Fig. 1. Tab. 54.müsse als in N, und eben so, wenn U W grösser als M N ist, so wird die Geschwindig- keit in W grösser als in N seyn, oder überhaupt die Geschwindigkeit des Wassers ist auf gleichen Höhen gleich, in höheren Gegenden kleiner und in niedrigern grösser, als auf der ursprünglichen horizontalen Linie.
§. 208.
Wenn wir annehmen, dass die Geschwindigkeit des Wassers in dem Querschnitte A A' in allen Punkten seiner Höhe und Breite von gleicher Grösse = c ist, und wenn die Höhe dieses Querschnittes A A' = a, die Breite = b und die Querschnittsfläche ein Rechteck ist, so ist die Wassermenge, welche in jeder Sekunde durch den Quer- schnitt A fliesst, offenbar dem Prisma a . b . c gleich. Wird auf gleiche Art in einem andern Querschnitte N N' die Geschwindigkeit = v, die Höhe N N' = u und die Breite = z gesetzt, so ist die durch diesen Querschnitt in einer Sekunde fliessende Wasser- menge = u . z . v. Wenn nun zu diesem Flusse zwischen A und N weder etwas hinzu- kommt, noch etwas abgeht, folglich in jeder Sekunde dieselbe Wassermenge durch beide Querschnitte fliessen muss, so haben wir die Gleichung a . b . c = u . z . v und v : c = a . b : u . z oder die Geschwindigkeiten des Wassers verhalten sich umgekehrt wie die Querschnittsflächen des Flusses. Demnach würden die Querschnittsflächen desselben Flusses in hohen Gegenden, wo die Geschwin- digkeiten kleiner sind, grösser, und in niedrigen Gegenden, wo die Geschwindigkeiten grösser sind, kleiner seyn müssen.
Diese Sätze werden aber bei unsern Flüssen von der Erfahrung nicht bestättigt. Alle Flüsse haben nämlich bei ihrem Ausflusse in das Meer die kleinste Geschwindig- keit, dagegen in höheren Gegenden auf den schiefen Flächen über die Gebirge herab viel grössere Geschwindigkeiten. Die Ursache hiervon liegt offenbar in den bereits er- wähnten Widerständen, welche das Wasser bei seiner Bewegung in Flussbetten erfährt.
§. 209.
Wir haben bereits bei der Bewegung des Wassers in Röhrenleitungen gezeigt, dass die Widerstände, welche das Wasser an den Röhrenwänden erfährt, theils der innern Fläche der Röhren, welche vom Wasser berührt wird, theils auch einer Funkzion der Geschwindigkeit proporzional sind. Bezeichnen wir die Druckhöhe der Röhrenleitung wie §. 129 mit h, die Querschnittsfläche der Röhre mit f, die Peripherie derselben mit p, und ihre Länge mit l, sonach die vom Wasser berührte Fläche mit p . l, endlich die Geschwindigkeit, mit welcher das Wasser durch die Röhre fliesst, mit v, so findet, wie in jenem §. gezeigt wurde, die Gleichung h =
[Formel 1]
Statt. Da die Querschnitte der Röhre einander durch- aus gleich sind, so muss auch die Geschwindigkeit des Wassers am Anfange und am Ende der Röhre gleich seyn.
Wir können offenbar einer jeden Röhre, in welche das Wasser aus einem Behäl- ter fliesst, eine solche Neigung geben, dass ihr Gefälle y auf der Länge l oder dass
Geschwindigkeit fliessender Gewässer.
Fig. 1. Tab. 54.müsse als in N, und eben so, wenn U W grösser als M N ist, so wird die Geschwindig- keit in W grösser als in N seyn, oder überhaupt die Geschwindigkeit des Wassers ist auf gleichen Höhen gleich, in höheren Gegenden kleiner und in niedrigern grösser, als auf der ursprünglichen horizontalen Linie.
§. 208.
Wenn wir annehmen, dass die Geschwindigkeit des Wassers in dem Querschnitte A A' in allen Punkten seiner Höhe und Breite von gleicher Grösse = c ist, und wenn die Höhe dieses Querschnittes A A' = a, die Breite = b und die Querschnittsfläche ein Rechteck ist, so ist die Wassermenge, welche in jeder Sekunde durch den Quer- schnitt A fliesst, offenbar dem Prisma a . b . c gleich. Wird auf gleiche Art in einem andern Querschnitte N N' die Geschwindigkeit = v, die Höhe N N' = u und die Breite = z gesetzt, so ist die durch diesen Querschnitt in einer Sekunde fliessende Wasser- menge = u . z . v. Wenn nun zu diesem Flusse zwischen A und N weder etwas hinzu- kommt, noch etwas abgeht, folglich in jeder Sekunde dieselbe Wassermenge durch beide Querschnitte fliessen muss, so haben wir die Gleichung a . b . c = u . z . v und v : c = a . b : u . z oder die Geschwindigkeiten des Wassers verhalten sich umgekehrt wie die Querschnittsflächen des Flusses. Demnach würden die Querschnittsflächen desselben Flusses in hohen Gegenden, wo die Geschwin- digkeiten kleiner sind, grösser, und in niedrigen Gegenden, wo die Geschwindigkeiten grösser sind, kleiner seyn müssen.
Diese Sätze werden aber bei unsern Flüssen von der Erfahrung nicht bestättigt. Alle Flüsse haben nämlich bei ihrem Ausflusse in das Meer die kleinste Geschwindig- keit, dagegen in höheren Gegenden auf den schiefen Flächen über die Gebirge herab viel grössere Geschwindigkeiten. Die Ursache hiervon liegt offenbar in den bereits er- wähnten Widerständen, welche das Wasser bei seiner Bewegung in Flussbetten erfährt.
§. 209.
Wir haben bereits bei der Bewegung des Wassers in Röhrenleitungen gezeigt, dass die Widerstände, welche das Wasser an den Röhrenwänden erfährt, theils der innern Fläche der Röhren, welche vom Wasser berührt wird, theils auch einer Funkzion der Geschwindigkeit proporzional sind. Bezeichnen wir die Druckhöhe der Röhrenleitung wie §. 129 mit h, die Querschnittsfläche der Röhre mit f, die Peripherie derselben mit p, und ihre Länge mit l, sonach die vom Wasser berührte Fläche mit p . l, endlich die Geschwindigkeit, mit welcher das Wasser durch die Röhre fliesst, mit v, so findet, wie in jenem §. gezeigt wurde, die Gleichung h =
[Formel 1]
Statt. Da die Querschnitte der Röhre einander durch- aus gleich sind, so muss auch die Geschwindigkeit des Wassers am Anfange und am Ende der Röhre gleich seyn.
Wir können offenbar einer jeden Röhre, in welche das Wasser aus einem Behäl- ter fliesst, eine solche Neigung geben, dass ihr Gefälle y auf der Länge l oder dass
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Geschwindigkeit fliessender Gewässer.
müsse als in N, und eben so, wenn U W grösser als M N ist, so wird die Geschwindig-
keit in W grösser als in N seyn, oder überhaupt die Geschwindigkeit des Wassers ist auf
gleichen Höhen gleich, in höheren Gegenden kleiner und in niedrigern grösser, als auf
der ursprünglichen horizontalen Linie.
Fig.
1.
Tab.
54.
§. 208.
Wenn wir annehmen, dass die Geschwindigkeit des Wassers in dem Querschnitte
A A' in allen Punkten seiner Höhe und Breite von gleicher Grösse = c ist, und wenn
die Höhe dieses Querschnittes A A' = a, die Breite = b und die Querschnittsfläche
ein Rechteck ist, so ist die Wassermenge, welche in jeder Sekunde durch den Quer-
schnitt A fliesst, offenbar dem Prisma a . b . c gleich. Wird auf gleiche Art in einem
andern Querschnitte N N' die Geschwindigkeit = v, die Höhe N N' = u und die Breite
= z gesetzt, so ist die durch diesen Querschnitt in einer Sekunde fliessende Wasser-
menge = u . z . v. Wenn nun zu diesem Flusse zwischen A und N weder etwas hinzu-
kommt, noch etwas abgeht, folglich in jeder Sekunde dieselbe Wassermenge durch beide
Querschnitte fliessen muss, so haben wir die Gleichung a . b . c = u . z . v und
v : c = a . b : u . z oder die Geschwindigkeiten des Wassers verhalten
sich umgekehrt wie die Querschnittsflächen des Flusses. Demnach
würden die Querschnittsflächen desselben Flusses in hohen Gegenden, wo die Geschwin-
digkeiten kleiner sind, grösser, und in niedrigen Gegenden, wo die Geschwindigkeiten
grösser sind, kleiner seyn müssen.
Diese Sätze werden aber bei unsern Flüssen von der Erfahrung nicht bestättigt.
Alle Flüsse haben nämlich bei ihrem Ausflusse in das Meer die kleinste Geschwindig-
keit, dagegen in höheren Gegenden auf den schiefen Flächen über die Gebirge herab
viel grössere Geschwindigkeiten. Die Ursache hiervon liegt offenbar in den bereits er-
wähnten Widerständen, welche das Wasser bei seiner Bewegung in Flussbetten erfährt.
§. 209.
Wir haben bereits bei der Bewegung des Wassers in Röhrenleitungen gezeigt,
dass die Widerstände, welche das Wasser an den Röhrenwänden erfährt, theils der
innern Fläche der Röhren, welche vom Wasser berührt wird, theils auch einer
Funkzion der Geschwindigkeit proporzional sind. Bezeichnen wir die Druckhöhe der
Röhrenleitung wie §. 129 mit h, die Querschnittsfläche der Röhre mit f, die Peripherie
derselben mit p, und ihre Länge mit l, sonach die vom Wasser berührte Fläche mit
p . l, endlich die Geschwindigkeit, mit welcher das Wasser durch die Röhre fliesst,
mit v, so findet, wie in jenem §. gezeigt wurde, die Gleichung
h = [FORMEL] Statt. Da die Querschnitte der Röhre einander durch-
aus gleich sind, so muss auch die Geschwindigkeit des Wassers am Anfange und am
Ende der Röhre gleich seyn.
Wir können offenbar einer jeden Röhre, in welche das Wasser aus einem Behäl-
ter fliesst, eine solche Neigung geben, dass ihr Gefälle y auf der Länge l oder dass
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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/302>, abgerufen am 18.11.2024.
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