Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

Bild:
<< vorherige Seite

Sonst wurde von denen Seelen der Thiere pro und contra raisoniret,
und von jemand davor gehalten, daß solche von denen menschlichen Seelen
ihrer innern Beschaffenheit nach gantz und gar nicht unterschieden,
sondern nur mit unvollkommenen organis versehen, und bloß aus
dieser Ursache nicht im Stande wären, eben das zu praestiren,
was eine menschliche Seele vermögte. Endlich ist nicht zu vergeßen
was wir heute zufälliger Weise erfahren, daß nehmlich der Cardinal
Fleuri
seinen Cardinals-Hut dem Cardinal Polignac bloß eintzig
und allein zu dancken habe. Denn als dieser letztere in Rom ge-
wesen und ordre vom König bekommen, die Cardinals-Würde vor ge-
dachten Ministre zu sollicitiren, hat Pabst Benedictus XIII es schlech=
terdings mit diesen Worten abgeschlagen: je ne l'aime pas, ne
m'en parlez plus. Als darauf der Cardinal Polignac beweglich
vorgestellet, wie sein gantzer Credit an seinem Hofe darauf
beruhe, und man nothwendig dencken würde, er stehe bey Ihro
Päbstlichen Heiligkeit in schlechter Consideration, bey welchen Worten er
dem Pabst zu Füße gefallen, und immer auf der Erden liegen
blieben; so habe dieser letztere bis auf folgenden Tag Bedenck Zeit
genommen, und als sodann der Cardinal wieder zu ihm kommen, sich
endlich dahin erkläret, daß er bloß aus Liebe und Aestim vor ihn, sich
überwinden, und seiner Bitte gewähren wolle.

Den 6 May

Früh erhielten wir durch unsern von Pontoise zurück kommenden Do-
mestiquen
die Nachricht, daß Monsieur de Ramsay verwichene Nacht wieder
einen sehr harten Zufall gehabt, und man ihn mit denen Sacramen-
ten versehen. Madame de Ramsay schrieb davon folgendes: le dernier
paroxisme, qui dura cinq heures de suite, pensa L'etousser tout a fait
et terminer sa vie dans l'agonie la plus terrible. Il conserva pour
tant la presence d'esprit pendant tout le tems du combat, et fit
voir une fermete d'ame surprenante. Dabey bedanckte sie sich in
denen obligeantesten terminis vor unsre attention. Sonst hatten
wir auch gegen Mittag von dem praeceptor des prince de Turenne
Abbe Coyer Visite, um uns aus einem vor 1/4 Stunde aufs neue
eingelauffenen Briefe die Nachricht zu übrbringen, daß Monsieur Ramsey
außer Lebens-Gefahr sey, und man ihn in wenig Tagen, um
die medicinische Hülfe desto näher zu haben, hieher transporti-
ren werde. Nachmittags besuchten uns der Graf Knuth nebst
seinem Hofmeister worauf wir, weil die Marquise de Montbrun
sowol, als der Duc de Gesvres nicht zu Hause angetroffen wur-
den, den Überrest der Zeit beym Monsieur de Ferrus und
endlich auf der prommenade aux Tuileries zu-
brachten.

Sonst wurde von denen Seelen der Thiere pro und contra raisoniret,
und von jemand davor gehalten, daß solche von denen menschlichen Seelen
ihrer innern Beschaffenheit nach gantz und gar nicht unterschieden,
sondern nur mit unvollkommenen organis versehen, und bloß aus
dieser Ursache nicht im Stande wären, eben das zu praestiren,
was eine menschliche Seele vermögte. Endlich ist nicht zu vergeßen
was wir heute zufälliger Weise erfahren, daß nehmlich der Cardinal
Fleuri
seinen Cardinals-Hut dem Cardinal Polignac bloß eintzig
und allein zu dancken habe. Denn als dieser letztere in Rom ge-
wesen und ordre vom König bekommen, die Cardinals-Würde vor ge-
dachten Ministre zu sollicitiren, hat Pabst Benedictus XIII es schlech=
terdings mit diesen Worten abgeschlagen: je ne l’aime pas, ne
m’en parlez plus. Als darauf der Cardinal Polignac beweglich
vorgestellet, wie sein gantzer Credit an seinem Hofe darauf
beruhe, und man nothwendig dencken würde, er stehe bey Ihro
Päbstlichen Heiligkeit in schlechter Consideration, bey welchen Worten er
dem Pabst zu Füße gefallen, und immer auf der Erden liegen
blieben; so habe dieser letztere bis auf folgenden Tag Bedenck Zeit
genommen, und als sodann der Cardinal wieder zu ihm kommen, sich
endlich dahin erkläret, daß er bloß aus Liebe und Aestim vor ihn, sich
überwinden, und seiner Bitte gewähren wolle.

Den 6 May

Früh erhielten wir durch unsern von Pontoise zurück kommenden Do-
mestiquen
die Nachricht, daß Monsieur de Ramsay verwichene Nacht wieder
einen sehr harten Zufall gehabt, und man ihn mit denen Sacramen-
ten versehen. Madame de Ramsay schrieb davon folgendes: le dernier
paroxisme, qui dura cinq heures de suite, pensa L’etousser tout a fait
et terminer sa vie dans l’agonie la plus terrible. Il conserva pour
tant la presence d’esprit pendant tout le tems du combat, et fit
voir une fermeté d’ame surprenante. Dabey bedanckte sie sich in
denen obligeantesten terminis vor unsre attention. Sonst hatten
wir auch gegen Mittag von dem praeceptor des prince de Turenne
Abbé Coyer Visite, um uns aus einem vor ¼ Stunde aufs neue
eingelauffenen Briefe die Nachricht zu übrbringen, daß Monsieur Ramsey
außer Lebens-Gefahr sey, und man ihn in wenig Tagen, um
die medicinische Hülfe desto näher zu haben, hieher transporti-
ren werde. Nachmittags besuchten uns der Graf Knuth nebst
seinem Hofmeister worauf wir, weil die Marquise de Montbrun
sowol, als der Duc de Gesvres nicht zu Hause angetroffen wur-
den, den Überrest der Zeit beym Monsieur de Ferrus und
endlich auf der prommenade aux Tuileries zu-
brachten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter">
        <div type="diaryEntry">
          <p><pb facs="#f0293"/>
Sonst wurde von denen Seelen der Thiere pro <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> contra raisoniret,<lb/>
und von jemand davor gehalten, daß solche von denen <choice><abbr>menschl:<hi rendition="#sup">n</hi></abbr><expan>menschlichen</expan></choice> Seele<unclear reason="covered">n</unclear><lb/>
ihrer innern Beschaffenheit nach gantz und gar nicht unterschieden,<lb/>
sondern nur mit unvollkommenen organis versehen, <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> bloß aus<lb/>
dieser Ursache nicht im Stande wären, eben das zu praestiren,<lb/>
was eine <choice><abbr>menschl:</abbr><expan>menschliche</expan></choice> Seele vermögte. <choice><abbr>Endl:</abbr><expan>Endlich</expan></choice> ist nicht zu vergeßen<lb/>
was wir heute zufälliger Weise erfahren, daß <choice><abbr>nehml:</abbr><expan>nehmlich</expan></choice> der <persName xml:id="TidB14375" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10303">Cardinal<lb/>
Fleuri</persName> seinen Cardinals-Hut dem <persName xml:id="TidB14376" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10141" ref="http://d-nb.info/gnd/119226987">Cardinal Polignac</persName> bloß eintzig<lb/><choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> allein zu dancken habe. Denn als dieser letztere in <placeName xml:id="TidB14377" corresp="register.xml#regID_66.lemID_10241">Rom</placeName> ge-<lb/>
wesen <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> ordre vom <persName xml:id="TidB14378" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10089" ref="http://d-nb.info/gnd/118729438">König</persName> bekommen, die Cardinals-Würde vor ge-<lb/>
dachten <persName xml:id="TidB14379" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10303">Ministre</persName> zu sollicitiren, hat <persName xml:id="TidB14380" corresp="register.xml#regID_37.lemID_12845">Pabst Benedictus XIII</persName> es schlec<unclear reason="covered">h=</unclear><lb/>
terdings mit diesen Worten abgeschlagen: je ne l&#x2019;aime pas, ne<lb/>
m&#x2019;en parlez plus. Als darauf der <persName xml:id="TidB14381" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10141" ref="http://d-nb.info/gnd/119226987">Cardinal Polignac</persName> <choice><abbr>bewegl:</abbr><expan>beweglich</expan></choice><lb/>
vorgestellet, wie sein gantzer Credit an seinem <name type="subjectIndexTerm" xml:id="TidB14382" corresp="register.xml#regID_502.lemID_10379">Hofe</name> darauf<lb/>
beruhe, <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> man nothwendig dencken würde, er stehe bey Ihro<lb/><choice><abbr>Päbstl:</abbr><expan>Päbstlichen</expan></choice> Heiligkeit in schlechter Consideration, bey welchen Worten er<lb/>
dem <persName xml:id="TidB14383" corresp="register.xml#regID_37.lemID_12845">Pabst</persName> zu Füße gefallen, <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> immer auf der Erden liegen<lb/>
blieben; so habe dieser letztere bis auf folgenden Tag Bedenck Zeit<lb/>
genommen, <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> als sodann der <persName xml:id="TidB14384" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10141" ref="http://d-nb.info/gnd/119226987">Cardinal</persName> wieder zu ihm kommen, sich<lb/><choice><abbr>endl:</abbr><expan>endlich</expan></choice> dahin erkläret, daß er bloß aus Liebe <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> Aestim vor ihn, sich<lb/>
überwinden, <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> seiner Bitte gewähren wolle.</p><lb/>
        </div>
        <div type="diaryEntry">
          <head rendition="#c">                   Den 6 May</head><lb/>
          <p>                Früh erhielten wir durch unsern von <placeName xml:id="TidB14388" corresp="register.xml#regID_66.lemID_10108">Pontoise</placeName> zurück kommenden <persName xml:id="TidB14387" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10116">Do-<lb/>
mestiquen</persName> die Nachricht, daß <persName xml:id="TidB14389" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10103" ref="http://d-nb.info/gnd/124053165"><choice><abbr>Mr.</abbr><expan>Monsieur</expan></choice> de Ramsay</persName> verwichene Nacht wieder<lb/>
einen sehr harten Zufall gehabt, <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> man ihn mit denen Sacrame<unclear reason="covered">n-</unclear><lb/>
ten versehen. <persName xml:id="TidB14390" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10105"><choice><abbr>Mad</abbr><expan>Madame</expan></choice> de Ramsay</persName> schrieb davon folgendes: le dernier<lb/>
paroxisme, qui dura cinq heures de suite, pensa L&#x2019;etousser tout a fait<lb/>
et terminer sa vie dans l&#x2019;agonie la plus terrible. Il conserva pour<lb/>
tant la presence d&#x2019;esprit pendant tout le tems du combat, et fit<lb/>
voir une fermeté d&#x2019;ame surprenante. Dabey bedanckte sie sich in<lb/>
denen obligeantesten terminis vor unsre attention. Sonst hatte<unclear reason="covered">n</unclear><lb/>
wir auch gegen Mittag von dem praeceptor des prince de Turenn<unclear reason="covered">e</unclear><lb/><persName xml:id="TidB14391" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10110">Abbé Coyer</persName> Visite, um uns aus einem vor ¼ Stunde aufs neu<unclear reason="covered">e</unclear><lb/>
eingelauffenen Briefe die Nachricht zu übrbringen, daß <persName xml:id="TidB14392" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10103" ref="http://d-nb.info/gnd/124053165"><choice><abbr>Mr.</abbr><expan>Monsieur</expan></choice> Rams<unclear reason="covered">ey</unclear></persName><lb/>
außer Lebens-Gefahr sey, <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> man ihn in wenig Tagen, um<lb/>
die medicinische Hülfe desto näher zu haben, hieher transporti-<lb/>
ren werde. Nachmittags besuchten uns der <persName xml:id="TidB14394" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10249">Graf Knuth</persName> nebs<unclear reason="covered">t</unclear><lb/>
seinem <persName xml:id="TidB14395" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10250"><choice><abbr>Hofm:,</abbr><expan>Hofmeister</expan></choice></persName> worauf wir, weil die <persName xml:id="TidB14396" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10011">Marquise de Montbrun</persName><lb/>
sowol, als der <persName xml:id="TidB14397" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10002" ref="http://d-nb.info/gnd/117732214">Duc de Gesvres</persName> nicht zu Hause angetroffen wu<unclear reason="covered">r-</unclear><lb/>
den, den Überrest der Zeit beym <persName xml:id="TidB14398" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10101"><choice><abbr>Mr.</abbr><expan>Monsieur</expan></choice> de Ferrus</persName> und<lb/>
endlich auf der prommenade aux <placeName xml:id="TidB14399" corresp="register.xml#regID_66.lemID_10099">Tuileries</placeName> zu-<lb/>
brachten.</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div type="letter">
</div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0293] Sonst wurde von denen Seelen der Thiere pro u. contra raisoniret, und von jemand davor gehalten, daß solche von denen menschl:n Seelen ihrer innern Beschaffenheit nach gantz und gar nicht unterschieden, sondern nur mit unvollkommenen organis versehen, u. bloß aus dieser Ursache nicht im Stande wären, eben das zu praestiren, was eine menschl: Seele vermögte. Endl: ist nicht zu vergeßen was wir heute zufälliger Weise erfahren, daß nehml: der Cardinal Fleuri seinen Cardinals-Hut dem Cardinal Polignac bloß eintzig u. allein zu dancken habe. Denn als dieser letztere in Rom ge- wesen u. ordre vom König bekommen, die Cardinals-Würde vor ge- dachten Ministre zu sollicitiren, hat Pabst Benedictus XIII es schlech= terdings mit diesen Worten abgeschlagen: je ne l’aime pas, ne m’en parlez plus. Als darauf der Cardinal Polignac bewegl: vorgestellet, wie sein gantzer Credit an seinem Hofe darauf beruhe, u. man nothwendig dencken würde, er stehe bey Ihro Päbstl: Heiligkeit in schlechter Consideration, bey welchen Worten er dem Pabst zu Füße gefallen, u. immer auf der Erden liegen blieben; so habe dieser letztere bis auf folgenden Tag Bedenck Zeit genommen, u. als sodann der Cardinal wieder zu ihm kommen, sich endl: dahin erkläret, daß er bloß aus Liebe u. Aestim vor ihn, sich überwinden, u. seiner Bitte gewähren wolle. Den 6 May Früh erhielten wir durch unsern von Pontoise zurück kommenden Do- mestiquen die Nachricht, daß Mr. de Ramsay verwichene Nacht wieder einen sehr harten Zufall gehabt, u. man ihn mit denen Sacramen- ten versehen. Mad de Ramsay schrieb davon folgendes: le dernier paroxisme, qui dura cinq heures de suite, pensa L’etousser tout a fait et terminer sa vie dans l’agonie la plus terrible. Il conserva pour tant la presence d’esprit pendant tout le tems du combat, et fit voir une fermeté d’ame surprenante. Dabey bedanckte sie sich in denen obligeantesten terminis vor unsre attention. Sonst hatten wir auch gegen Mittag von dem praeceptor des prince de Turenne Abbé Coyer Visite, um uns aus einem vor ¼ Stunde aufs neue eingelauffenen Briefe die Nachricht zu übrbringen, daß Mr. Ramsey außer Lebens-Gefahr sey, u. man ihn in wenig Tagen, um die medicinische Hülfe desto näher zu haben, hieher transporti- ren werde. Nachmittags besuchten uns der Graf Knuth nebst seinem Hofm:, worauf wir, weil die Marquise de Montbrun sowol, als der Duc de Gesvres nicht zu Hause angetroffen wur- den, den Überrest der Zeit beym Mr. de Ferrus und endlich auf der prommenade aux Tuileries zu- brachten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/293
Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/293>, abgerufen am 14.08.2024.