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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834.

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Vortheile der Kunstramme mit Winde.
Radkränze ging, in der Länge c d aber mit einem hölzernen Handgriffe sich endigte.
Der Stift bei c wurde so gestellt, dass der Hebel gerade an denselben anstiess, wenn
der Druck des Arbeiters 25 oder 30 Lb betrug, welches früher durch Versuche bestimmt
wurde. Sobald jeder Arbeiter diesen Druck ausübte, lagen auch die Hebel an den
Stiften an; blieb aber ein Arbeiter zurück, so trat ihm der folgende auf die Fersen,
weil die Entfernungen der Hebel so angenommen wurden, dass ein Arbeiter gerade in
die Fusstapfen des andern treten musste. Diese Einrichtung erscheint daher als eine
zweckmässige Kontrolle der Arbeitsleute.

An dem Wiener Schlagwerke ist oberhalb der untern Winde noch eine zweite
Winde mit einem eigenen Breterboden für die Arbeitsleute angebracht; diese dient
dazu, die Pfähle, welche oft 7 und mehr Klafter lang, demnach sehr schwer sind,
aus dem Wasser aufzuziehen und so lange zu dirigiren, bis sie genau an dem Orte
stehen, wo sie geschlagen werden sollen. Gewöhnlich werden bei diesem Schlagwerke
18 bis 24 Arbeitsleute angestellt, und da das Verhältniss der Hebelsarme wie 1 : 3
oder 1 : 4 ist, so beträgt das Gewicht des Hoyers 16 bis 20 Zentner; ein solches
Schlagwerk ist daher auch bei den grössten Pilottirungen mit Vortheil zu verwenden.

§. 107.

Die Nachtheile der gebräuchlichen Handzugrammen, welche wir oben §. 101 bis §. 103
durch Rechnung nachgewiesen haben, ergeben sich auch aus einer einfachern Betrachtung.
Bereits im I. Bande unseres Werkes haben wir §. 35 und ff. umständlich erwiesen, dass
die zweckmässigste Verwendung der menschlichen oder thierischen Arbeitskräfte in dem
Falle Statt finde, wenn sich dieselben mit ihrer mittlern Geschwindigkeit während der
gewohnten Tagesstunden beschäftigen oder während der 12 Stunden, welche bei der
Arbeit zugebracht werden, 8 Stunden auf die wirkliche Arbeit verwenden und durch
die übrige Zeit von 4 Stunden sich wieder erholen. Die zweckmässigste Verwendung
der thierischen Kräfte tritt daher dann ein, wenn dieselben das mittlere Bewe-
gungsmoment ausüben
und jemehr das Bewegungsmoment der Arbeiter in einem
bestimmten Falle von ihrem mittlern Momente abweicht, desto geringer wird auch der
Effekt oder das Arbeitsquantum dieser Menschen seyn. Wir wollen nun die Beobach-
tungen, welche mehrere Schriftsteller über die Arbeiten bei Handzugrammen gemacht
haben, näher betrachten.

Herr v. Wiebeking führt von den gewöhnlichen Schlagmaschinen oder Handzugram-
men Folgendes an: Wenn auf einen Arbeiter 20 Nürnberger Pfund Gewicht des Klotzes
gerechnet werden, so kann man den letztern bis 6 Fuss hoch schnellen; die Hitzen be-
stehen in 30 bis 40 Schlägen, wozu 80 Sekunden erforderlich sind. Zum Ausruhen wird
dabei 1 bis 2 Minuten gerechnet. -- In diesem Falle ist das Bewegungsmoment eines Ar-
beiters in 1 Sekunde 20 Lb . 6 Fuss = 120, demnach beiläufig doppelt so gross als das ge-
wöhnliche Moment, welches 25 Lb . 21/2 Fuss = 621/2 beträgt.

Nach demselben Schriftsteller kann bei sehr grosser Anstrengung der Arbeiter
die Höhe der Schnellung auch 10 Fuss betragen, welches jedoch nicht lange auszu-
halten ist. -- Das Bewegungsmoment eines Arbeiters ist dann = 20 . 10 = 200, oder 3 1/5 mal
so gross als das gewöhnliche.

Vortheile der Kunstramme mit Winde.
Radkränze ging, in der Länge c d aber mit einem hölzernen Handgriffe sich endigte.
Der Stift bei c wurde so gestellt, dass der Hebel gerade an denselben anstiess, wenn
der Druck des Arbeiters 25 oder 30 ℔ betrug, welches früher durch Versuche bestimmt
wurde. Sobald jeder Arbeiter diesen Druck ausübte, lagen auch die Hebel an den
Stiften an; blieb aber ein Arbeiter zurück, so trat ihm der folgende auf die Fersen,
weil die Entfernungen der Hebel so angenommen wurden, dass ein Arbeiter gerade in
die Fusstapfen des andern treten musste. Diese Einrichtung erscheint daher als eine
zweckmässige Kontrolle der Arbeitsleute.

An dem Wiener Schlagwerke ist oberhalb der untern Winde noch eine zweite
Winde mit einem eigenen Breterboden für die Arbeitsleute angebracht; diese dient
dazu, die Pfähle, welche oft 7 und mehr Klafter lang, demnach sehr schwer sind,
aus dem Wasser aufzuziehen und so lange zu dirigiren, bis sie genau an dem Orte
stehen, wo sie geschlagen werden sollen. Gewöhnlich werden bei diesem Schlagwerke
18 bis 24 Arbeitsleute angestellt, und da das Verhältniss der Hebelsarme wie 1 : 3
oder 1 : 4 ist, so beträgt das Gewicht des Hoyers 16 bis 20 Zentner; ein solches
Schlagwerk ist daher auch bei den grössten Pilottirungen mit Vortheil zu verwenden.

§. 107.

Die Nachtheile der gebräuchlichen Handzugrammen, welche wir oben §. 101 bis §. 103
durch Rechnung nachgewiesen haben, ergeben sich auch aus einer einfachern Betrachtung.
Bereits im I. Bande unseres Werkes haben wir §. 35 und ff. umständlich erwiesen, dass
die zweckmässigste Verwendung der menschlichen oder thierischen Arbeitskräfte in dem
Falle Statt finde, wenn sich dieselben mit ihrer mittlern Geschwindigkeit während der
gewohnten Tagesstunden beschäftigen oder während der 12 Stunden, welche bei der
Arbeit zugebracht werden, 8 Stunden auf die wirkliche Arbeit verwenden und durch
die übrige Zeit von 4 Stunden sich wieder erholen. Die zweckmässigste Verwendung
der thierischen Kräfte tritt daher dann ein, wenn dieselben das mittlere Bewe-
gungsmoment ausüben
und jemehr das Bewegungsmoment der Arbeiter in einem
bestimmten Falle von ihrem mittlern Momente abweicht, desto geringer wird auch der
Effekt oder das Arbeitsquantum dieser Menschen seyn. Wir wollen nun die Beobach-
tungen, welche mehrere Schriftsteller über die Arbeiten bei Handzugrammen gemacht
haben, näher betrachten.

Herr v. Wiebeking führt von den gewöhnlichen Schlagmaschinen oder Handzugram-
men Folgendes an: Wenn auf einen Arbeiter 20 Nürnberger Pfund Gewicht des Klotzes
gerechnet werden, so kann man den letztern bis 6 Fuss hoch schnellen; die Hitzen be-
stehen in 30 bis 40 Schlägen, wozu 80 Sekunden erforderlich sind. Zum Ausruhen wird
dabei 1 bis 2 Minuten gerechnet. — In diesem Falle ist das Bewegungsmoment eines Ar-
beiters in 1 Sekunde 20 ℔ . 6 Fuss = 120, demnach beiläufig doppelt so gross als das ge-
wöhnliche Moment, welches 25 ℔ . 2½ Fuss = 62½ beträgt.

Nach demselben Schriftsteller kann bei sehr grosser Anstrengung der Arbeiter
die Höhe der Schnellung auch 10 Fuss betragen, welches jedoch nicht lange auszu-
halten ist. — Das Bewegungsmoment eines Arbeiters ist dann = 20 . 10 = 200, oder 3⅕mal
so gross als das gewöhnliche.

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[149/0185] Vortheile der Kunstramme mit Winde. Radkränze ging, in der Länge c d aber mit einem hölzernen Handgriffe sich endigte. Der Stift bei c wurde so gestellt, dass der Hebel gerade an denselben anstiess, wenn der Druck des Arbeiters 25 oder 30 ℔ betrug, welches früher durch Versuche bestimmt wurde. Sobald jeder Arbeiter diesen Druck ausübte, lagen auch die Hebel an den Stiften an; blieb aber ein Arbeiter zurück, so trat ihm der folgende auf die Fersen, weil die Entfernungen der Hebel so angenommen wurden, dass ein Arbeiter gerade in die Fusstapfen des andern treten musste. Diese Einrichtung erscheint daher als eine zweckmässige Kontrolle der Arbeitsleute. An dem Wiener Schlagwerke ist oberhalb der untern Winde noch eine zweite Winde mit einem eigenen Breterboden für die Arbeitsleute angebracht; diese dient dazu, die Pfähle, welche oft 7 und mehr Klafter lang, demnach sehr schwer sind, aus dem Wasser aufzuziehen und so lange zu dirigiren, bis sie genau an dem Orte stehen, wo sie geschlagen werden sollen. Gewöhnlich werden bei diesem Schlagwerke 18 bis 24 Arbeitsleute angestellt, und da das Verhältniss der Hebelsarme wie 1 : 3 oder 1 : 4 ist, so beträgt das Gewicht des Hoyers 16 bis 20 Zentner; ein solches Schlagwerk ist daher auch bei den grössten Pilottirungen mit Vortheil zu verwenden. §. 107. Die Nachtheile der gebräuchlichen Handzugrammen, welche wir oben §. 101 bis §. 103 durch Rechnung nachgewiesen haben, ergeben sich auch aus einer einfachern Betrachtung. Bereits im I. Bande unseres Werkes haben wir §. 35 und ff. umständlich erwiesen, dass die zweckmässigste Verwendung der menschlichen oder thierischen Arbeitskräfte in dem Falle Statt finde, wenn sich dieselben mit ihrer mittlern Geschwindigkeit während der gewohnten Tagesstunden beschäftigen oder während der 12 Stunden, welche bei der Arbeit zugebracht werden, 8 Stunden auf die wirkliche Arbeit verwenden und durch die übrige Zeit von 4 Stunden sich wieder erholen. Die zweckmässigste Verwendung der thierischen Kräfte tritt daher dann ein, wenn dieselben das mittlere Bewe- gungsmoment ausüben und jemehr das Bewegungsmoment der Arbeiter in einem bestimmten Falle von ihrem mittlern Momente abweicht, desto geringer wird auch der Effekt oder das Arbeitsquantum dieser Menschen seyn. Wir wollen nun die Beobach- tungen, welche mehrere Schriftsteller über die Arbeiten bei Handzugrammen gemacht haben, näher betrachten. Herr v. Wiebeking führt von den gewöhnlichen Schlagmaschinen oder Handzugram- men Folgendes an: Wenn auf einen Arbeiter 20 Nürnberger Pfund Gewicht des Klotzes gerechnet werden, so kann man den letztern bis 6 Fuss hoch schnellen; die Hitzen be- stehen in 30 bis 40 Schlägen, wozu 80 Sekunden erforderlich sind. Zum Ausruhen wird dabei 1 bis 2 Minuten gerechnet. — In diesem Falle ist das Bewegungsmoment eines Ar- beiters in 1 Sekunde 20 ℔ . 6 Fuss = 120, demnach beiläufig doppelt so gross als das ge- wöhnliche Moment, welches 25 ℔ . 2½ Fuss = 62½ beträgt. Nach demselben Schriftsteller kann bei sehr grosser Anstrengung der Arbeiter die Höhe der Schnellung auch 10 Fuss betragen, welches jedoch nicht lange auszu- halten ist. — Das Bewegungsmoment eines Arbeiters ist dann = 20 . 10 = 200, oder 3⅕mal so gross als das gewöhnliche.

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik03_1834/185>, abgerufen am 21.11.2024.