Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite
Berechnung der Kunstramme mit Winde.

In zwei Stunden oder 7200 Sekunden werden eben so viel Schläge gemacht, welches
daher die Arbeit eines Tages ist. Der Raum, auf welchen der Rammklotz gehoben
wird, beträgt 3 . 7200 = 21600 Fuss und das Bewegungsmoment, welches ein Mensch
in einem Tage bewirkt, [Formel 1] = 720000. Diess verhält sich zu dem Bewe-
gungsmomente desselben Arbeiters bei dem Tragen einer Last
= 720000 : 8 . 3600 . 2,5 . 25 = 1 : 2,5 oder die Arbeiter leisten wieder bei gleicher Anstrengung
den noch 2,5mal weniger, als es bei einer andern Maschine der Fall ist.

§. 104.

Die Maschinenschlagwerke oder Kunstrammen gewähren im Vergleiche
der eben untersuchten Handzugrammen folgende Vortheile. 1tens. Können die Arbeiter
an einer Winde mit ihrer ganzen mittlern Kraft k wirksam verwendet werden, wogegen sie
durch den schiefen Zug bei der §. 100. berechneten Handzugramme 1/7 k verlieren und bloss
mit 6/7 k arbeiten. 2tens. Die Hebelsarme bei dieser Winde können so proporzionirt werden,
dass die Menschen auch durch die gewohnten 8 Stunden mit ihrer vollen Kraft arbeiten.
3tens. In diesem letzten Falle geht auch die Arbeit ununterbrochen während des Tages fort,
und es treten nur jene kleinern Zwischenpausen ein, die wie bekannt, bloss den 3ten Theil
von 12 Stunden betragen. Dagegen müssen bei allen Handzugrammen nach jeder Anzahl
von 20 bis 30 Schlägen oder nach einer Hitze immer weit grössere Ruhepausen zur Er-
holung der während der Arbeit übermässig angestrengten Arbeiter gegönnt werden.
4tens. Bei einer Kunstramme kann man Hoyer von 12 bis 15 und mehr Zentner Gewicht ver-
wenden, ferner den Hoyer auf 20 bis 30 Fuss oder mehr Höhe aufziehen; demnach wer-
den auch die Pfähle weit tiefer eindringen, als es bei der Handzugramme möglich ist.
Hiebei entsteht zwar der Nachtheil, dass man die Zange mit aufziehen muss, damit sie
sich oben auslöst und den Hoyer herabfallen lässt; dieser Umstand ist inzwischen, wie
wir aus der folgenden Rechnung sehen werden, zu unbedeutend.

Es sey das Gewicht des Hoyers Q und der Zange Z, so ist offenbar die Spannung
Fig.
2.
Tab.
82.
des Seiles, woran der Hoyer hängt, während des Aufziehens, S = Q + Z (I). Es sey die
Spannung des Seiles zwischen den zwei Rollen S' und die Spannung des horizontal zur
Winde fortlaufenden Seiles S'', der Halbmesser der obern und untern Rolle = E und
ihres Zapfens = e, so ist S' . E = (Q + Z) (E + n . d) + (Q + Z + S') m . e,
woraus S' = (Q + Z) [Formel 2] . (II).

Da die Richtungen der Seile S' und S'' mit einander einen rechten Winkel bilden, so
beträgt der hiedurch auf den Zapfen der untern Rolle veranlasste Druck 1,5 S' und wir
erhalten S'' . E = S' (E + n . d) + 3/2 S' . m . e, woraus S'' = S' [Formel 3] (III).

Der untere Zapfen des stehenden Wellbaumes, dessen Halbmesser wir mit f bezeich-
nen, hat die Seitenreibung S'' . m . f, welche aus der Spannung des Seiles S'' entsteht und
nebstbei die Reibung M . m . 2/3 f, welche an dem stehenden Zapfen Statt findet. Da jedoch
das Gewicht M der Maschine mit den Bruchzahlen 2/3 und m multiplizirt wird, so könn[en]

Berechnung der Kunstramme mit Winde.

In zwei Stunden oder 7200 Sekunden werden eben so viel Schläge gemacht, welches
daher die Arbeit eines Tages ist. Der Raum, auf welchen der Rammklotz gehoben
wird, beträgt 3 . 7200 = 21600 Fuss und das Bewegungsmoment, welches ein Mensch
in einem Tage bewirkt, [Formel 1] = 720000. Diess verhält sich zu dem Bewe-
gungsmomente desselben Arbeiters bei dem Tragen einer Last
= 720000 : 8 . 3600 . 2,5 . 25 = 1 : 2,5 oder die Arbeiter leisten wieder bei gleicher Anstrengung
den noch 2,5mal weniger, als es bei einer andern Maschine der Fall ist.

§. 104.

Die Maschinenschlagwerke oder Kunstrammen gewähren im Vergleiche
der eben untersuchten Handzugrammen folgende Vortheile. 1tens. Können die Arbeiter
an einer Winde mit ihrer ganzen mittlern Kraft k wirksam verwendet werden, wogegen sie
durch den schiefen Zug bei der §. 100. berechneten Handzugramme 1/7 k verlieren und bloss
mit 6/7 k arbeiten. 2tens. Die Hebelsarme bei dieser Winde können so proporzionirt werden,
dass die Menschen auch durch die gewohnten 8 Stunden mit ihrer vollen Kraft arbeiten.
3tens. In diesem letzten Falle geht auch die Arbeit ununterbrochen während des Tages fort,
und es treten nur jene kleinern Zwischenpausen ein, die wie bekannt, bloss den 3ten Theil
von 12 Stunden betragen. Dagegen müssen bei allen Handzugrammen nach jeder Anzahl
von 20 bis 30 Schlägen oder nach einer Hitze immer weit grössere Ruhepausen zur Er-
holung der während der Arbeit übermässig angestrengten Arbeiter gegönnt werden.
4tens. Bei einer Kunstramme kann man Hoyer von 12 bis 15 und mehr Zentner Gewicht ver-
wenden, ferner den Hoyer auf 20 bis 30 Fuss oder mehr Höhe aufziehen; demnach wer-
den auch die Pfähle weit tiefer eindringen, als es bei der Handzugramme möglich ist.
Hiebei entsteht zwar der Nachtheil, dass man die Zange mit aufziehen muss, damit sie
sich oben auslöst und den Hoyer herabfallen lässt; dieser Umstand ist inzwischen, wie
wir aus der folgenden Rechnung sehen werden, zu unbedeutend.

Es sey das Gewicht des Hoyers Q und der Zange Z, so ist offenbar die Spannung
Fig.
2.
Tab.
82.
des Seiles, woran der Hoyer hängt, während des Aufziehens, S = Q + Z (I). Es sey die
Spannung des Seiles zwischen den zwei Rollen S' und die Spannung des horizontal zur
Winde fortlaufenden Seiles S'', der Halbmesser der obern und untern Rolle = E und
ihres Zapfens = e, so ist S' . E = (Q + Z) (E + n . δ) + (Q + Z + S') m . e,
woraus S' = (Q + Z) [Formel 2] . (II).

Da die Richtungen der Seile S' und S'' mit einander einen rechten Winkel bilden, so
beträgt der hiedurch auf den Zapfen der untern Rolle veranlasste Druck 1,5 S' und wir
erhalten S'' . E = S' (E + n . δ) + 3/2 S' . m . e, woraus S'' = S' [Formel 3] (III).

Der untere Zapfen des stehenden Wellbaumes, dessen Halbmesser wir mit f bezeich-
nen, hat die Seitenreibung S'' . m . f, welche aus der Spannung des Seiles S'' entsteht und
nebstbei die Reibung M . m . ⅔ f, welche an dem stehenden Zapfen Statt findet. Da jedoch
das Gewicht M der Maschine mit den Bruchzahlen ⅔ und m multiplizirt wird, so könn[en]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0182" n="146"/>
            <fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Berechnung der Kunstramme mit Winde</hi>.</fw><lb/>
            <p>In zwei Stunden oder 7200 Sekunden werden eben so viel Schläge gemacht, welches<lb/>
daher die Arbeit eines Tages ist. Der Raum, auf welchen der Rammklotz gehoben<lb/>
wird, beträgt 3 . 7200 = 21600 Fuss und das Bewegungsmoment, welches ein Mensch<lb/>
in einem Tage bewirkt, <formula/> = 720000. Diess verhält sich zu dem Bewe-<lb/>
gungsmomente desselben Arbeiters bei dem Tragen einer Last<lb/>
= 720000 : 8 . 3600 . 2,<hi rendition="#sub">5</hi> . 25 = 1 : 2,<hi rendition="#sub">5</hi> oder die Arbeiter leisten wieder bei gleicher Anstrengung<lb/>
den noch 2,<hi rendition="#sub">5</hi>mal weniger, als es bei einer andern Maschine der Fall ist.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 104.</head><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#g">Maschinenschlagwerke</hi> oder <hi rendition="#g">Kunstrammen</hi> gewähren im Vergleiche<lb/>
der eben untersuchten Handzugrammen folgende Vortheile. 1<hi rendition="#sup">tens.</hi> Können die Arbeiter<lb/>
an einer Winde mit ihrer ganzen mittlern Kraft k wirksam verwendet werden, wogegen sie<lb/>
durch den schiefen Zug bei der §. 100. berechneten Handzugramme 1/7 k verlieren und bloss<lb/>
mit 6/7 k arbeiten. 2<hi rendition="#sup">tens.</hi> Die Hebelsarme bei dieser Winde können so proporzionirt werden,<lb/>
dass die Menschen auch durch die gewohnten 8 Stunden mit ihrer vollen Kraft arbeiten.<lb/>
3<hi rendition="#sup">tens.</hi> In diesem letzten Falle geht auch die Arbeit ununterbrochen während des Tages fort,<lb/>
und es treten nur jene kleinern Zwischenpausen ein, die wie bekannt, bloss den 3<hi rendition="#sup">ten</hi> Theil<lb/>
von 12 Stunden betragen. Dagegen müssen bei allen Handzugrammen nach jeder Anzahl<lb/>
von 20 bis 30 Schlägen oder nach einer Hitze immer weit grössere Ruhepausen zur Er-<lb/>
holung der während der Arbeit übermässig angestrengten Arbeiter gegönnt werden.<lb/>
4<hi rendition="#sup">tens.</hi> Bei einer Kunstramme kann man Hoyer von 12 bis 15 und mehr Zentner Gewicht ver-<lb/>
wenden, ferner den Hoyer auf 20 bis 30 Fuss oder mehr Höhe aufziehen; demnach wer-<lb/>
den auch die Pfähle weit tiefer eindringen, als es bei der Handzugramme möglich ist.<lb/>
Hiebei entsteht zwar der Nachtheil, dass man die <hi rendition="#g">Zange</hi> mit aufziehen muss, damit sie<lb/>
sich oben auslöst und den Hoyer herabfallen lässt; dieser Umstand ist inzwischen, wie<lb/>
wir aus der folgenden Rechnung sehen werden, zu unbedeutend.</p><lb/>
            <p>Es sey das Gewicht des Hoyers Q und der Zange Z, so ist offenbar die Spannung<lb/><note place="left">Fig.<lb/>
2.<lb/>
Tab.<lb/>
82.</note>des Seiles, woran der Hoyer hängt, während des Aufziehens, S = Q + Z (I). Es sey die<lb/>
Spannung des Seiles zwischen den zwei Rollen S' und die Spannung des horizontal zur<lb/>
Winde fortlaufenden Seiles S'', der Halbmesser der obern und untern Rolle = E und<lb/>
ihres Zapfens = e, so ist S' . E = (Q + Z) (E + n . <hi rendition="#i">&#x03B4;</hi>) + (Q + Z + S') m . e,<lb/>
woraus S' = (Q + Z) <formula/>. (II).</p><lb/>
            <p>Da die Richtungen der Seile S' und S'' mit einander einen rechten Winkel bilden, so<lb/>
beträgt der hiedurch auf den Zapfen der untern Rolle veranlasste Druck 1,<hi rendition="#sub">5</hi> S' und wir<lb/>
erhalten S'' . E = S' (E + n . <hi rendition="#i">&#x03B4;</hi>) + 3/2 S' . m . e, woraus S'' = S' <formula/> (III).</p><lb/>
            <p>Der untere Zapfen des stehenden Wellbaumes, dessen Halbmesser wir mit f bezeich-<lb/>
nen, hat die Seitenreibung S'' . m . f, welche aus der Spannung des Seiles S'' entsteht und<lb/>
nebstbei die Reibung M . m . &#x2154; f, welche an dem stehenden Zapfen Statt findet. Da jedoch<lb/>
das Gewicht M der Maschine mit den Bruchzahlen &#x2154; und m multiplizirt wird, so könn<supplied>en</supplied><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0182] Berechnung der Kunstramme mit Winde. In zwei Stunden oder 7200 Sekunden werden eben so viel Schläge gemacht, welches daher die Arbeit eines Tages ist. Der Raum, auf welchen der Rammklotz gehoben wird, beträgt 3 . 7200 = 21600 Fuss und das Bewegungsmoment, welches ein Mensch in einem Tage bewirkt, [FORMEL] = 720000. Diess verhält sich zu dem Bewe- gungsmomente desselben Arbeiters bei dem Tragen einer Last = 720000 : 8 . 3600 . 2,5 . 25 = 1 : 2,5 oder die Arbeiter leisten wieder bei gleicher Anstrengung den noch 2,5mal weniger, als es bei einer andern Maschine der Fall ist. §. 104. Die Maschinenschlagwerke oder Kunstrammen gewähren im Vergleiche der eben untersuchten Handzugrammen folgende Vortheile. 1tens. Können die Arbeiter an einer Winde mit ihrer ganzen mittlern Kraft k wirksam verwendet werden, wogegen sie durch den schiefen Zug bei der §. 100. berechneten Handzugramme 1/7 k verlieren und bloss mit 6/7 k arbeiten. 2tens. Die Hebelsarme bei dieser Winde können so proporzionirt werden, dass die Menschen auch durch die gewohnten 8 Stunden mit ihrer vollen Kraft arbeiten. 3tens. In diesem letzten Falle geht auch die Arbeit ununterbrochen während des Tages fort, und es treten nur jene kleinern Zwischenpausen ein, die wie bekannt, bloss den 3ten Theil von 12 Stunden betragen. Dagegen müssen bei allen Handzugrammen nach jeder Anzahl von 20 bis 30 Schlägen oder nach einer Hitze immer weit grössere Ruhepausen zur Er- holung der während der Arbeit übermässig angestrengten Arbeiter gegönnt werden. 4tens. Bei einer Kunstramme kann man Hoyer von 12 bis 15 und mehr Zentner Gewicht ver- wenden, ferner den Hoyer auf 20 bis 30 Fuss oder mehr Höhe aufziehen; demnach wer- den auch die Pfähle weit tiefer eindringen, als es bei der Handzugramme möglich ist. Hiebei entsteht zwar der Nachtheil, dass man die Zange mit aufziehen muss, damit sie sich oben auslöst und den Hoyer herabfallen lässt; dieser Umstand ist inzwischen, wie wir aus der folgenden Rechnung sehen werden, zu unbedeutend. Es sey das Gewicht des Hoyers Q und der Zange Z, so ist offenbar die Spannung des Seiles, woran der Hoyer hängt, während des Aufziehens, S = Q + Z (I). Es sey die Spannung des Seiles zwischen den zwei Rollen S' und die Spannung des horizontal zur Winde fortlaufenden Seiles S'', der Halbmesser der obern und untern Rolle = E und ihres Zapfens = e, so ist S' . E = (Q + Z) (E + n . δ) + (Q + Z + S') m . e, woraus S' = (Q + Z) [FORMEL]. (II). Fig. 2. Tab. 82. Da die Richtungen der Seile S' und S'' mit einander einen rechten Winkel bilden, so beträgt der hiedurch auf den Zapfen der untern Rolle veranlasste Druck 1,5 S' und wir erhalten S'' . E = S' (E + n . δ) + 3/2 S' . m . e, woraus S'' = S' [FORMEL] (III). Der untere Zapfen des stehenden Wellbaumes, dessen Halbmesser wir mit f bezeich- nen, hat die Seitenreibung S'' . m . f, welche aus der Spannung des Seiles S'' entsteht und nebstbei die Reibung M . m . ⅔ f, welche an dem stehenden Zapfen Statt findet. Da jedoch das Gewicht M der Maschine mit den Bruchzahlen ⅔ und m multiplizirt wird, so können

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik03_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik03_1834/182
Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik03_1834/182>, abgerufen am 22.12.2024.