Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].60 der frantzösischen Domestiquen führete er den Comte de Belisle an, dervon einem solchen Intendant gantz horrible betrogen worden, ohn- erachtet, er nach dem Ausspruch des Grafen von Sachsen, clair vogant et fin sey comme un diable. Es habe nehml: dieser Bediente seinem Sohn eine Charge gekauft und seine Tochter mit 50000 [unleserliches Material]Ecus ausgestattet. Als ihn nun der Comte de Belisle deswegen zur Rede gesetzet und dahin angehalten, daß er die Quelle seines Reichthums offenbahren solle, sey es endlich heraus gekommen, daß er sonderlich bey der letzten Campagne in Teutschland alle Presente die seinem Herrn von Freund und Feind in die Küche geschicket worden, als gekauft angesetzet habe. Nachmittags fuhren wir vergeblich zum Comte de Chabane, dem Holländischen Ambassadeur und dem Dähnischen Minister, beschloßen also diesen Tag mit dem Besuch der Marquise de Montbrun, mit welcher wir zwar, ihrer Schwachheit halben, wenig sprachen, uns aber doch mit der gleichfals gegenwärtigen Duchesse de la Tremouille, ihren Bruder dem Duc de Bouillon u. deßen Sohn dem prince de Turenne, die alle nebst dem Mar- quis ums Bette herum saßen, entreteniren konnten Den 20 Januar Mittags hatten wir den Abbe de Ferrus zu Gaste, und 60 der frantzösischen Domestiquen führete er den Comte de Belisle an, dervon einem solchen Intendant gantz horrible betrogen worden, ohn- erachtet, er nach dem Ausspruch des Grafen von Sachsen, clair vogant et fin sey comme un diable. Es habe nehml: dieser Bediente seinem Sohn eine Charge gekauft und seine Tochter mit 50000 [unleserliches Material]Ecus ausgestattet. Als ihn nun der Comte de Belisle deswegen zur Rede gesetzet und dahin angehalten, daß er die Quelle seines Reichthums offenbahren solle, sey es endlich heraus gekommen, daß er sonderlich bey der letzten Campagne in Teutschland alle Presente die seinem Herrn von Freund und Feind in die Küche geschicket worden, als gekauft angesetzet habe. Nachmittags fuhren wir vergeblich zum Comte de Chabane, dem Holländischen Ambassadeur und dem Dähnischen Minister, beschloßen also diesen Tag mit dem Besuch der Marquise de Montbrun, mit welcher wir zwar, ihrer Schwachheit halben, wenig sprachen, uns aber doch mit der gleichfals gegenwärtigen Duchesse de la Tremouille, ihren Bruder dem Duc de Bouillon u. deßen Sohn dem prince de Turenne, die alle nebst dem Mar- quis ums Bette herum saßen, entreteniren konnten Den 20 Januar Mittags hatten wir den Abbé de Ferrus zu Gaste, und <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0130"/><fw type="folNum" place="top">60</fw><lb/> der <choice><abbr>frantzöl:</abbr><expan>frantzösischen</expan></choice> Domestiquen führete er den <persName xml:id="TidB11638" corresp="register.xml#regID_37.lemID_12277">Comte de Belisle</persName> an, der<lb/> von einem solchen Intendant gantz horrible betrogen worden, ohn-<lb/> erachtet, er nach dem Ausspruch des <persName xml:id="TidB11639" corresp="register.xml#regID_37.lemID_12497" ref="http://d-nb.info/gnd/118584146">Grafen von Sachsen</persName>, clair vogant<lb/> et fin sey comme un diable. 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der frantzöl: Domestiquen führete er den Comte de Belisle an, der
von einem solchen Intendant gantz horrible betrogen worden, ohn-
erachtet, er nach dem Ausspruch des Grafen von Sachsen, clair vogant
et fin sey comme un diable. Es habe nehml: dieser Bediente seinem
Sohn eine Charge gekauft und seine Tochter mit 50000 Ecus
ausgestattet. Als ihn nun der Comte de Belisle deswegen
zur Rede gesetzet und dahin angehalten, daß er die Quelle
seines Reichthums offenbahren solle, sey es endl: heraus gekommen,
daß er sonderl. bey der letzten Campagne in Teutschland alle
Presente die seinem Herrn von Freund u. Feind in die Küche
geschicket worden, als gekauft angesetzet habe. Nachmittags
fuhren wir vergebl: zum Comte de Chabane, dem Holländl:
Ambassadeur und dem Dähnischen Minister, beschloßen also diesen
Tag mit dem Besuch der Marquise de Montbrun, mit welcher
wir zwar, ihrer Schwachheit halben, wenig sprachen, uns
aber doch mit der gleichfals gegenwärtigen Duchesse de
la Tremouille, ihren Bruder dem Duc de Bouillon u. deßen
Sohn dem prince de Turenne, die alle nebst dem Mar-
quis ums Bette herum saßen, entreteniren konnten
Den 20 Jan:
Mittags hatten wir den Abbé de Ferrus zu Gaste, und
fuhren gegen Abend mit demselben zur Mademoiselle
Pasant, woselbst meistentheils von Materien aus der
Kirchen= u. politschen Historie discouriret, von dort aus
aber die Mad: de Montbrun noch von uns besuchet wur-
de. Sie war mit ihrem Herrn gantz allein u. befand
sich etwas beßer, welches denn veranlaßete, daß wir,
um dem Marquis die Zeit zu verkürtzen, über 2
Stunden uns vor dem Bette aufhalten musten, indessen waren
die Discourse von lauter Familien-Sachen, von der Be-
schaffenheit des OberGraitzil: Schloßes, vom Heyrathen und
künftigen Etablissement pp doch ließ die krancke Marquise
bey Gelegenheit gegenn Illmum einfließen: je compte
beaucoup sur vos bonnes moeurs et j’espere que vous
vous ferez encore catholique.
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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