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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Canal, und 8 Fontainen, welche die materie des Waßers ordentlich
und sehr starck von sich geben, auch ist an parterres, allees
und berceaux kein Mangel. 6.) Der Pallast Minervae, wel-
cher auf lauter sehr natürlich gemachten hellen Wolcken ruhet,
und aus einer 4fachen Colonnade von Corinthischen Säulen be-
stehet, die wie durchsichtiger Jaspis zugerichtet, und in denen
Zwischen-Räumen die vortreflichsten Statuen einrangiret sind,
so, daß man bey diesem Objecto der überirdischen Dinge sich zu
erinnern, einigermaßen Gelegenheit nehmen kan. Von hier
fuhren wir noch nach dem Duc de Gesvres woselbst obgedachte Dames
und hiernächst der Comte de Manrepas Ministre d'Etat pour
la Marine und Chevalier du Saint Esprit, item Monseigneur de Turgot
sich einfanden, und über die Servandonischen Machinen ein
langes und breites raisonirten. Auch wurde uns die Befreyung
der Comtesse de Nogent aus ihrem bisherigen Kloster-Arrest be-
kant gemacht.

Den 25 Martii

Früh um 11 Uhr besuchte uns der prince de Turenne mt Monsieur de
Ramsey, und sagten, daß sie mit Fleiß diese ungewöhnliche Vi-
siten-Stunde erwehlet, um uns einmal gewiß zu Hause
zu finden, weil ihnen an Fortsetzung der Bekanntschaft gelegen,
und ihn, dem Monsieur de Ramsey, sonderlich das Hertz zu uns trüge,
ihm auch die dreißeitigen educations-principia wohl gefielen,
und denen seinigen gemäß wären. Der Printz wurde mit
Besichtigung unsrer hier acquirirten Kupfer-Stiche amusiret,
Monsieur de Ramsey aber ersuchet, über die bekannte Beschuldigung,
daß Fenelon zwar revociret, nichts destoweniger aber, die
revocirten Sentimens im Hertzen behalten habe, uns eine
Erläuterung zu geben, worinn er uns dem folgender-
maßen contentirte. Er habe vor seine Person sich eben
diesen Scrupel gemacht, sich aber die Freyheit genommen, den
Monsieur Fenelon, als er noch bey ihm gewesen, selbst darüber
zu fragen. Als einem damaligen jungen Menschen sey
er ihm zwar schwehr ankommen, und habe er mit vielen
Umschweiffen dem venerablen Mann zu verstehen gegeben,
daß ihn deßen Unterricht und täglicher Umgang zwar aus dem
indifferentismo gerißen, und er ihn vor seinen geistlichen Va-
ter halte, eben deswegen aber um so vielmehr durch einen
gewißen Anstoß an seinem Wandel beunruhiget werde.
Monsieur Fenelon habe darauf mit der grösten Liebe zu ihm gesaget:
parlez hardiment, mon enfant, und ihn dadurch veranlaßet,
seinen Scrupel ihm offenhertzig zu entdecken und mit diesen
Worten zu beschließen: bref Monseigneur, je vous accuse dans

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Canal, und 8 Fontainen, welche die materie des Waßers ordentlich
und sehr starck von sich geben, auch ist an parterrès, alleés
und berceaux kein Mangel. 6.) Der Pallast Minervae, wel-
cher auf lauter sehr natürlich gemachten hellen Wolcken ruhet,
und aus einer 4fachen Colonnade von Corinthischen Säulen be-
stehet, die wie durchsichtiger Jaspis zugerichtet, und in denen
Zwischen-Räumen die vortreflichsten Statuen einrangiret sind,
so, daß man bey diesem Objecto der überirdischen Dinge sich zu
erinnern, einigermaßen Gelegenheit nehmen kan. Von hier
fuhren wir noch nach dem Duc de Gesvres woselbst obgedachte Dames
und hiernächst der Comte de Manrepas Ministre d’Etat pour
la Marine und Chevalier du Saint Esprit, item Monseigneur de Turgot
sich einfanden, und über die Servandonischen Machinen ein
langes und breites raisonirten. Auch wurde uns die Befreyung
der Comtesse de Nogent aus ihrem bisherigen Kloster-Arrest be-
kant gemacht.

Den 25 Martii

Früh um 11 Uhr besuchte uns der prince de Turenne mt Monsieur de
Ramsey, und sagten, daß sie mit Fleiß diese ungewöhnliche Vi-
siten-Stunde erwehlet, um uns einmal gewiß zu Hause
zu finden, weil ihnen an Fortsetzung der Bekanntschaft gelegen,
und ihn, dem Monsieur de Ramsey, sonderlich das Hertz zu uns trüge,
ihm auch die dreißeitigen educations-principia wohl gefielen,
und denen seinigen gemäß wären. Der Printz wurde mit
Besichtigung unsrer hier acquirirten Kupfer-Stiche amusiret,
Monsieur de Ramsey aber ersuchet, über die bekannte Beschuldigung,
daß Fenelon zwar revociret, nichts destoweniger aber, die
revocirten Sentimens im Hertzen behalten habe, uns eine
Erläuterung zu geben, worinn er uns dem folgender-
maßen contentirte. Er habe vor seine Person sich eben
diesen Scrupel gemacht, sich aber die Freyheit genommen, den
Monsieur Fenelon, als er noch bey ihm gewesen, selbst darüber
zu fragen. Als einem damaligen jungen Menschen sey
er ihm zwar schwehr ankommen, und habe er mit vielen
Umschweiffen dem venerablen Mann zu verstehen gegeben,
daß ihn deßen Unterricht und täglicher Umgang zwar aus dem
indifferentismo gerißen, und er ihn vor seinen geistlichen Va-
ter halte, eben deswegen aber um so vielmehr durch einen
gewißen Anstoß an seinem Wandel beunruhiget werde.
Monsieur Fenelon habe darauf mit der grösten Liebe zu ihm gesaget:
parlez hardiment, mon enfant, und ihn dadurch veranlaßet,
seinen Scrupel ihm offenhertzig zu entdecken und mit diesen
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[0222] 104 Canal, und 8 Fontainen, welche die materie des Waßers ordentlich und sehr starck von sich geben, auch ist an parterrès, alleés und berceaux kein Mangel. 6.) Der Pallast Minervae, wel- cher auf lauter sehr natürlich gemachten hellen Wolcken ruhet, und aus einer 4fachen Colonnade von Corinthischen Säulen be- stehet, die wie durchsichtiger Jaspis zugerichtet, und in denen Zwischen-Räumen die vortreflichsten Statuen einrangiret sind, so, daß man bey diesem Objecto der überirdischen Dinge sich zu erinnern, einigermaßen Gelegenheit nehmen kan. Von hier fuhren wir noch nach dem Duc de Gesvres woselbst obgedachte Dames und hiernächst der Comte de Manrepas Ministre d’Etat pour la Marine und Chevalier du St: Esprit, item Mors de Turgot sich einfanden, und über die Servandonischen Machinen ein langes und breites raisonirten. Auch wurde uns die Befreyung der Comtesse de Nogent aus ihrem bisherigen Kloster-Arrest be- kant gemacht. Den 25 Mart: Früh um 11 Uhr besuchte uns der prince de Turenne mt Mr. de Ramsey, und sagten, daß sie mit Fleiß diese ungewöhnliche Vi- siten-Stunde erwehlet, um uns einmal gewiß zu Hause zu finden, weil ihnen an Fortsetzung der Bekanntschaft gelegen, und ihn, dem Mr de Ramsey, sonderlich das Hertz zu uns trüge, ihm auch die dreißeitigen educations-principia wohl gefielen, und denen seinigen gemäß wären. Der Printz wurde mit Besichtigung unsrer hier acquirirten Kupfer-Stiche amusiret, Mr. de Ramsey aber ersuchet, über die bekannte Beschuldigung, daß Fenelon zwar revociret, nichts destoweniger aber, die revocirten Sentimens im Hertzen behalten habe, uns eine Erläuterung zu geben, worinn er uns dem folgender- maßen contentirte. Er habe vor seine Person sich eben diesen Scrupel gemacht, sich aber die Freyheit genommen, den Mr. Fenelon, als er noch bey ihm gewesen, selbst darüber zu fragen. Als einem damaligen jungen Menschen sey er ihm zwar schwehr ankommen, und habe er mit vielen Umschweiffen dem venerablen Mann zu verstehen gegeben, daß ihn deßen Unterricht und tägl:r Umgang zwar aus dem indifferentismo gerißen, und er ihn vor seinen geistl: Va- ter halte, eben deswegen aber um so vielmehr durch einen gewißen Anstoß an seinem Wandel beunruhiget werde. Mr. Fenelon habe darauf mit der grösten Liebe zu ihm gesaget: parlez hardiment, mon enfant, und ihn dadurch veranlaßet, seinen Scrupel ihm offenhertzig zu entdecken und mit diesen Worten zu beschließen: bref Monseigneur, je vous accuse dans

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/222>, abgerufen am 21.11.2024.