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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Den 27 May.

Gegen Tafel Zeit wurden Illustrissimus von dem Marquis de Montbrun
besuchet, und referirete derselbe verschiedenes von dem noch
immer anhaltenden Betrübniß der Duchesse de la Tremoille,
sprach auch von der Italiänischen Reise, und bezeigte sich über-
haupt sehr freundlich und zuthätig. Nachmittags fuhren wir
nach Monsieur Rollin und Madame de Montbrun, weil aber beyde Schwäch-
ligkeit halben nicht zu sprechen waren, nach Monsieur de Ramsey,
welcher denn von dem Christianisme de l'esprit und du coeur
und deßen Unterschied verschiedenes sehr wohl discourirete,
hiernächst auch in ein und andern zeigte, daß man dem
Origenes in denen meisten Beschuldigungen zu viel gethan
und ihm Lehr-Sätze beygemeßen, die er niemals vertheidiget.
Er versicherte beyläuffig, daß es ihm eine wahre Recreation
sey, von dergleichen Sachen zu sprechen, und er es hingegen als
eine poenitentz ansähe, die in der großen Welt gewöhnliche
Conversations-Discourse von Bagatellen mit zu unterhalten.
Seine ins 3te Jahr gehende Tochter, welche ein schönes Kind
ist und nach dem bekanten bureau typographique zum lesen
angeführet wird, kante die auf kleine Blätter gemahlte
Buchstaben vollkommen, bezeigte sich auch sonst sehr artig.
Wie denn Zum Exempel als, bey einem sich zeigenden Anfang des
Eigensinns, der Vater die Ruthe in die Hand nahm, sie auf
Befehl ihre Händgen selbst hinreichte, aber auch so gnädig
und väterlich abgestraffet wurde, daß das Kind sich gleich
wider in guten humeur setzte, und der Zweck der Strafe
dennoch so fort erfolgte. Den Beschluß machte endlich eine
Spatzierfarth an Cour, woselbst wir auch abstiegen
und seitwärts unter denen schönen schattigten
Bäumen promenireten.
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Den 27 May.

Gegen Tafel Zeit wurden Illustrissimus von dem Marquis de Montbrun
besuchet, und referirete derselbe verschiedenes von dem noch
immer anhaltenden Betrübniß der Duchesse de la Tremoille,
sprach auch von der Italiänischen Reise, und bezeigte sich über-
haupt sehr freundlich und zuthätig. Nachmittags fuhren wir
nach Monsieur Rollin und Madame de Montbrun, weil aber beyde Schwäch-
ligkeit halben nicht zu sprechen waren, nach Monsieur de Ramsey,
welcher denn von dem Christianisme de l'esprit und du coeur
und deßen Unterschied verschiedenes sehr wohl discourirete,
hiernächst auch in ein und andern zeigte, daß man dem
Origenes in denen meisten Beschuldigungen zu viel gethan
und ihm Lehr-Sätze beygemeßen, die er niemals vertheidiget.
Er versicherte beyläuffig, daß es ihm eine wahre Recreation
sey, von dergleichen Sachen zu sprechen, und er es hingegen als
eine poenitentz ansähe, die in der großen Welt gewöhnliche
Conversations-Discourse von Bagatellen mit zu unterhalten.
Seine ins 3te Jahr gehende Tochter, welche ein schönes Kind
ist und nach dem bekanten bureau typographique zum lesen
angeführet wird, kante die auf kleine Blätter gemahlte
Buchstaben vollkommen, bezeigte sich auch sonst sehr artig.
Wie denn Zum Exempel als, bey einem sich zeigenden Anfang des
Eigensinns, der Vater die Ruthe in die Hand nahm, sie auf
Befehl ihre Händgen selbst hinreichte, aber auch so gnädig
und väterlich abgestraffet wurde, daß das Kind sich gleich
wider in guten humeur setzte, und der Zweck der Strafe
dennoch so fort erfolgte. Den Beschluß machte endlich eine
Spatzierfarth an Cour, woselbst wir auch abstiegen
und seitwärts unter denen schönen schattigten
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[0319] Den 27 May. Gegen Tafel Zeit wurden Illmus von dem Marquis de Montbrun besuchet, und referirete derselbe verschiedenes von dem noch immer anhaltenden Betrübniß der Duchesse de la Tremoille, sprach auch von der Italiänischen Reise, und bezeigte sich über- haupt sehr freundlich und zuthätig. Nachmittags fuhren wir nach Mr. Rollin und Mad. de Montbrun, weil aber beyde Schwäch- ligkeit halben nicht zu sprechen waren, nach Mr. de Ramsey, welcher denn von dem Christianisme de l'esprit und du coeur und deßen Unterschied verschiedenes sehr wohl discourirete, hiernächst auch in ein und andern zeigte, daß man dem Origenes in denen meisten Beschuldigungen zu viel gethan und ihm Lehr-Sätze beygemeßen, die er niemals vertheidiget. Er versicherte beyläuffig, daß es ihm eine wahre Recreation sey, von dergl: Sachen zu sprechen, und er es hingegen als eine poenitentz ansähe, die in der großen Welt gewöhnliche Conversations-Discourse von Bagatellen mit zu unterhalten. Seine ins 3te Jahr gehende Tochter, welche ein schönes Kind ist und nach dem bekanten bureau typographique zum lesen angeführet wird, kante die auf kleine Blätter gemahlte Buchstaben vollkommen, bezeigte sich auch sonst sehr artig. Wie denn Z.E. als, bey einem sich zeigenden Anfang des Eigensinns, der Vater die Ruthe in die Hand nahm, sie auf Befehl ihre Händgen selbst hinreichte, aber auch so gnädig und väterlich abgestraffet wurde, daß das Kind sich gleich wider in guten humeur setzte, und der Zweck der Strafe dennoch so fort erfolgte. Den Beschluß machte endlich eine Spatzierfarth an Cour, woselbst wir auch abstiegen und seitwärts unter denen schönen schattigten Bäumen promenireten. /

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/319>, abgerufen am 21.11.2024.