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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

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Stauhöhe bei einem Wehre.
§. 245.

Es sey nun die Stauhöhe für den Fall zu bestimmen, wenn in einem Flusse ein
Wehr von einem Ufer zum andern in einer solchen Höhe erbaut wird, dass dasselbe kleiner
ist als die Wassertiefe. Es sey die gewöhnliche oder natürliche Höhe der Oberfläche
des fliessenden Wassers vor dem Einbaue A C = a, die Geschwindigkeit des Fluss-Fig.
9.
Tab.
55.

wassers, welche vor dem Einbaue Statt hatte = c, die ausgeglichene Breite des na-
türlichen Flussbettes vor dem Einbaue = b, folglich der gewöhnliche Wasserabfluss
= b . a . c. Die Länge des eingebauten Wehres sey = B, die Höhe des Wehres A B = h
und die Stauhöhe D C = x, demnach die Höhe des gestauten Wassers A D = a + x.

Da das gestaute Wasser hinter dem Wehre von der gestauten Oberfläche E D
wieder in die natürliche Oberfläche des Flusses O M herabfällt, so können wir
annehmen, dass das in dem Raume E D C F enthaltene Wasser nach O frei ab-
fliesst. Für diesen Fall ist die Geschwindigkeit des Wassers in C = [Formel 1] und die
mittlere Geschwindigkeit des Wassers von D bis C = 2/3 [Formel 2] ; demnach ist die
Wassermenge, welche in der ganzen Breite des Wehres durch den obern Theil C D
frei abfliesst = 2/3 B . x [Formel 3] .

Die Geschwindigkeit des Wassers in dem Raume B C war vorher c, folglich durch
eine Druckhöhe [Formel 4] erzeugt, zu dieser Höhe kommt nun noch die Geschwindigkeits-
höhe x an der Oberfläche, folglich wird die Geschwindigkeit des zwischen C und B
abfliessenden Wassers die Summe beider Höhen [Formel 5] + x zu ihrer Geschwindigkeitshöhe
haben und die Geschwindigkeit daher [Formel 6] seyn. Diese Ge-
schwindigkeit ist nämlich eben so gross, als die Geschwindigkeit eines Körpers, welcher
über eine schiefe Fläche, deren Höhe x ist, herablauft und bei dem obern Punkte
oder Anfange der schiefen Fläche die Geschwindigkeit c hat, folglich am Ende dersel-
ben die Geschwindigkeit [Formel 7] erlangt. Demnach ist die durch den Raum
C B = a -- h nach der ganzen Breite B des Wehres abfliessende Wassermenge
= B (a -- h) [Formel 8] .

Da nicht mehr und nicht weniger Wasser über das Wehr abfliessen kann, als ur-
sprünglich vorhanden war, so würden wir die Summe
2/3 B . x [Formel 9] + B (a -- h) [Formel 10] der ursprünglichen Wassermenge b . a . c
gleich setzen können, wenn hier nicht eine ähnliche Zusammenziehung des Wassers
wie bei dem Ausflusse durch Wandöffnungen Statt fände. Das Wasser, welches auf
dem Grundbette floss, muss sich nämlich vor dem Wehre nach der krummen Linie p BFig.
10.

bis auf die Höhe der Hauptschwelle des Wehres erheben, kommt folglich dort in
einer schiefen Richtung an und wird auf gleiche Art an der Oberfläche wegen seiner
Beschleunigung in der krummen Linie q E im Punkte E nicht horizontal, sondern
nach einer schiefen Richtung abfliessen; da diese beiden Wasserstrahlen endlich eine
gemeinschaftliche Richtung annehmen, so ergibt sich hieraus deutlich der Grund sei-

Gerstner's Mechanik. Band II. 42
Stauhöhe bei einem Wehre.
§. 245.

Es sey nun die Stauhöhe für den Fall zu bestimmen, wenn in einem Flusse ein
Wehr von einem Ufer zum andern in einer solchen Höhe erbaut wird, dass dasselbe kleiner
ist als die Wassertiefe. Es sey die gewöhnliche oder natürliche Höhe der Oberfläche
des fliessenden Wassers vor dem Einbaue A C = a, die Geschwindigkeit des Fluss-Fig.
9.
Tab.
55.

wassers, welche vor dem Einbaue Statt hatte = c, die ausgeglichene Breite des na-
türlichen Flussbettes vor dem Einbaue = b, folglich der gewöhnliche Wasserabfluss
= b . a . c. Die Länge des eingebauten Wehres sey = B, die Höhe des Wehres A B = h
und die Stauhöhe D C = x, demnach die Höhe des gestauten Wassers A D = a + x.

Da das gestaute Wasser hinter dem Wehre von der gestauten Oberfläche E D
wieder in die natürliche Oberfläche des Flusses O M herabfällt, so können wir
annehmen, dass das in dem Raume E D C F enthaltene Wasser nach O frei ab-
fliesst. Für diesen Fall ist die Geschwindigkeit des Wassers in C = [Formel 1] und die
mittlere Geschwindigkeit des Wassers von D bis C = ⅔ [Formel 2] ; demnach ist die
Wassermenge, welche in der ganzen Breite des Wehres durch den obern Theil C D
frei abfliesst = ⅔ B . x [Formel 3] .

Die Geschwindigkeit des Wassers in dem Raume B C war vorher c, folglich durch
eine Druckhöhe [Formel 4] erzeugt, zu dieser Höhe kommt nun noch die Geschwindigkeits-
höhe x an der Oberfläche, folglich wird die Geschwindigkeit des zwischen C und B
abfliessenden Wassers die Summe beider Höhen [Formel 5] + x zu ihrer Geschwindigkeitshöhe
haben und die Geschwindigkeit daher [Formel 6] seyn. Diese Ge-
schwindigkeit ist nämlich eben so gross, als die Geschwindigkeit eines Körpers, welcher
über eine schiefe Fläche, deren Höhe x ist, herablauft und bei dem obern Punkte
oder Anfange der schiefen Fläche die Geschwindigkeit c hat, folglich am Ende dersel-
ben die Geschwindigkeit [Formel 7] erlangt. Demnach ist die durch den Raum
C B = a — h nach der ganzen Breite B des Wehres abfliessende Wassermenge
= B (a — h) [Formel 8] .

Da nicht mehr und nicht weniger Wasser über das Wehr abfliessen kann, als ur-
sprünglich vorhanden war, so würden wir die Summe
⅔ B . x [Formel 9] + B (a — h) [Formel 10] der ursprünglichen Wassermenge b . a . c
gleich setzen können, wenn hier nicht eine ähnliche Zusammenziehung des Wassers
wie bei dem Ausflusse durch Wandöffnungen Statt fände. Das Wasser, welches auf
dem Grundbette floss, muss sich nämlich vor dem Wehre nach der krummen Linie p BFig.
10.

bis auf die Höhe der Hauptschwelle des Wehres erheben, kommt folglich dort in
einer schiefen Richtung an und wird auf gleiche Art an der Oberfläche wegen seiner
Beschleunigung in der krummen Linie q E im Punkte E nicht horizontal, sondern
nach einer schiefen Richtung abfliessen; da diese beiden Wasserstrahlen endlich eine
gemeinschaftliche Richtung annehmen, so ergibt sich hieraus deutlich der Grund sei-

Gerstner’s Mechanik. Band II. 42
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[329/0347] Stauhöhe bei einem Wehre. §. 245. Es sey nun die Stauhöhe für den Fall zu bestimmen, wenn in einem Flusse ein Wehr von einem Ufer zum andern in einer solchen Höhe erbaut wird, dass dasselbe kleiner ist als die Wassertiefe. Es sey die gewöhnliche oder natürliche Höhe der Oberfläche des fliessenden Wassers vor dem Einbaue A C = a, die Geschwindigkeit des Fluss- wassers, welche vor dem Einbaue Statt hatte = c, die ausgeglichene Breite des na- türlichen Flussbettes vor dem Einbaue = b, folglich der gewöhnliche Wasserabfluss = b . a . c. Die Länge des eingebauten Wehres sey = B, die Höhe des Wehres A B = h und die Stauhöhe D C = x, demnach die Höhe des gestauten Wassers A D = a + x. Fig. 9. Tab. 55. Da das gestaute Wasser hinter dem Wehre von der gestauten Oberfläche E D wieder in die natürliche Oberfläche des Flusses O M herabfällt, so können wir annehmen, dass das in dem Raume E D C F enthaltene Wasser nach O frei ab- fliesst. Für diesen Fall ist die Geschwindigkeit des Wassers in C = [FORMEL] und die mittlere Geschwindigkeit des Wassers von D bis C = ⅔ [FORMEL]; demnach ist die Wassermenge, welche in der ganzen Breite des Wehres durch den obern Theil C D frei abfliesst = ⅔ B . x [FORMEL]. Die Geschwindigkeit des Wassers in dem Raume B C war vorher c, folglich durch eine Druckhöhe [FORMEL] erzeugt, zu dieser Höhe kommt nun noch die Geschwindigkeits- höhe x an der Oberfläche, folglich wird die Geschwindigkeit des zwischen C und B abfliessenden Wassers die Summe beider Höhen [FORMEL] + x zu ihrer Geschwindigkeitshöhe haben und die Geschwindigkeit daher [FORMEL] seyn. Diese Ge- schwindigkeit ist nämlich eben so gross, als die Geschwindigkeit eines Körpers, welcher über eine schiefe Fläche, deren Höhe x ist, herablauft und bei dem obern Punkte oder Anfange der schiefen Fläche die Geschwindigkeit c hat, folglich am Ende dersel- ben die Geschwindigkeit [FORMEL] erlangt. Demnach ist die durch den Raum C B = a — h nach der ganzen Breite B des Wehres abfliessende Wassermenge = B (a — h) [FORMEL]. Da nicht mehr und nicht weniger Wasser über das Wehr abfliessen kann, als ur- sprünglich vorhanden war, so würden wir die Summe ⅔ B . x [FORMEL] + B (a — h) [FORMEL] der ursprünglichen Wassermenge b . a . c gleich setzen können, wenn hier nicht eine ähnliche Zusammenziehung des Wassers wie bei dem Ausflusse durch Wandöffnungen Statt fände. Das Wasser, welches auf dem Grundbette floss, muss sich nämlich vor dem Wehre nach der krummen Linie p B bis auf die Höhe der Hauptschwelle des Wehres erheben, kommt folglich dort in einer schiefen Richtung an und wird auf gleiche Art an der Oberfläche wegen seiner Beschleunigung in der krummen Linie q E im Punkte E nicht horizontal, sondern nach einer schiefen Richtung abfliessen; da diese beiden Wasserstrahlen endlich eine gemeinschaftliche Richtung annehmen, so ergibt sich hieraus deutlich der Grund sei- Fig. 10. Gerstner’s Mechanik. Band II. 42

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/347>, abgerufen am 18.11.2024.