Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

Verschiedene Arten der oberschlächtigen Räder.
leitet wird. Weil aber das Wasser hierbei nur eine kurze Zeit auf den Schaufeln ver-
weilet und sich sehr bald ausschüttet, so verfiel man wohl bald auf den Gedanken,
die Schaufeln nicht wie bei unterschlächtigen Rädern in die Verlängerung des Halb-
messers, sondern unter einem Winkel so einzusetzen, damit das Wasser zwischen dieFig.
3.
Tab.
60.

Schaufeln und den Boden des Radkranzes einfallen möge. Soll nun das Wasser lange
im Rade bleiben, so muss der Winkel, welchen die Schaufeln mit der Peripherie ma-
chen, sehr klein seyn. Ist diess aber der Fall, so erreichen zuletzt die Schaufeln bei
einer gegebenen Breite des Radkranzes den Boden nur auf grösserer Entfernung. Da-
durch entsteht der Nachtheil, dass die Schaufeln m n, p t ... einander zu nahe kom-
men und den Inhalt der Zellen verengen, indem die Schaufeln selbst einen grossen
Theil des einfallenden Wassers verdrängen, demnach auch das Rad mit Holz überfüllt,
und zu schwer wird.

Um diesem Nachtheile zu begegnen, hat man von der Schaufel m n den Theil o n,Fig.
4.

welcher in dem Wasser q p t steht, weggelassen, und eine andere Schaufel o q in die
Oberfläche des Wassers p o q gestellt und eben so für die folgende auf gleiche Art die
Schaufel r s eingesetzt, wodurch der Vortheil erhalten wird, dass durch die Entfernung
des Theiles zwischen o und s der Inhalt des Wassers q p r s vergrössert und dass auch
statt des längern Theiles o n nur die kürzere Schaufel o q nöthig ist, wodurch also so-
wohl dem Wasser ein grösserer Inhalt als auch dem Rade mehr Leichtigkeit verschafft
wird und die Schaufeln nunmehr aus schmälern Bretern m o und o q zusammengesetzt
werden können, wogegen die nöthige Breite m n aus einem Stück nicht überall zu
finden ist.

Aus diesen Gründen bedient man sich gegenwärtig allenthalben der gebrochenen
Schaufeln
. Es besteht nämlich eine jede Schaufel m o q aus zwei Theilen, wovon
der obere Theil m o, p r, ... die Stoss- oder Setzschaufel und o q, r s, ... die
Kropf- oder Riegelschaufel genannt wird; der zwischen zwei Schaufeln enthal-
tene Raum wird gewöhnlich eine Zelle genannt.

§. 299.

Bevor wir von der zweckmässigsten Bauart der Zellen eine Anleitung
geben können, wollen wir vorläufig die Forderungen anführen, denen ihre Bau-
art entsprechen soll
.

Es sollen nämlich 1tens: die Zellen so beschaffen seyn, dass sie das Wasser leicht,
und ohne Hinderniss von oben aufnehmen, dasselbe bis zum niedrigsten Punkte des Ra-
des aufbehalten, dort aber auch ganz ausschütten, ohne einen Theil des Wassers an der
entgegengesetzten Seite mit in die Höhe zu nehmen. Man sieht bald ein, dass dieselben
einfachen Mittel, welche der leichtern Aufnahme des Wassers von oben zuträglich sind,
auch unterhalb das zu frühe Ausschütten befördern, dass also die Vermehrung der Wir-
kung an der obern Seite zugleich mit einer Verminderung an der untern Seite verbun-
den ist. Um eine grosse Wirkung hervor zu bringen, sollen sie

2tens: viel Wasser aufnehmen können, ohne dadurch mit Holz überladen und zu
schwer zu werden. Macht man zu dieser Absicht die Entfernung der Schaufeln gross,

Verschiedene Arten der oberschlächtigen Räder.
leitet wird. Weil aber das Wasser hierbei nur eine kurze Zeit auf den Schaufeln ver-
weilet und sich sehr bald ausschüttet, so verfiel man wohl bald auf den Gedanken,
die Schaufeln nicht wie bei unterschlächtigen Rädern in die Verlängerung des Halb-
messers, sondern unter einem Winkel so einzusetzen, damit das Wasser zwischen dieFig.
3.
Tab.
60.

Schaufeln und den Boden des Radkranzes einfallen möge. Soll nun das Wasser lange
im Rade bleiben, so muss der Winkel, welchen die Schaufeln mit der Peripherie ma-
chen, sehr klein seyn. Ist diess aber der Fall, so erreichen zuletzt die Schaufeln bei
einer gegebenen Breite des Radkranzes den Boden nur auf grösserer Entfernung. Da-
durch entsteht der Nachtheil, dass die Schaufeln m n, p t … einander zu nahe kom-
men und den Inhalt der Zellen verengen, indem die Schaufeln selbst einen grossen
Theil des einfallenden Wassers verdrängen, demnach auch das Rad mit Holz überfüllt,
und zu schwer wird.

Um diesem Nachtheile zu begegnen, hat man von der Schaufel m n den Theil o n,Fig.
4.

welcher in dem Wasser q p t steht, weggelassen, und eine andere Schaufel o q in die
Oberfläche des Wassers p o q gestellt und eben so für die folgende auf gleiche Art die
Schaufel r s eingesetzt, wodurch der Vortheil erhalten wird, dass durch die Entfernung
des Theiles zwischen o und s der Inhalt des Wassers q p r s vergrössert und dass auch
statt des längern Theiles o n nur die kürzere Schaufel o q nöthig ist, wodurch also so-
wohl dem Wasser ein grösserer Inhalt als auch dem Rade mehr Leichtigkeit verschafft
wird und die Schaufeln nunmehr aus schmälern Bretern m o und o q zusammengesetzt
werden können, wogegen die nöthige Breite m n aus einem Stück nicht überall zu
finden ist.

Aus diesen Gründen bedient man sich gegenwärtig allenthalben der gebrochenen
Schaufeln
. Es besteht nämlich eine jede Schaufel m o q aus zwei Theilen, wovon
der obere Theil m o, p r, … die Stoss- oder Setzschaufel und o q, r s, … die
Kropf- oder Riegelschaufel genannt wird; der zwischen zwei Schaufeln enthal-
tene Raum wird gewöhnlich eine Zelle genannt.

§. 299.

Bevor wir von der zweckmässigsten Bauart der Zellen eine Anleitung
geben können, wollen wir vorläufig die Forderungen anführen, denen ihre Bau-
art entsprechen soll
.

Es sollen nämlich 1tens: die Zellen so beschaffen seyn, dass sie das Wasser leicht,
und ohne Hinderniss von oben aufnehmen, dasselbe bis zum niedrigsten Punkte des Ra-
des aufbehalten, dort aber auch ganz ausschütten, ohne einen Theil des Wassers an der
entgegengesetzten Seite mit in die Höhe zu nehmen. Man sieht bald ein, dass dieselben
einfachen Mittel, welche der leichtern Aufnahme des Wassers von oben zuträglich sind,
auch unterhalb das zu frühe Ausschütten befördern, dass also die Vermehrung der Wir-
kung an der obern Seite zugleich mit einer Verminderung an der untern Seite verbun-
den ist. Um eine grosse Wirkung hervor zu bringen, sollen sie

2tens: viel Wasser aufnehmen können, ohne dadurch mit Holz überladen und zu
schwer zu werden. Macht man zu dieser Absicht die Entfernung der Schaufeln gross,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0425" n="407"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Verschiedene Arten der oberschlächtigen Räder.</hi></fw><lb/>
leitet wird. Weil aber das Wasser hierbei nur eine kurze Zeit auf den Schaufeln ver-<lb/>
weilet und sich sehr bald ausschüttet, so verfiel man wohl bald auf den Gedanken,<lb/>
die Schaufeln nicht wie bei unterschlächtigen Rädern in die Verlängerung des Halb-<lb/>
messers, sondern unter einem Winkel so einzusetzen, damit das Wasser zwischen die<note place="right">Fig.<lb/>
3.<lb/>
Tab.<lb/>
60.</note><lb/>
Schaufeln und den Boden des Radkranzes einfallen möge. Soll nun das Wasser lange<lb/>
im Rade bleiben, so muss der Winkel, welchen die Schaufeln mit der Peripherie ma-<lb/>
chen, sehr klein seyn. Ist diess aber der Fall, so erreichen zuletzt die Schaufeln bei<lb/>
einer gegebenen Breite des Radkranzes den Boden nur auf grösserer Entfernung. Da-<lb/>
durch entsteht der Nachtheil, dass die Schaufeln m n, p t &#x2026; einander zu nahe kom-<lb/>
men und den Inhalt der Zellen verengen, indem die Schaufeln selbst einen grossen<lb/>
Theil des einfallenden Wassers verdrängen, demnach auch das Rad mit Holz überfüllt,<lb/>
und zu schwer wird.</p><lb/>
            <p>Um diesem Nachtheile zu begegnen, hat man von der Schaufel m n den Theil o n,<note place="right">Fig.<lb/>
4.</note><lb/>
welcher in dem Wasser q p t steht, weggelassen, und eine andere Schaufel o q in die<lb/>
Oberfläche des Wassers p o q gestellt und eben so für die folgende auf gleiche Art die<lb/>
Schaufel r s eingesetzt, wodurch der Vortheil erhalten wird, dass durch die Entfernung<lb/>
des Theiles zwischen o und s der Inhalt des Wassers q p r s vergrössert und dass auch<lb/>
statt des längern Theiles o n nur die kürzere Schaufel o q nöthig ist, wodurch also so-<lb/>
wohl dem Wasser ein grösserer Inhalt als auch dem Rade mehr Leichtigkeit verschafft<lb/>
wird und die Schaufeln nunmehr aus schmälern Bretern m o und o q zusammengesetzt<lb/>
werden können, wogegen die nöthige Breite m n aus einem Stück nicht überall zu<lb/>
finden ist.</p><lb/>
            <p>Aus diesen Gründen bedient man sich gegenwärtig allenthalben der <hi rendition="#g">gebrochenen<lb/>
Schaufeln</hi>. Es besteht nämlich eine jede Schaufel m o q aus zwei Theilen, wovon<lb/>
der obere Theil m o, p r, &#x2026; die <hi rendition="#g">Stoss- oder Setzschaufel</hi> und o q, r s, &#x2026; die<lb/><hi rendition="#g">Kropf- oder Riegelschaufel</hi> genannt wird; der zwischen zwei Schaufeln enthal-<lb/>
tene Raum wird gewöhnlich eine <hi rendition="#g">Zelle</hi> genannt.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 299.</head><lb/>
            <p>Bevor wir von der <hi rendition="#g">zweckmässigsten Bauart der Zellen</hi> eine Anleitung<lb/>
geben können, wollen wir vorläufig die <hi rendition="#g">Forderungen</hi> anführen, <hi rendition="#g">denen ihre Bau-<lb/>
art entsprechen soll</hi>.</p><lb/>
            <p>Es sollen nämlich <hi rendition="#g">1tens</hi>: die Zellen so beschaffen seyn, dass sie das Wasser leicht,<lb/>
und ohne Hinderniss von oben aufnehmen, dasselbe bis zum niedrigsten Punkte des Ra-<lb/>
des aufbehalten, dort aber auch ganz ausschütten, ohne einen Theil des Wassers an der<lb/>
entgegengesetzten Seite mit in die Höhe zu nehmen. Man sieht bald ein, dass dieselben<lb/>
einfachen Mittel, welche der leichtern Aufnahme des Wassers von oben zuträglich sind,<lb/>
auch unterhalb das zu frühe Ausschütten befördern, dass also die Vermehrung der Wir-<lb/>
kung an der obern Seite zugleich mit einer Verminderung an der untern Seite verbun-<lb/>
den ist. Um eine grosse Wirkung hervor zu bringen, sollen sie</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">2tens</hi>: viel Wasser aufnehmen können, ohne dadurch mit Holz überladen und zu<lb/>
schwer zu werden. Macht man zu dieser Absicht die Entfernung der Schaufeln gross,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[407/0425] Verschiedene Arten der oberschlächtigen Räder. leitet wird. Weil aber das Wasser hierbei nur eine kurze Zeit auf den Schaufeln ver- weilet und sich sehr bald ausschüttet, so verfiel man wohl bald auf den Gedanken, die Schaufeln nicht wie bei unterschlächtigen Rädern in die Verlängerung des Halb- messers, sondern unter einem Winkel so einzusetzen, damit das Wasser zwischen die Schaufeln und den Boden des Radkranzes einfallen möge. Soll nun das Wasser lange im Rade bleiben, so muss der Winkel, welchen die Schaufeln mit der Peripherie ma- chen, sehr klein seyn. Ist diess aber der Fall, so erreichen zuletzt die Schaufeln bei einer gegebenen Breite des Radkranzes den Boden nur auf grösserer Entfernung. Da- durch entsteht der Nachtheil, dass die Schaufeln m n, p t … einander zu nahe kom- men und den Inhalt der Zellen verengen, indem die Schaufeln selbst einen grossen Theil des einfallenden Wassers verdrängen, demnach auch das Rad mit Holz überfüllt, und zu schwer wird. Fig. 3. Tab. 60. Um diesem Nachtheile zu begegnen, hat man von der Schaufel m n den Theil o n, welcher in dem Wasser q p t steht, weggelassen, und eine andere Schaufel o q in die Oberfläche des Wassers p o q gestellt und eben so für die folgende auf gleiche Art die Schaufel r s eingesetzt, wodurch der Vortheil erhalten wird, dass durch die Entfernung des Theiles zwischen o und s der Inhalt des Wassers q p r s vergrössert und dass auch statt des längern Theiles o n nur die kürzere Schaufel o q nöthig ist, wodurch also so- wohl dem Wasser ein grösserer Inhalt als auch dem Rade mehr Leichtigkeit verschafft wird und die Schaufeln nunmehr aus schmälern Bretern m o und o q zusammengesetzt werden können, wogegen die nöthige Breite m n aus einem Stück nicht überall zu finden ist. Fig. 4. Aus diesen Gründen bedient man sich gegenwärtig allenthalben der gebrochenen Schaufeln. Es besteht nämlich eine jede Schaufel m o q aus zwei Theilen, wovon der obere Theil m o, p r, … die Stoss- oder Setzschaufel und o q, r s, … die Kropf- oder Riegelschaufel genannt wird; der zwischen zwei Schaufeln enthal- tene Raum wird gewöhnlich eine Zelle genannt. §. 299. Bevor wir von der zweckmässigsten Bauart der Zellen eine Anleitung geben können, wollen wir vorläufig die Forderungen anführen, denen ihre Bau- art entsprechen soll. Es sollen nämlich 1tens: die Zellen so beschaffen seyn, dass sie das Wasser leicht, und ohne Hinderniss von oben aufnehmen, dasselbe bis zum niedrigsten Punkte des Ra- des aufbehalten, dort aber auch ganz ausschütten, ohne einen Theil des Wassers an der entgegengesetzten Seite mit in die Höhe zu nehmen. Man sieht bald ein, dass dieselben einfachen Mittel, welche der leichtern Aufnahme des Wassers von oben zuträglich sind, auch unterhalb das zu frühe Ausschütten befördern, dass also die Vermehrung der Wir- kung an der obern Seite zugleich mit einer Verminderung an der untern Seite verbun- den ist. Um eine grosse Wirkung hervor zu bringen, sollen sie 2tens: viel Wasser aufnehmen können, ohne dadurch mit Holz überladen und zu schwer zu werden. Macht man zu dieser Absicht die Entfernung der Schaufeln gross,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/425
Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/425>, abgerufen am 18.12.2024.