Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.Bemerkungen. münden, verlieren in der Nähe des Meeres ihr ganzes Gefälle und setzen daher allenSand und Schotter, den sie mitbringen, ab. Dadurch wurde bereits seit mehreren Jahr- hunderten die Anlage von Dämmen (Deichen) an beiden Ufern der Flüsse nothwendig, und diese Dämme mussten nach Massgabe, als sich das Flussbett mehr vertrug, abermals erhöht werden. Auf diese Art ist es in einem grossen Theile der nördlichen Provinzen der Niederlande bereits dahin gekommen, dass das Flussbett dem äussern Erdreich ent- weder gleich oder selbst höher liegt, und man sieht leicht ein, dass die Erhaltung die- ser Dämme für die Existenz eines grossen Theiles dieses Landes unumgänglich nothwendig ist. Die Deichunterhaltung und der Flussbau überhaupt gehören demnach zu den wichtig- sten Landesanstalten der Niederlande und nicht ohne Grund behaupten die dortigen Hy- drotekten schon seit vielen Jahren, dass einem Theile des Königreichs bei den immer wiederkehrenden und stets wachsenden Uiberschwemmungen der Untergang drohe. Be- reits im Jahre 1745 kamen die Provinzen Holland, Geldern, Westfriesland, Utrecht und Oberyssel über die Theilung der Wassermenge des Rheines überein und bestimmten, wie viel ein jeder Arm des Rheines hiervon aufnehmen solle. In dieser Hinsicht müssen alle Jahre genaue Abmessungen vorgenommen werden, zumal als die Schlammabsetzung im Rheine nicht fortwährend gleich ist und bald in diesen bald jenen Hauptarm dessel- ben mehr oder minder Wasser eindringt. Hiernach müssen nun auch die Wasserbauten angelegt und zu diesem Behufe die Messungen mit grösster Genauigkeit vorgenommen werden. Ein interessanter Aufsatz über die Theilung des Rheines in den Nieder- landen, die Gefahren, welche hierdurch entstehen, und die zu ihrer Abwendung aus- geführten Bauten befindet sich in der: "Beschreibung neuerer Wasserbauwerke in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und der Schweiz von G. Hagen, Königs- berg 1826." §. 242. Wir haben in diesem Kapitel bisher die Gesetze über die gleichförmige Bewegung Das Wasser der Bäche, Flüsse und Ströme ist in den meisten Fällen die wohlfeil- Das Wasser in Flüssen fliesst gewöhnlich nicht so schnell, um unmittelbar daran Bemerkungen. münden, verlieren in der Nähe des Meeres ihr ganzes Gefälle und setzen daher allenSand und Schotter, den sie mitbringen, ab. Dadurch wurde bereits seit mehreren Jahr- hunderten die Anlage von Dämmen (Deichen) an beiden Ufern der Flüsse nothwendig, und diese Dämme mussten nach Massgabe, als sich das Flussbett mehr vertrug, abermals erhöht werden. Auf diese Art ist es in einem grossen Theile der nördlichen Provinzen der Niederlande bereits dahin gekommen, dass das Flussbett dem äussern Erdreich ent- weder gleich oder selbst höher liegt, und man sieht leicht ein, dass die Erhaltung die- ser Dämme für die Existenz eines grossen Theiles dieses Landes unumgänglich nothwendig ist. Die Deichunterhaltung und der Flussbau überhaupt gehören demnach zu den wichtig- sten Landesanstalten der Niederlande und nicht ohne Grund behaupten die dortigen Hy- drotekten schon seit vielen Jahren, dass einem Theile des Königreichs bei den immer wiederkehrenden und stets wachsenden Uiberschwemmungen der Untergang drohe. Be- reits im Jahre 1745 kamen die Provinzen Holland, Geldern, Westfriesland, Utrecht und Oberyssel über die Theilung der Wassermenge des Rheines überein und bestimmten, wie viel ein jeder Arm des Rheines hiervon aufnehmen solle. In dieser Hinsicht müssen alle Jahre genaue Abmessungen vorgenommen werden, zumal als die Schlammabsetzung im Rheine nicht fortwährend gleich ist und bald in diesen bald jenen Hauptarm dessel- ben mehr oder minder Wasser eindringt. Hiernach müssen nun auch die Wasserbauten angelegt und zu diesem Behufe die Messungen mit grösster Genauigkeit vorgenommen werden. Ein interessanter Aufsatz über die Theilung des Rheines in den Nieder- landen, die Gefahren, welche hierdurch entstehen, und die zu ihrer Abwendung aus- geführten Bauten befindet sich in der: „Beschreibung neuerer Wasserbauwerke in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und der Schweiz von G. Hagen, Königs- berg 1826.“ §. 242. Wir haben in diesem Kapitel bisher die Gesetze über die gleichförmige Bewegung Das Wasser der Bäche, Flüsse und Ströme ist in den meisten Fällen die wohlfeil- Das Wasser in Flüssen fliesst gewöhnlich nicht so schnell, um unmittelbar daran <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0344" n="326"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Bemerkungen</hi>.</fw><lb/> münden, verlieren in der Nähe des Meeres ihr ganzes Gefälle und setzen daher allen<lb/> Sand und Schotter, den sie mitbringen, ab. Dadurch wurde bereits seit mehreren Jahr-<lb/> hunderten die Anlage von Dämmen (Deichen) an beiden Ufern der Flüsse nothwendig,<lb/> und diese Dämme mussten nach Massgabe, als sich das Flussbett mehr vertrug, abermals<lb/> erhöht werden. Auf diese Art ist es in einem grossen Theile der nördlichen Provinzen<lb/> der Niederlande bereits dahin gekommen, dass das Flussbett dem äussern Erdreich ent-<lb/> weder gleich oder selbst höher liegt, und man sieht leicht ein, dass die Erhaltung die-<lb/> ser Dämme für die Existenz eines grossen Theiles dieses Landes unumgänglich nothwendig<lb/> ist. Die Deichunterhaltung und der Flussbau überhaupt gehören demnach zu den wichtig-<lb/> sten Landesanstalten der Niederlande und nicht ohne Grund behaupten die dortigen Hy-<lb/> drotekten schon seit vielen Jahren, dass einem Theile des Königreichs bei den immer<lb/> wiederkehrenden und stets wachsenden Uiberschwemmungen der Untergang drohe. Be-<lb/> reits im Jahre 1745 kamen die Provinzen Holland, Geldern, Westfriesland, Utrecht und<lb/> Oberyssel über die Theilung der Wassermenge des Rheines überein und bestimmten, wie<lb/> viel ein jeder Arm des Rheines hiervon aufnehmen solle. In dieser Hinsicht müssen alle<lb/> Jahre genaue Abmessungen vorgenommen werden, zumal als die Schlammabsetzung im<lb/> Rheine nicht fortwährend gleich ist und bald in diesen bald jenen Hauptarm dessel-<lb/> ben mehr oder minder Wasser eindringt. Hiernach müssen nun auch die Wasserbauten<lb/> angelegt und zu diesem Behufe die Messungen mit grösster Genauigkeit vorgenommen<lb/> werden. Ein interessanter Aufsatz über die Theilung des Rheines in den Nieder-<lb/> landen, die Gefahren, welche hierdurch entstehen, und die zu ihrer Abwendung aus-<lb/> geführten Bauten befindet sich in der: „Beschreibung neuerer Wasserbauwerke in<lb/> Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und der Schweiz von <hi rendition="#i">G. Hagen</hi>, Königs-<lb/> berg 1826.“</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 242.</head><lb/> <p>Wir haben in diesem Kapitel bisher die Gesetze über die gleichförmige Bewegung<lb/> des Wassers und dann die Methoden, die abgeführte Wassermenge zu bestimmen, ken-<lb/> nen gelernt, und kommen nun gegenwärtig zu der <hi rendition="#g">Benützung des Wassers</hi>, um<lb/> mittelst desselben Maschinen zu betreiben.</p><lb/> <p>Das Wasser der Bäche, Flüsse und Ströme ist in den meisten Fällen die wohlfeil-<lb/> ste Kraft und kann um so leichter in Anspruch genommen oder verwendet werden, da es<lb/> sonst ohnehin unbenützt abfliessen würde. Diese Kraft hat den Vortheil, dass sie nie<lb/> müde wird und Tag und Nacht gleich arbeitet, während die Kraft der Menschen oder<lb/> Thiere bloss eine ununterbrochene Arbeit von beiläufig 8 Stunden aushält. Aus dieser<lb/> Ursache werden Mühlen, Hammer- und Pochwerke, Gebläse und überhaupt alle Maschi-<lb/> nerien und ganze Fabriken, wo es thunlich ist, an das Wasser gestellt, weil dann bloss<lb/> die Kosten der Anlage und Unterhaltung der Wasserwerke erfordert werden, welche in<lb/> den meisten Fällen, wenigstens in unsern Ländern, weit geringer sind, als die Aufstel-<lb/> lung und Unterhaltung der Maschinen, welche mittelst der Kräfte der Thiere, der Was-<lb/> serdämpfe oder des Windes bewegt werden.</p><lb/> <p>Das Wasser in Flüssen fliesst gewöhnlich nicht so schnell, um unmittelbar daran<lb/> Wasserwerke legen zu können; man muss es daher schwellen und zu diesem Behufe<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [326/0344]
Bemerkungen.
münden, verlieren in der Nähe des Meeres ihr ganzes Gefälle und setzen daher allen
Sand und Schotter, den sie mitbringen, ab. Dadurch wurde bereits seit mehreren Jahr-
hunderten die Anlage von Dämmen (Deichen) an beiden Ufern der Flüsse nothwendig,
und diese Dämme mussten nach Massgabe, als sich das Flussbett mehr vertrug, abermals
erhöht werden. Auf diese Art ist es in einem grossen Theile der nördlichen Provinzen
der Niederlande bereits dahin gekommen, dass das Flussbett dem äussern Erdreich ent-
weder gleich oder selbst höher liegt, und man sieht leicht ein, dass die Erhaltung die-
ser Dämme für die Existenz eines grossen Theiles dieses Landes unumgänglich nothwendig
ist. Die Deichunterhaltung und der Flussbau überhaupt gehören demnach zu den wichtig-
sten Landesanstalten der Niederlande und nicht ohne Grund behaupten die dortigen Hy-
drotekten schon seit vielen Jahren, dass einem Theile des Königreichs bei den immer
wiederkehrenden und stets wachsenden Uiberschwemmungen der Untergang drohe. Be-
reits im Jahre 1745 kamen die Provinzen Holland, Geldern, Westfriesland, Utrecht und
Oberyssel über die Theilung der Wassermenge des Rheines überein und bestimmten, wie
viel ein jeder Arm des Rheines hiervon aufnehmen solle. In dieser Hinsicht müssen alle
Jahre genaue Abmessungen vorgenommen werden, zumal als die Schlammabsetzung im
Rheine nicht fortwährend gleich ist und bald in diesen bald jenen Hauptarm dessel-
ben mehr oder minder Wasser eindringt. Hiernach müssen nun auch die Wasserbauten
angelegt und zu diesem Behufe die Messungen mit grösster Genauigkeit vorgenommen
werden. Ein interessanter Aufsatz über die Theilung des Rheines in den Nieder-
landen, die Gefahren, welche hierdurch entstehen, und die zu ihrer Abwendung aus-
geführten Bauten befindet sich in der: „Beschreibung neuerer Wasserbauwerke in
Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und der Schweiz von G. Hagen, Königs-
berg 1826.“
§. 242.
Wir haben in diesem Kapitel bisher die Gesetze über die gleichförmige Bewegung
des Wassers und dann die Methoden, die abgeführte Wassermenge zu bestimmen, ken-
nen gelernt, und kommen nun gegenwärtig zu der Benützung des Wassers, um
mittelst desselben Maschinen zu betreiben.
Das Wasser der Bäche, Flüsse und Ströme ist in den meisten Fällen die wohlfeil-
ste Kraft und kann um so leichter in Anspruch genommen oder verwendet werden, da es
sonst ohnehin unbenützt abfliessen würde. Diese Kraft hat den Vortheil, dass sie nie
müde wird und Tag und Nacht gleich arbeitet, während die Kraft der Menschen oder
Thiere bloss eine ununterbrochene Arbeit von beiläufig 8 Stunden aushält. Aus dieser
Ursache werden Mühlen, Hammer- und Pochwerke, Gebläse und überhaupt alle Maschi-
nerien und ganze Fabriken, wo es thunlich ist, an das Wasser gestellt, weil dann bloss
die Kosten der Anlage und Unterhaltung der Wasserwerke erfordert werden, welche in
den meisten Fällen, wenigstens in unsern Ländern, weit geringer sind, als die Aufstel-
lung und Unterhaltung der Maschinen, welche mittelst der Kräfte der Thiere, der Was-
serdämpfe oder des Windes bewegt werden.
Das Wasser in Flüssen fliesst gewöhnlich nicht so schnell, um unmittelbar daran
Wasserwerke legen zu können; man muss es daher schwellen und zu diesem Behufe
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |