Wir haben bereits §. 125 eine kurze Darstellung der Vortheile der Schif- fahrt mittelst Kanälen und Schleussen gegeben. Da die Beschreibung und Darstellung der englischen Eisenbahnen, welche am Schlusse des I. Bandes dieses Werkes aufgenommen wurde, bei unsern Lesern so vielen Beifall fand, so glauben wir, dass es eben so interessant seyn dürfte, eine gedrängte Beschreibung der Anlage der vorzüglichsten in England ausgeführten Kanäle, so wie auch eine Darstellung der kommerziellen Ver- hältnisse derselben, nämlich des Statt findenden Verkehres, der Auslagen für ihren Bau, ihre Unterhaltung und der Einnahmen bei ihrer Benützung zu liefern. Diese Dar- stellung dürfte die über diesen Gegenstand bekannt gemachten Schriften, Phillips History of Inland Navigation, Sutcliff Treatise on Canals and Reservoirs, Smeaton Reports on Canals, Dupin voyages dans la grande Bretagne, Cordier histoire de la navigation interieure, Huerne de Pommeuse des Canaux navigables, Hogrewe Be- schreibung der in England angelegten schiffbaren Kanäle und andere Werke hierüber ergänzen und gegenwärtig noch einen besondern Werth erlangen, nachdem man sich in mehreren deutschen Staaten mit der Untersuchung beschäftigt, ob die Anlage einer Eisenbahn oder eines Kanales zur Herstellung einer Kommunikazion vorzuziehen sey.
Unter der glänzenden Regierung der Königin Elisabeth (1558 -- 1603) wurde der erste Grund zu Englands Gewerben, Handel und Seemacht gelegt. Sie beförderte und unterstützte die Manufakturen und begünstigte den auswärtigen Handel. Unter der spä- tern Regierung der Königin Anna (1702 -- 1714) wurde das glückliche Verwaltungs- system, dem England seine Grösse verdankt, noch mehr entwickelt. Die Engländer waren früher nur Seefahrer, welche andern Nazionen um bedungene Frachtlöhne Waaren und Güter zur See führten. Mehrere weise Verordnungen, deren Zweck die Beförderung der inländischen Industrie war, wurden unter Anna's Regierung erlassen; zur Empor- bringung der Schiffahrt wurden grosse Prämien ausgesetzt. Es ist bekannt, dass diese, Königin, um ihrem Parlamente ein sichtbares Zeichen dessen zu geben, worauf die Auf- merksamkeit dieser hohen Versammlung gerichtet seyn sollte, ausdrücklich befahl, dass der Lordkanzler seinen Sitz auf einem Wollsacke einnehmen solle, welches noch bis zum heutigen Tage der Fall ist. Wo die Wichtigkeit der Industrie in solchem Grade er- kannt, gewürdigt und dieselbe mit kräftiger Hand unterstützt wird, dort wird der Wohl- stand unfehlbar zunehmen und die Nazion mit raschen Schritten auf einen Standpunkt gelangen, dessen Höhe vorher kaum gekannt wurde! --
Die Unternehmung der zahlreichen Kanäle und Strassen in England wird von den ersten Schriftstellern als eine wichtige Quelle der Wohlhabenheit und des Reichthumes angesehen, welcher in England seit den letzten 70 Jahren so sehr über Hand genommen hat. Mit Recht sagt Cordier, dass, so lange England keine Kanäle und gute Strassen hatte, auch sein Handel bloss auf die Seehäfen beschränkt war; wie jedoch Strassen erbaut, Kanäle angelegt und Flüsse schiffbar gemacht wurden, entstanden auch Manu- fakturen im Innern des Landes, der Ackerbau vervollkommnete sich, der Handel nahm zu und die Einkünfte des Staates und der Privaten wuchsen in gleichem Verhältnisse mit den verbesserten Kommunikazionen. Durch diese Mittel ist der Gewerbsfleiss, die
Kanalschiffahrt in England.
§. 353.
Wir haben bereits §. 125 eine kurze Darstellung der Vortheile der Schif- fahrt mittelst Kanälen und Schleussen gegeben. Da die Beschreibung und Darstellung der englischen Eisenbahnen, welche am Schlusse des I. Bandes dieses Werkes aufgenommen wurde, bei unsern Lesern so vielen Beifall fand, so glauben wir, dass es eben so interessant seyn dürfte, eine gedrängte Beschreibung der Anlage der vorzüglichsten in England ausgeführten Kanäle, so wie auch eine Darstellung der kommerziellen Ver- hältnisse derselben, nämlich des Statt findenden Verkehres, der Auslagen für ihren Bau, ihre Unterhaltung und der Einnahmen bei ihrer Benützung zu liefern. Diese Dar- stellung dürfte die über diesen Gegenstand bekannt gemachten Schriften, Phillips History of Inland Navigation, Sutcliff Treatise on Canals and Reservoirs, Smeaton Reports on Canals, Dupin voyages dans la grande Bretagne, Cordier histoire de la navigation intérieure, Huerne de Pommeuse des Canaux navigables, Hogrewe Be- schreibung der in England angelegten schiffbaren Kanäle und andere Werke hierüber ergänzen und gegenwärtig noch einen besondern Werth erlangen, nachdem man sich in mehreren deutschen Staaten mit der Untersuchung beschäftigt, ob die Anlage einer Eisenbahn oder eines Kanales zur Herstellung einer Kommunikazion vorzuziehen sey.
Unter der glänzenden Regierung der Königin Elisabeth (1558 — 1603) wurde der erste Grund zu Englands Gewerben, Handel und Seemacht gelegt. Sie beförderte und unterstützte die Manufakturen und begünstigte den auswärtigen Handel. Unter der spä- tern Regierung der Königin Anna (1702 — 1714) wurde das glückliche Verwaltungs- system, dem England seine Grösse verdankt, noch mehr entwickelt. Die Engländer waren früher nur Seefahrer, welche andern Nazionen um bedungene Frachtlöhne Waaren und Güter zur See führten. Mehrere weise Verordnungen, deren Zweck die Beförderung der inländischen Industrie war, wurden unter Anna’s Regierung erlassen; zur Empor- bringung der Schiffahrt wurden grosse Prämien ausgesetzt. Es ist bekannt, dass diese, Königin, um ihrem Parlamente ein sichtbares Zeichen dessen zu geben, worauf die Auf- merksamkeit dieser hohen Versammlung gerichtet seyn sollte, ausdrücklich befahl, dass der Lordkanzler seinen Sitz auf einem Wollsacke einnehmen solle, welches noch bis zum heutigen Tage der Fall ist. Wo die Wichtigkeit der Industrie in solchem Grade er- kannt, gewürdigt und dieselbe mit kräftiger Hand unterstützt wird, dort wird der Wohl- stand unfehlbar zunehmen und die Nazion mit raschen Schritten auf einen Standpunkt gelangen, dessen Höhe vorher kaum gekannt wurde! —
Die Unternehmung der zahlreichen Kanäle und Strassen in England wird von den ersten Schriftstellern als eine wichtige Quelle der Wohlhabenheit und des Reichthumes angesehen, welcher in England seit den letzten 70 Jahren so sehr über Hand genommen hat. Mit Recht sagt Cordier, dass, so lange England keine Kanäle und gute Strassen hatte, auch sein Handel bloss auf die Seehäfen beschränkt war; wie jedoch Strassen erbaut, Kanäle angelegt und Flüsse schiffbar gemacht wurden, entstanden auch Manu- fakturen im Innern des Landes, der Ackerbau vervollkommnete sich, der Handel nahm zu und die Einkünfte des Staates und der Privaten wuchsen in gleichem Verhältnisse mit den verbesserten Kommunikazionen. Durch diese Mittel ist der Gewerbsfleiss, die
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Kanalschiffahrt in England.
§. 353.
Wir haben bereits §. 125 eine kurze Darstellung der Vortheile der Schif-
fahrt mittelst Kanälen und Schleussen gegeben. Da die Beschreibung und
Darstellung der englischen Eisenbahnen, welche am Schlusse des I. Bandes dieses Werkes
aufgenommen wurde, bei unsern Lesern so vielen Beifall fand, so glauben wir, dass es eben
so interessant seyn dürfte, eine gedrängte Beschreibung der Anlage der vorzüglichsten
in England ausgeführten Kanäle, so wie auch eine Darstellung der kommerziellen Ver-
hältnisse derselben, nämlich des Statt findenden Verkehres, der Auslagen für ihren
Bau, ihre Unterhaltung und der Einnahmen bei ihrer Benützung zu liefern. Diese Dar-
stellung dürfte die über diesen Gegenstand bekannt gemachten Schriften, Phillips
History of Inland Navigation, Sutcliff Treatise on Canals and Reservoirs, Smeaton
Reports on Canals, Dupin voyages dans la grande Bretagne, Cordier histoire de la
navigation intérieure, Huerne de Pommeuse des Canaux navigables, Hogrewe Be-
schreibung der in England angelegten schiffbaren Kanäle und andere Werke hierüber
ergänzen und gegenwärtig noch einen besondern Werth erlangen, nachdem man sich
in mehreren deutschen Staaten mit der Untersuchung beschäftigt, ob die Anlage einer
Eisenbahn oder eines Kanales zur Herstellung einer Kommunikazion vorzuziehen sey.
Unter der glänzenden Regierung der Königin Elisabeth (1558 — 1603) wurde der
erste Grund zu Englands Gewerben, Handel und Seemacht gelegt. Sie beförderte und
unterstützte die Manufakturen und begünstigte den auswärtigen Handel. Unter der spä-
tern Regierung der Königin Anna (1702 — 1714) wurde das glückliche Verwaltungs-
system, dem England seine Grösse verdankt, noch mehr entwickelt. Die Engländer waren
früher nur Seefahrer, welche andern Nazionen um bedungene Frachtlöhne Waaren und
Güter zur See führten. Mehrere weise Verordnungen, deren Zweck die Beförderung
der inländischen Industrie war, wurden unter Anna’s Regierung erlassen; zur Empor-
bringung der Schiffahrt wurden grosse Prämien ausgesetzt. Es ist bekannt, dass diese,
Königin, um ihrem Parlamente ein sichtbares Zeichen dessen zu geben, worauf die Auf-
merksamkeit dieser hohen Versammlung gerichtet seyn sollte, ausdrücklich befahl, dass
der Lordkanzler seinen Sitz auf einem Wollsacke einnehmen solle, welches noch bis zum
heutigen Tage der Fall ist. Wo die Wichtigkeit der Industrie in solchem Grade er-
kannt, gewürdigt und dieselbe mit kräftiger Hand unterstützt wird, dort wird der Wohl-
stand unfehlbar zunehmen und die Nazion mit raschen Schritten auf einen Standpunkt
gelangen, dessen Höhe vorher kaum gekannt wurde! —
Die Unternehmung der zahlreichen Kanäle und Strassen in England wird von den
ersten Schriftstellern als eine wichtige Quelle der Wohlhabenheit und des Reichthumes
angesehen, welcher in England seit den letzten 70 Jahren so sehr über Hand genommen
hat. Mit Recht sagt Cordier, dass, so lange England keine Kanäle und gute Strassen
hatte, auch sein Handel bloss auf die Seehäfen beschränkt war; wie jedoch Strassen
erbaut, Kanäle angelegt und Flüsse schiffbar gemacht wurden, entstanden auch Manu-
fakturen im Innern des Landes, der Ackerbau vervollkommnete sich, der Handel nahm
zu und die Einkünfte des Staates und der Privaten wuchsen in gleichem Verhältnisse
mit den verbesserten Kommunikazionen. Durch diese Mittel ist der Gewerbsfleiss, die
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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/514>, abgerufen am 18.12.2024.
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