der Besitzer ein eigen Behältniß, wie
denn sein Vater, als er, der Sohn, noch in Mutter Leibe gewesen, der
Religion halber aus dem Lande geflüchtet, auch auswärtig gestorben, mit
hin dieser Sohn in der Römischen Kirche gebohren und erzogen worden. Ge-
dachte Umstände haben recht gesunde principia von der tolerantz bey
dem ietzigen Marquis veruhrsacht, welches denen auf seinen Güthern
noch in starcker Anzahl vorhandenen Protestanten wohl zu statten kommt, zumal
da sie von Zeit zu Zeit Busch-Versamlungen halten. Aus der Biblio-
thec gehet man a plein pied auf eine recht propre mit quader Stei-
nen belegte Terrasse, welches in der Abend=Kühle eine schöne prome-
nade giebt. Nachdem wir Mittags und Abends aufs Beste und -
reichlichste tractiret worden, und die übrige Zeit mit perlustri-
rung der bibliothec, auch in Conversation der Frau, der Tochter und -
des Sohnes vom Hause zugebracht; brachen wir um 12 Uhr in der
Nacht bey Mond=schein wieder auf, und gelangeten den

5. August

Früh gegen 6 Uhr nach Nîmes. Nach eingenommenen Theè wur
so fort noch in der Morgen Kühle die hiesigen Römischen antequitaeten besehen
als nehmlich

1.) Das Weltberufene amphitheatrum, welches zwar inwendig
mit Häusern verbauet, übrigens aber unter allen in der Welt noch -
existirenden dergl: amphitheatris am wenigsten ruiniret ist.
Die Werck=Stücke sind an vielen Orten erstaunlich lang und groß,
und die unter andern bas reliefs noch zu sehende Wölfin mit Romulo
u.

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[0398] 192 No 41. Den 4ten Augl. Hielten wir mit dem Frühesten unsern Auszug aus Montpellier, und machten, der öftern Einladung zu Folge von Lunelle aus eine excursion nach dem Dorf und Schloß d‘Aubais, dahin der mehr gedachte Marquis dieses Nahmens schon ein paar Tage von Montpellier voraus gegangen war. Das Schloß lieget in einer felsigten und dürren Gegend, ist aber von Quader=Stücken sehr wohl und massiv gebauet. Die Haupt=Treppe in dem corps de logis ist ein rechtes Meister=Stück, und davon ein Kupfer-Stich vorhanden, der uns, weil wir ihn künftig mit bringen, der Mühe der Beschreibung überhebt. Zur Bibliothec hat der Mar- quis einen eignen Flügel gebauet, und ist dieselbe in allen facultaeten versehen, in historicis, genealogicis und Geographicis aber am stärcksten, besonders auch an Teutschen dergleichen Büchern viel gutes vorhanden. Zu de- nen protestantischen Schriften hat der Besitzer ein eigen Behältniß, wie denn sein Vater, als er, der Sohn, noch in Mutter Leibe gewesen, der Religion halber aus dem Lande geflüchtet, auch auswärtig gestorben, mit hin dieser Sohn in der Röml. Kirche gebohren und erzogen worden. Ge- dachte Umstände haben recht gesunde principia von der tolerantz bey dem ietzigen Marquis veruhrsacht, welches denen auf seinen Güthern noch in starcker Anzahl vorhandenen Protestanten wohl zu statten kommt, zumal da sie von Zeit zu Zeit Busch-Versamlungen halten. Aus der Biblio- thec gehet man a plein pied auf eine recht propre mit quader Stei- nen belegte Terrasse, welches in der Abend=Kühle eine schöne prome- nade giebt. Nachdem wir Mittags und Abends aufs Beste und - reichlichste tractiret worden, und die übrige Zeit mit perlustri- rung der bibliothec, auch in Conversation der Frau, der Tochter und - des Sohnes vom Hause zugebracht; brachen wir um 12 Uhr in der Nacht bey Mond=schein wieder auf, und gelangeten den 5. Augl. Früh gegen 6 Uhr nach Nîmes. Nach eingenommenen Theè wur so fort noch in der Morgen Kühle die hiesigen Röml. antequitaeten besehen als nehml. 1.) Das Weltberufene amphitheatrum, welches zwar inwendig mit Häusern verbauet, übrigens aber unter allen in der Welt noch - existirenden dergl: amphitheatris am wenigsten ruiniret ist. Die Werck=Stücke sind an vielen Orten erstaunlich lang und groß, und die unter andern bas reliefs noch zu sehende Wölfin mit Romulo u.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/398>, abgerufen am 21.11.2024.