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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Der Waßer=Vorrtath komt in dieses reservoir durch einen zwischen denen Gebürgen
herab fließenden Bach, welcher hier so lange aufgehalten und gesammlet wird, bis
der canal einer Waßer=Hülfe bedarf. Wie den bey bisheriger Dürre
die Hähne, deren Öffnung so groß, als ein Mensch am Leibe dicke ist, schon
in dem 4ten Monath offen gestanden, und nichts desto weniger noch eine sehr
große Menge Waßer vorhanden ist. Der Nahme Saint Ferriol kommt von dem
kleinen Vorwerck her, welches sonst an dem Ort, wo ietzo das reservoir
ist, gestanden. Nachdem wir gegen Mittag wieder nach Caste naudari zu
rück kommen, und unterweges dem Ort gesehen, wo der unglückliche Mont
morenu
gefangen worden, behielten wir den Directeur des Canals zu Gaste,
und rückten so dann heute noch fort bis nach Carcassone, woselbst wir
wegen Baufälligkeit unserer Wagen=Räder nicht nur die Nacht, sondern
auch

den 27. Juli

Den gantzen Tag über in Carcassone stille liegen musten. Die alte und neue Stadt
werden durch den Fluß Aude Separiret, und sind beyde mit Mauern umgeben.
Jene ist der Sitz des Bischofs, und nicht wehrt, daß man sie besiehet: in die-
ser sind die Gaßen nach der Schnur gezogen, und die Häuser ziemlich groß
und massiv. Die einzige Merckwürdigkeit dieses Orts ist die in der
Vorstadt la Trivale gelegene große königliche Tuch Fabrique, welche denen
Gebrüdern Fourniers gehöret. Es werden hier die sehr Subtilen und
fast einem Zeuge gleichkommende Tücher, Londrins genannt, fabriciret,
welche sonderlich nach der Türkey verführet werden. Alles geschiehet
in diesem Hauße, was bey einem Tuch von Anfang bis zum Ende nöthig
ist, außer das Spinnen und Walcken. Die machine, welche zu-
zu Drehung des wollenen Garns, ehe man es auf den Würck-Stuhl spannet,
gebrauchet wird, ist sehr bequem, und wird durch einen kleinen Esel herum
getrieben. Abends um 10 Uhr brachen wir bey schönen Mond=Schein wie
der auf, und gelangten

den 28 Juli

Früh um 8. Uhr nach Narbonne. Der Ertzbischof, an dem uns Monsieur
de Ramsay Briefe mitgegeben, war abwehsend, und konten wir also wei-
ter nichts thun, als die hiesigen Merckwürdigkeiten in Augenschein nehmen.
Es bestehen aber solche hauptsächlich aus Römischen Lapidibus und inscriptionen,
welche hin und wieder in der Stadt gefunden worden, und gröstentheils in

Der Waßer=Vorrtath komt in dieses reservoir durch einen zwischen denen Gebürgen
herab fließenden Bach, welcher hier so lange aufgehalten und gesammlet wird, bis
der canal einer Waßer=Hülfe bedarf. Wie den bey bisheriger Dürre
die Hähne, deren Öffnung so groß, als ein Mensch am Leibe dicke ist, schon
in dem 4ten Monath offen gestanden, und nichts desto weniger noch eine sehr
große Menge Waßer vorhanden ist. Der Nahme Saint Ferriol kommt von dem
kleinen Vorwerck her, welches sonst an dem Ort, wo ietzo das reservoir
ist, gestanden. Nachdem wir gegen Mittag wieder nach Caste naudari zu
rück kommen, und unterweges dem Ort gesehen, wo der unglückliche Mont
morenu
gefangen worden, behielten wir den Directeur des Canals zu Gaste,
und rückten so dann heute noch fort bis nach Carcassone, woselbst wir
wegen Baufälligkeit unserer Wagen=Räder nicht nur die Nacht, sondern
auch

den 27. Juli

Den gantzen Tag über in Carcassone stille liegen musten. Die alte und neue Stadt
werden durch den Fluß Aude Separiret, und sind beyde mit Mauern umgeben.
Jene ist der Sitz des Bischofs, und nicht wehrt, daß man sie besiehet: in die-
ser sind die Gaßen nach der Schnur gezogen, und die Häuser ziemlich groß
und massiv. Die einzige Merckwürdigkeit dieses Orts ist die in der
Vorstadt la Trivale gelegene große königliche Tuch Fabrique, welche denen
Gebrüdern Fourniers gehöret. Es werden hier die sehr Subtilen und
fast einem Zeuge gleichkommende Tücher, Londrins genannt, fabriciret,
welche sonderlich nach der Türkey verführet werden. Alles geschiehet
in diesem Hauße, was bey einem Tuch von Anfang bis zum Ende nöthig
ist, außer das Spinnen und Walcken. Die machine, welche zu-
zu Drehung des wollenen Garns, ehe man es auf den Würck-Stuhl spannet,
gebrauchet wird, ist sehr bequem, und wird durch einen kleinen Esel herum
getrieben. Abends um 10 Uhr brachen wir bey schönen Mond=Schein wie
der auf, und gelangten

den 28 Juli

Früh um 8. Uhr nach Narbonne. Der Ertzbischof, an dem uns Monsieur
de Ramsay Briefe mitgegeben, war abwehsend, und konten wir also wei-
ter nichts thun, als die hiesigen Merckwürdigkeiten in Augenschein nehmen.
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[0391] Der Waßer=Vorrtath komt in dieses reservoir durch einen zwischen denen Gebürgen herab fließenden Bach, welcher hier so lange aufgehalten und gesammlet wird, bis der canal einer Waßer=Hülfe bedarf. Wie den bey bisheriger Dürre die Hähne, deren Öffnung so groß, als ein Mensch am Leibe dicke ist, schon in dem 4ten Monath offen gestanden, und nichts desto weniger noch eine sehr große Menge Waßer vorhanden ist. Der Nahme S. Ferriol kommt von dem kleinen Vorwerck her, welches sonst an dem Ort, wo ietzo das reservoir ist, gestanden. Nachdem wir gegen Mittag wieder nach Caste naudari zu rück kommen, und unterweges dem Ort gesehen, wo der unglückliche Mont morenu gefangen worden, behielten wir den Directeur des Canals zu Gaste, und rückten so dann heute noch fort bis nach Carcassone, woselbst wir wegen Baufälligkeit unserer Wagen=Räder nicht nur die Nacht, sondern auch den 27. Jul. Den gantzen Tag über stille liegen musten. Die alte und neue Stadt werden durch den Fluß Aude Separiret, und sind beyde mit Mauern umgeben. Jene ist der Sitz des Bischofs, und nicht wehrt, daß man sie besiehet: in die- ser sind die Gaßen nach der Schnur gezogen, und die Häuser zieml. groß und massiv. Die einzige Merckwürdigkeit dieses Orts ist die in der Vorstadt la Trivale gelegene große königliche Tuch Fabrique, welche denen Gebrüdern Fourniers gehöret. Es werden hier die sehr Subtilen und fast einem Zeuge gleichkommende Tücher, Londrins genannt, fabriciret, welche sonderlich nach der Türkey verführet werden. Alles geschiehet in diesem Hauße, was bey einem Tuch von Anfang bis zum Ende nöthig ist, außer das Spinnen und Walcken. Die machine, welche zu Drehung des wollenen Garns, ehe man es auf den Würck-Stuhl spannet, gebrauchet wird, ist sehr bequem, und wird durch einen kleinen Esel herum getrieben. Abends um 10 Uhr brachen wir bey schönen Mond=Schein wie der auf, und gelangten den 28 Jul. Früh um 8. Uhr nach Narbonne. Der Ertzbischof, an dem uns Mr: de Ramsay Briefe mitgegeben, war abwehsend, und konten wir also wei- ter nichts thun, als die hiesigen Merckwürdigkeiten in Augenschein nehmen. Es bestehen aber solche hauptsächl. aus Röml. Lapidibus und inscriptionen, welche hin und wieder in der Stadt gefunden worden, und gröstentheils in

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/391>, abgerufen am 21.11.2024.