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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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um so leichter werde. Bey dem Besuch des ehemals gedachten Monsieur
Milhonneau
hatte man Gelgegenheit von allen Umständen, wel-
che die disgrace des Grafen von Hoyhm verursachet, gantz
Specialen Unterricht einzuehmen, davon sich hier nur über-
haupt so viel melden läst, daß Monsieur Milhonneau, der aufs genauste
mit ihm bekant gewesen, ihn vor unschuldig halte. Nachmittags
besahen wir en passant die gantz neu erbauete Kirche derer
petites Peres
, welche in dem Gusto einer noblen simplicite
ist und noch zur Zeit weiter nichts merckwürdiges in
sich faßet, als die Begräbniß-Capelle des bekannten Samuel
Bernard
, deren Altar von sehr kostbaren bunten Marmor,
die Wände aber zu beyden Seiten mit sehr sauberer Boiserie,
und der Eingang mit einer schönen Grille versehen ist.
Im übrigen war der gantze heutige Conversations-Cours
nach der Marquise de Montbrun, nach dem prince Cantimir,
nach dem Duc de Bouillon, nach dem Duc de Tremouille
und nach dem Graf Tessin vergeblich, weil die erste nicht
sprechbar, von den andern allen aber Niemand zu Hau-
se war.

Den 9 Martii

Heute hatten wir den Abbe de Ferrus zu Gaste und pro-
fitirten von seiner Conversation. Bey Gelegenheit der
ehemaligen Horbianischen Streitigkeiten in Hamburg, wel-
che über Poirets Buch von Erziehung der Kinder entstanden,
musten wir ihm, auf sein Verlangen, von dem sogenannten
pietismo einen rechten Concept machen, und die kurtze
Historie alles deßen was von Speners Zeiten an, bis
ietzo disfals vorgegangen, ihm beybringen. Da er auch von
dem in unsrer Kirche hin und wieder üblichen Religions-
Eid auf die libros Symbolicos gehöret oder gelesen, musten
wir auch von dieser materie ihm den eigentlichen Begrif
und mannigfaltige Erläuterung geben, und sonderlich zei-
gen, daß nichts destoweniger die Heilige Schrift die eintzige
Glaubens-Richtschnur unsrer Kirche bleibe, und was etwan
von einer norma secundaria gesagt oder geschrieben
werde, nur als eine privat-Meinung einiger indiscreten
theologorum keineswegs aber als eine Lehre unßrer
Kirche anzusehen sey. Von politischen materica kamen
folgende auf die letzte promotion derer Marechaux de
France gemachten Verse vor, daraus abzunehmen, wie

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um so leichter werde. Bey dem Besuch des ehemals gedachten Monsieur
Milhonneau
hatte man Gelgegenheit von allen Umständen, wel-
che die disgrace des Grafen von Hoyhm verursachet, gantz
Specialen Unterricht einzuehmen, davon sich hier nur über-
haupt so viel melden läst, daß Monsieur Milhonneau, der aufs genauste
mit ihm bekant gewesen, ihn vor unschuldig halte. Nachmittags
besahen wir en passant die gantz neu erbauete Kirche derer
petites Péres
, welche in dem Gusto einer noblen simplicité
ist und noch zur Zeit weiter nichts merckwürdiges in
sich faßet, als die Begräbniß-Capelle des bekannten Samuel
Bernard
, deren Altar von sehr kostbaren bunten Marmor,
die Wände aber zu beyden Seiten mit sehr sauberer Boiserie,
und der Eingang mit einer schönen Grille versehen ist.
Im übrigen war der gantze heutige Conversations-Cours
nach der Marquise de Montbrun, nach dem prince Cantimir,
nach dem Duc de Bouillon, nach dem Duc de Tremouille
und nach dem Graf Tessin vergeblich, weil die erste nicht
sprechbar, von den andern allen aber Niemand zu Hau-
se war.

Den 9 Martii

Heute hatten wir den Abbé de Ferrus zu Gaste und pro-
fitirten von seiner Conversation. Bey Gelegenheit der
ehemaligen Horbianischen Streitigkeiten in Hamburg, wel-
che über Poirets Buch von Erziehung der Kinder entstanden,
musten wir ihm, auf sein Verlangen, von dem sogenannten
pietismo einen rechten Concept machen, und die kurtze
Historie alles deßen was von Speners Zeiten an, bis
ietzo disfals vorgegangen, ihm beybringen. Da er auch von
dem in unsrer Kirche hin und wieder üblichen Religions-
Eid auf die libros Symbolicos gehöret oder gelesen, musten
wir auch von dieser materie ihm den eigentlichen Begrif
und mannigfaltige Erläuterung geben, und sonderlich zei-
gen, daß nichts destoweniger die Heilige Schrift die eintzige
Glaubens-Richtschnur unsrer Kirche bleibe, und was etwan
von einer norma secundaria gesagt oder geschrieben
werde, nur als eine privat-Meinung einiger indiscreten
theologorum keineswegs aber als eine Lehre unßrer
Kirche anzusehen sey. Von politischen materica kamen
folgende auf die letzte promotion derer Marechaux de
France gemachten Verse vor, daraus abzunehmen, wie

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[0198] 92 um so leichter werde. Bey dem Besuch des ehemals gedachten Mr. Milhonneau hatte man Gelgegenheit von allen Umständen, wel- che die disgrace des Grafen von Hoym verursachet, gantz Specialen Unterricht einzuehmen, davon sich hier nur über- haupt so viel melden läst, daß Mr. Milhonneau, der aufs genauste mit ihm bekant gewesen, ihn vor unschuldig halte. Nachmittags besahen wir en passant die gantz neu erbauete Kirche derer petits Péres, welche in dem Gusto einer noblen simplicité ist und noch zur Zeit weiter nichts merckwürdiges in sich faßet, als die Begräbniß-Capelle des bekannten Samuel Bernard, deren Altar von sehr kostbaren bunten Marmor, die Wände aber zu beyden Seiten mit sehr sauberer Boiserie, und der Eingang mit einer schönen Grille versehen ist. Im übrigen war der gantze heutige Conversations-Cours nach der Marquise de Montbrun, nach dem prince Cantimir, nach dem Duc de Bouillon, nach dem Duc de Tremouille und nach dem Graf Tessin vergeblich, weil die erste nicht sprechbar, von den andern allen aber Niemand zu Hau- se war. Den 9 Mart: Heute hatten wir den Abbé de Ferrus zu Gaste und pro- fitirten von seiner Conversation. Bey Gelegenheit der ehemaligen Horbianischen Streitigkeiten in Hamburg, wel- che über Poirets Buch von Erziehung der Kinder entstanden, musten wir ihm, auf sein Verlangen, von dem sogenannten pietismo einen rechten Concept machen, und die kurtze Historie alles deßen was von Speners Zeiten an, bis ietzo disfals vorgegangen, ihm beybringen. Da er auch von dem in unsrer Kirche hin und wieder üblichen Religions- Eid auf die libros Symbolicos gehöret oder gelesen, musten wir auch von dieser materie ihm den eigentlichen Begrif und mannigfaltige Erläuterung geben, und sonderlich zei- gen, daß nichts destoweniger die Heil: Schrift die eintzige Glaubens-Richtschnur unsrer Kirche bleibe, und was etwan von einer norma secundaria gesagt oder geschrieben werde, nur als eine privat-Meinung einiger indiscreten theologorum keineswegs aber als eine Lehre unßrer Kirche anzusehen sey. Von politischen materica kamen folgende auf die letzte promotion derer Marechaux de France gemachten Verse vor, daraus abzunehmen,

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/198>, abgerufen am 21.11.2024.