Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite
X. Kapitel.
Vereinigte Saug- und Druckwerke.

§. 220.

Nebst den im vorigen Kapitel behandelten Saugpumpen gibt es noch Druckpumpen
(pompes refoulantes) und vereinigte Saug- und Druckpumpen (pompes mix-
tes
). Die Erklärung und statische Berechnung dieser Maschinen wurde bereits im II. Bande
umständlich behandelt. Druckwerke, bei welchen das Saugventil unmittelbar in dem
zu fördernden Wasser liegt, werden heut zu Tage nur sehr selten angelegt, indem sie den
Nachtheil haben, dass die im Wasser enthaltenen Unreinigkeiten durch das Ventil ange-
saugt und gemeinschaftlich mit dem Wasser durch die Steigröhre gefördert, hiebei aber
in kurzer Zeit die Liederung der Kolben und das Kolbenrohr abgenützt werden. Ist
aber eine solche Maschine mit einem Saugrohre verbunden, so fallen die schwerern im
Wasser befindlichen Körper, bevor sie an das Saugventil gelangen, wieder in den Fluss oder
Sumpf zurück, und es wird ein reineres Wasser gefördert. Wir wollen demnach in diesem
Kapitel bloss die Beschreibung und Berechnung der vereinigten Saug- und Druckwerke
behandeln, da ohnehin die gefundenen Formeln auch für einfache Druckwerke anzuwen-
den sind, wenn die Länge des Saugrohres = 0 gesetzt wird.

Vereinigte Saug- und Druckwerke werden vorzüglich in Städten gebraucht,
um das Wasser für die Bedürfnisse der Einwohner in eigene, auf Thürmen aufgestellte Behäl-
ter zu treiben, von wo es dann durch Röhrenleitungen den öffentlichen Plätzen und Häu-
sern zugeführt wird. In England, wo solche Druckwerke gewöhnlich durch Dampfma-
schinen betrieben werden, sind dieselben, wie schon Seite 262, II. Band erinnert wurde,
mit gusseisernen Windkesseln in Verbindung, in welchen sich das Wasser sammelt, und
durch den Druck der komprimirten Luft in Röhrenleitungen an den Ort seiner Bestim-
mung geführt wird. Beinahe in allen Städten von Deutschland, wo man in der Lage war,
die Kraft des Wassers als Betriebskraft zu verwenden, befinden sich solche Druckwerke.
Mehrere dieser Maschinen sind mit vorzüglicher Vollkommenheit ausgeführt, z. B. das
Druckwerk in Augsburg, welches Herr von Reichenbach im Jahre 1820 daselbst erbaute;
das Wasser wird hiemit auf eine Höhe von 100 Fuss senkrecht durch ein Wasserrad ge-
trieben; es liefert beiläufig 1500 baierische Eimer in jeder Stunde.

Ausser dem Zwecke, Städte mit Wasser zu versehen, werden solche vereinigte Saug-
und Druckwerke auch häufig zum Betriebe von Springbrunnen verwendet, das Was-
ser wird nämlich mittelst derselben ebenfalls in grosse höher liegende Behälter getrieben,

Gerstner's Mechanik. Band III. 38
X. Kapitel.
Vereinigte Saug- und Druckwerke.

§. 220.

Nebst den im vorigen Kapitel behandelten Saugpumpen gibt es noch Druckpumpen
(pompes refoulantes) und vereinigte Saug- und Druckpumpen (pompes mix-
tes
). Die Erklärung und statische Berechnung dieser Maschinen wurde bereits im II. Bande
umständlich behandelt. Druckwerke, bei welchen das Saugventil unmittelbar in dem
zu fördernden Wasser liegt, werden heut zu Tage nur sehr selten angelegt, indem sie den
Nachtheil haben, dass die im Wasser enthaltenen Unreinigkeiten durch das Ventil ange-
saugt und gemeinschaftlich mit dem Wasser durch die Steigröhre gefördert, hiebei aber
in kurzer Zeit die Liederung der Kolben und das Kolbenrohr abgenützt werden. Ist
aber eine solche Maschine mit einem Saugrohre verbunden, so fallen die schwerern im
Wasser befindlichen Körper, bevor sie an das Saugventil gelangen, wieder in den Fluss oder
Sumpf zurück, und es wird ein reineres Wasser gefördert. Wir wollen demnach in diesem
Kapitel bloss die Beschreibung und Berechnung der vereinigten Saug- und Druckwerke
behandeln, da ohnehin die gefundenen Formeln auch für einfache Druckwerke anzuwen-
den sind, wenn die Länge des Saugrohres = 0 gesetzt wird.

Vereinigte Saug- und Druckwerke werden vorzüglich in Städten gebraucht,
um das Wasser für die Bedürfnisse der Einwohner in eigene, auf Thürmen aufgestellte Behäl-
ter zu treiben, von wo es dann durch Röhrenleitungen den öffentlichen Plätzen und Häu-
sern zugeführt wird. In England, wo solche Druckwerke gewöhnlich durch Dampfma-
schinen betrieben werden, sind dieselben, wie schon Seite 262, II. Band erinnert wurde,
mit gusseisernen Windkesseln in Verbindung, in welchen sich das Wasser sammelt, und
durch den Druck der komprimirten Luft in Röhrenleitungen an den Ort seiner Bestim-
mung geführt wird. Beinahe in allen Städten von Deutschland, wo man in der Lage war,
die Kraft des Wassers als Betriebskraft zu verwenden, befinden sich solche Druckwerke.
Mehrere dieser Maschinen sind mit vorzüglicher Vollkommenheit ausgeführt, z. B. das
Druckwerk in Augsburg, welches Herr von Reichenbach im Jahre 1820 daselbst erbaute;
das Wasser wird hiemit auf eine Höhe von 100 Fuss senkrecht durch ein Wasserrad ge-
trieben; es liefert beiläufig 1500 baierische Eimer in jeder Stunde.

Ausser dem Zwecke, Städte mit Wasser zu versehen, werden solche vereinigte Saug-
und Druckwerke auch häufig zum Betriebe von Springbrunnen verwendet, das Was-
ser wird nämlich mittelst derselben ebenfalls in grosse höher liegende Behälter getrieben,

Gerstner’s Mechanik. Band III. 38
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0333" n="297"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#i">X. <hi rendition="#g">Kapitel</hi>.</hi><lb/>
Vereinigte Saug- und Druckwerke.</hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <head>§. 220.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">N</hi>ebst den im vorigen Kapitel behandelten Saugpumpen gibt es noch <hi rendition="#g">Druckpumpen</hi><lb/>
(<hi rendition="#i">pompes refoulantes</hi>) und <hi rendition="#g">vereinigte Saug- und Druckpumpen</hi> (<hi rendition="#i">pompes mix-<lb/>
tes</hi>). Die Erklärung und statische Berechnung dieser Maschinen wurde bereits im II. Bande<lb/>
umständlich behandelt. <hi rendition="#g">Druckwerke</hi>, bei welchen das Saugventil unmittelbar in dem<lb/>
zu fördernden Wasser liegt, werden heut zu Tage nur sehr selten angelegt, indem sie den<lb/>
Nachtheil haben, dass die im Wasser enthaltenen Unreinigkeiten durch das Ventil ange-<lb/>
saugt und gemeinschaftlich mit dem Wasser durch die Steigröhre gefördert, hiebei aber<lb/>
in kurzer Zeit die Liederung der Kolben und das Kolbenrohr abgenützt werden. Ist<lb/>
aber eine solche Maschine mit einem Saugrohre verbunden, so fallen die schwerern im<lb/>
Wasser befindlichen Körper, bevor sie an das Saugventil gelangen, wieder in den Fluss oder<lb/>
Sumpf zurück, und es wird ein reineres Wasser gefördert. Wir wollen demnach in diesem<lb/>
Kapitel bloss die Beschreibung und Berechnung der vereinigten Saug- und Druckwerke<lb/>
behandeln, da ohnehin die gefundenen Formeln auch für einfache Druckwerke anzuwen-<lb/>
den sind, wenn die Länge des Saugrohres = 0 gesetzt wird.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Vereinigte Saug- und Druckwerke</hi> werden vorzüglich in <hi rendition="#g">Städten</hi> gebraucht,<lb/>
um das Wasser für die Bedürfnisse der Einwohner in eigene, auf Thürmen aufgestellte Behäl-<lb/>
ter zu treiben, von wo es dann durch Röhrenleitungen den öffentlichen Plätzen und Häu-<lb/>
sern zugeführt wird. In England, wo solche Druckwerke gewöhnlich durch Dampfma-<lb/>
schinen betrieben werden, sind dieselben, wie schon Seite 262, II. Band erinnert wurde,<lb/>
mit gusseisernen Windkesseln in Verbindung, in welchen sich das Wasser sammelt, und<lb/>
durch den Druck der komprimirten Luft in Röhrenleitungen an den Ort seiner Bestim-<lb/>
mung geführt wird. Beinahe in allen Städten von Deutschland, wo man in der Lage war,<lb/>
die Kraft des Wassers als Betriebskraft zu verwenden, befinden sich solche Druckwerke.<lb/>
Mehrere dieser Maschinen sind mit vorzüglicher Vollkommenheit ausgeführt, z. B. das<lb/>
Druckwerk in <hi rendition="#i">Augsburg</hi>, welches Herr von <hi rendition="#i">Reichenbach</hi> im Jahre 1820 daselbst erbaute;<lb/>
das Wasser wird hiemit auf eine Höhe von 100 Fuss senkrecht durch ein Wasserrad ge-<lb/>
trieben; es liefert beiläufig 1500 baierische Eimer in jeder Stunde.</p><lb/>
            <p>Ausser dem Zwecke, Städte mit Wasser zu versehen, werden solche vereinigte Saug-<lb/>
und Druckwerke auch häufig zum Betriebe von <hi rendition="#g">Springbrunnen</hi> verwendet, das Was-<lb/>
ser wird nämlich mittelst derselben ebenfalls in grosse höher liegende Behälter getrieben,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Gerstner&#x2019;s Mechanik. Band III. 38</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[297/0333] X. Kapitel. Vereinigte Saug- und Druckwerke. §. 220. Nebst den im vorigen Kapitel behandelten Saugpumpen gibt es noch Druckpumpen (pompes refoulantes) und vereinigte Saug- und Druckpumpen (pompes mix- tes). Die Erklärung und statische Berechnung dieser Maschinen wurde bereits im II. Bande umständlich behandelt. Druckwerke, bei welchen das Saugventil unmittelbar in dem zu fördernden Wasser liegt, werden heut zu Tage nur sehr selten angelegt, indem sie den Nachtheil haben, dass die im Wasser enthaltenen Unreinigkeiten durch das Ventil ange- saugt und gemeinschaftlich mit dem Wasser durch die Steigröhre gefördert, hiebei aber in kurzer Zeit die Liederung der Kolben und das Kolbenrohr abgenützt werden. Ist aber eine solche Maschine mit einem Saugrohre verbunden, so fallen die schwerern im Wasser befindlichen Körper, bevor sie an das Saugventil gelangen, wieder in den Fluss oder Sumpf zurück, und es wird ein reineres Wasser gefördert. Wir wollen demnach in diesem Kapitel bloss die Beschreibung und Berechnung der vereinigten Saug- und Druckwerke behandeln, da ohnehin die gefundenen Formeln auch für einfache Druckwerke anzuwen- den sind, wenn die Länge des Saugrohres = 0 gesetzt wird. Vereinigte Saug- und Druckwerke werden vorzüglich in Städten gebraucht, um das Wasser für die Bedürfnisse der Einwohner in eigene, auf Thürmen aufgestellte Behäl- ter zu treiben, von wo es dann durch Röhrenleitungen den öffentlichen Plätzen und Häu- sern zugeführt wird. In England, wo solche Druckwerke gewöhnlich durch Dampfma- schinen betrieben werden, sind dieselben, wie schon Seite 262, II. Band erinnert wurde, mit gusseisernen Windkesseln in Verbindung, in welchen sich das Wasser sammelt, und durch den Druck der komprimirten Luft in Röhrenleitungen an den Ort seiner Bestim- mung geführt wird. Beinahe in allen Städten von Deutschland, wo man in der Lage war, die Kraft des Wassers als Betriebskraft zu verwenden, befinden sich solche Druckwerke. Mehrere dieser Maschinen sind mit vorzüglicher Vollkommenheit ausgeführt, z. B. das Druckwerk in Augsburg, welches Herr von Reichenbach im Jahre 1820 daselbst erbaute; das Wasser wird hiemit auf eine Höhe von 100 Fuss senkrecht durch ein Wasserrad ge- trieben; es liefert beiläufig 1500 baierische Eimer in jeder Stunde. Ausser dem Zwecke, Städte mit Wasser zu versehen, werden solche vereinigte Saug- und Druckwerke auch häufig zum Betriebe von Springbrunnen verwendet, das Was- ser wird nämlich mittelst derselben ebenfalls in grosse höher liegende Behälter getrieben, Gerstner’s Mechanik. Band III. 38

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik03_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik03_1834/333
Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik03_1834/333>, abgerufen am 21.11.2024.