Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Gessner, Christian Friedrich]: Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 1. Leipzig, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

von Erfindung der edlen Buchdruckerkunst.
feste begangenhat, und 1740. g. G. wiederum eines be-
gehen wird. Es hat auch die Sache seine gute Rich-
tigkeit. Jndem man ja nicht fraget wenn die Er-
findung würcklich zu Stande gebracht, sondern in
welchem Jahr man darauf zu dencken angefangen
und Gelegenheit darzu bekommen hat. Dahero ist
es auch billig, daß man Harlem, und Straßburg nicht
gäntzlich aller Ehre beraube, weil doch jenes Gelegen-
heit darzu gegeben hat, in diesem aber Guttenberg ge-
bohren worden ist, und daselbst auf den Einfall gekom-
men seyn mag. Mayntz hingegen gebühret der Ruhm,
daß die Erfindung daselbst zu ihrer Reife gelanget ist,
woselbst man ehedessen noch einige von den ersten
Buchstaben aufbehalten hat, wie dieses Siegmund
von Bircken berichtet. (x)

§. 15.

Und hiemit werde ich meinen Entwurf von
Erfindung der Buchdruckerkunst endigen, und einen
jeden die Freyheit gerne gönnen, diejenige Meynung
vor wahr anzunehmen, welche ihm mit den besten
Beweißgründen unterstützt zu seyn scheinet. Jch

hät-
(x) Jn seinem Oesterreichischen Ehrenspiegel p. 527. Sie
begunten erstlich, schreibt er daselbst, höltzerne, bley-
erne und zinnerne Buchstaben in die Mitte gelöchert, zu-
schnitzen und zu giesen, welche man mit einem Drath an
einander steckte, und also aus vielen Buchstaben eine Zei-
le und aus vielen Zeilen eine Forme zusammen setzte. Auf
solche Weise ward erstlich die grobe lateinische Schrift
verfertiget, welche dannenhero Antiqva (die alte) heißt,
und werden dergleichen alte gelöcherte Buchstaben allda
zu Mayntz noch heutiges Tages den neuen Drucker Ge-
sellen, wenn sie das Postulat verschencken, zum sogenann-
ten Taufpfennig eingebunden. Welches auch Mallincrot
in seiner Diss. Hist. de ortu ae progressu Artis typopraphicae
C. VIII.
behauptet.
D 4

von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt.
feſte begangenhat, und 1740. g. G. wiederum eines be-
gehen wird. Es hat auch die Sache ſeine gute Rich-
tigkeit. Jndem man ja nicht fraget wenn die Er-
findung wuͤrcklich zu Stande gebracht, ſondern in
welchem Jahr man darauf zu dencken angefangen
und Gelegenheit darzu bekommen hat. Dahero iſt
es auch billig, daß man Harlem, und Straßburg nicht
gaͤntzlich aller Ehre beraube, weil doch jenes Gelegen-
heit darzu gegeben hat, in dieſem aber Guttenberg ge-
bohren worden iſt, und daſelbſt auf den Einfall gekom-
men ſeyn mag. Mayntz hingegen gebuͤhret der Ruhm,
daß die Erfindung daſelbſt zu ihrer Reife gelanget iſt,
woſelbſt man ehedeſſen noch einige von den erſten
Buchſtaben aufbehalten hat, wie dieſes Siegmund
von Bircken berichtet. (x)

§. 15.

Und hiemit werde ich meinen Entwurf von
Erfindung der Buchdruckerkunſt endigen, und einen
jeden die Freyheit gerne goͤnnen, diejenige Meynung
vor wahr anzunehmen, welche ihm mit den beſten
Beweißgruͤnden unterſtuͤtzt zu ſeyn ſcheinet. Jch

haͤt-
(x) Jn ſeinem Oeſterreichiſchen Ehrenſpiegel p. 527. Sie
begunten erſtlich, ſchreibt er daſelbſt, hoͤltzerne, bley-
erne und zinnerne Buchſtaben in die Mitte geloͤchert, zu-
ſchnitzen und zu gieſen, welche man mit einem Drath an
einander ſteckte, und alſo aus vielen Buchſtaben eine Zei-
le und aus vielen Zeilen eine Forme zuſammen ſetzte. Auf
ſolche Weiſe ward erſtlich die grobe lateiniſche Schrift
verfertiget, welche dannenhero Antiqva (die alte) heißt,
und werden dergleichen alte geloͤcherte Buchſtaben allda
zu Mayntz noch heutiges Tages den neuen Drucker Ge-
ſellen, wenn ſie das Poſtulat verſchencken, zum ſogenann-
ten Taufpfennig eingebunden. Welches auch Mallincrot
in ſeiner Diſſ. Hiſt. de ortu ae progreſſu Artis typopraphicæ
C. VIII.
behauptet.
D 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0091" n="55"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von Erfindung der edlen Buchdruckerkun&#x017F;t.</hi></fw><lb/>
fe&#x017F;te begangenhat, und 1740. g. G. wiederum eines be-<lb/>
gehen wird. Es hat auch die Sache &#x017F;eine gute Rich-<lb/>
tigkeit. Jndem man ja nicht fraget wenn die Er-<lb/>
findung wu&#x0364;rcklich zu Stande gebracht, &#x017F;ondern in<lb/>
welchem Jahr man darauf zu dencken angefangen<lb/>
und Gelegenheit darzu bekommen hat. Dahero i&#x017F;t<lb/>
es auch billig, daß man Harlem, und Straßburg nicht<lb/>
ga&#x0364;ntzlich aller Ehre beraube, weil doch jenes Gelegen-<lb/>
heit darzu gegeben hat, in die&#x017F;em aber <hi rendition="#fr">Guttenberg</hi> ge-<lb/>
bohren worden i&#x017F;t, und da&#x017F;elb&#x017F;t auf den Einfall gekom-<lb/>
men &#x017F;eyn mag. Mayntz hingegen gebu&#x0364;hret der Ruhm,<lb/>
daß die Erfindung da&#x017F;elb&#x017F;t zu ihrer Reife gelanget i&#x017F;t,<lb/>
wo&#x017F;elb&#x017F;t man ehede&#x017F;&#x017F;en noch einige von den er&#x017F;ten<lb/>
Buch&#x017F;taben aufbehalten hat, wie die&#x017F;es <hi rendition="#fr">Siegmund</hi><lb/>
von <hi rendition="#fr">Bircken</hi> berichtet. <note place="foot" n="(x)">Jn &#x017F;einem Oe&#x017F;terreichi&#x017F;chen Ehren&#x017F;piegel <hi rendition="#aq">p.</hi> 527. Sie<lb/>
begunten er&#x017F;tlich, <hi rendition="#fr">&#x017F;chreibt er da&#x017F;elb&#x017F;t,</hi> ho&#x0364;ltzerne, bley-<lb/>
erne und zinnerne Buch&#x017F;taben in die Mitte gelo&#x0364;chert, zu-<lb/>
&#x017F;chnitzen und zu gie&#x017F;en, welche man mit einem Drath an<lb/>
einander &#x017F;teckte, und al&#x017F;o aus vielen Buch&#x017F;taben eine Zei-<lb/>
le und aus vielen Zeilen eine Forme zu&#x017F;ammen &#x017F;etzte. Auf<lb/>
&#x017F;olche Wei&#x017F;e ward er&#x017F;tlich die grobe lateini&#x017F;che <hi rendition="#fr">Schrift</hi><lb/>
verfertiget, welche dannenhero <hi rendition="#fr">Antiqva</hi> (die alte) heißt,<lb/>
und werden dergleichen alte gelo&#x0364;cherte Buch&#x017F;taben allda<lb/>
zu Mayntz noch heutiges Tages den neuen Drucker Ge-<lb/>
&#x017F;ellen, wenn &#x017F;ie das Po&#x017F;tulat ver&#x017F;chencken, zum &#x017F;ogenann-<lb/>
ten Taufpfennig eingebunden. Welches auch <hi rendition="#fr">Mallincrot</hi><lb/>
in &#x017F;einer <hi rendition="#aq">Di&#x017F;&#x017F;. Hi&#x017F;t. de ortu ae progre&#x017F;&#x017F;u Artis typopraphicæ<lb/>
C. VIII.</hi> behauptet.</note></p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 15.</head>
          <p>Und hiemit werde ich meinen Entwurf von<lb/>
Erfindung der Buchdruckerkun&#x017F;t endigen, und einen<lb/>
jeden die Freyheit gerne go&#x0364;nnen, diejenige Meynung<lb/>
vor wahr anzunehmen, welche ihm mit den be&#x017F;ten<lb/>
Beweißgru&#x0364;nden unter&#x017F;tu&#x0364;tzt zu &#x017F;eyn &#x017F;cheinet. Jch<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">D</hi> 4</fw><fw place="bottom" type="catch">ha&#x0364;t-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0091] von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. feſte begangenhat, und 1740. g. G. wiederum eines be- gehen wird. Es hat auch die Sache ſeine gute Rich- tigkeit. Jndem man ja nicht fraget wenn die Er- findung wuͤrcklich zu Stande gebracht, ſondern in welchem Jahr man darauf zu dencken angefangen und Gelegenheit darzu bekommen hat. Dahero iſt es auch billig, daß man Harlem, und Straßburg nicht gaͤntzlich aller Ehre beraube, weil doch jenes Gelegen- heit darzu gegeben hat, in dieſem aber Guttenberg ge- bohren worden iſt, und daſelbſt auf den Einfall gekom- men ſeyn mag. Mayntz hingegen gebuͤhret der Ruhm, daß die Erfindung daſelbſt zu ihrer Reife gelanget iſt, woſelbſt man ehedeſſen noch einige von den erſten Buchſtaben aufbehalten hat, wie dieſes Siegmund von Bircken berichtet. (x) §. 15. Und hiemit werde ich meinen Entwurf von Erfindung der Buchdruckerkunſt endigen, und einen jeden die Freyheit gerne goͤnnen, diejenige Meynung vor wahr anzunehmen, welche ihm mit den beſten Beweißgruͤnden unterſtuͤtzt zu ſeyn ſcheinet. Jch haͤt- (x) Jn ſeinem Oeſterreichiſchen Ehrenſpiegel p. 527. Sie begunten erſtlich, ſchreibt er daſelbſt, hoͤltzerne, bley- erne und zinnerne Buchſtaben in die Mitte geloͤchert, zu- ſchnitzen und zu gieſen, welche man mit einem Drath an einander ſteckte, und alſo aus vielen Buchſtaben eine Zei- le und aus vielen Zeilen eine Forme zuſammen ſetzte. Auf ſolche Weiſe ward erſtlich die grobe lateiniſche Schrift verfertiget, welche dannenhero Antiqva (die alte) heißt, und werden dergleichen alte geloͤcherte Buchſtaben allda zu Mayntz noch heutiges Tages den neuen Drucker Ge- ſellen, wenn ſie das Poſtulat verſchencken, zum ſogenann- ten Taufpfennig eingebunden. Welches auch Mallincrot in ſeiner Diſſ. Hiſt. de ortu ae progreſſu Artis typopraphicæ C. VIII. behauptet. D 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst01_1740/91
Zitationshilfe: [Gessner, Christian Friedrich]: Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 1. Leipzig, 1740, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst01_1740/91>, abgerufen am 21.11.2024.