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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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Zweiter Abschnitt.
den Thronfolger wie auf einen Erben übertragen würde.5
Jetzt ist von einer erbrechtlichen Verbindung des alten
und des neuen Monarchen nicht mehr die Rede. Der
Thronfolger empfängt in dem Monarchenrechte nicht
ein in der Vermögenssphäre des früheren Monarchen
enthaltenes Gut, eine "Staatsverlassenschaft," sondern
er übernimmt nach ihm die Ausübung eines Berufs, des-
sen Existenz und Machtfülle durch das objective Recht
des Staats bestimmt wird.6 Die Thronfolgeordnung
ist mithin nur die rechtliche Bestimmung der Personen,
welche in zeitlicher Succession im Staate als Inhaber
seines höchsten Willensorgans hervorzutreten haben.7

3) Verlust des Monarchenrechts.
§. 32.

Das Monarchenrecht kann von seinem Inhaber je-
derzeit durch Thronentsagung (Abdication) kraft per-

5 Ueber die seltsamen Mittel, mit denen sich das ältere Staats-
recht behalf, das den Thronfolger bald als heres, bald als successor
singularis behandeln wollte, siehe Zachariä a. a. O. S. 353 flg.
Wenn man auch jetzt noch bisweilen der Ansicht begegnet, der
Thronfolger sei als successor singularis zu behandeln, so ist auch
diese Bezeichnung als eine unrichtige zu verwerfen, da sie eben-
falls auf privatrechtlichem Gesichtspunkte beruht. Zwischen dem
ausgeschiedenen und dem neuen Monarchen besteht nur das Ver-
hältniss eines zeitlichen Nacheinander.
6 Nur von diesem Standpunkte aus ist auch eine richtige Be-
urtheilung der Frage möglich, ob die Regierungshandlungen
eines s. g. Zwischenherrschers nach stattgehabter Restaura-
tion des legitimen Fürstenhauses als rechtsbeständig betrachtet
werden müssen. Zachariä a. a. O. §. 78.
7 Dass zwischen dem Thronfolger und dem verstorbenen
Monarchen auch privatrechtliche Erbschaftsverbindungen statt-
finden können, versteht sich von selbst. Diese sind aber völlig
unabhängig von der Thronfolge.

Zweiter Abschnitt.
den Thronfolger wie auf einen Erben übertragen würde.5
Jetzt ist von einer erbrechtlichen Verbindung des alten
und des neuen Monarchen nicht mehr die Rede. Der
Thronfolger empfängt in dem Monarchenrechte nicht
ein in der Vermögenssphäre des früheren Monarchen
enthaltenes Gut, eine „Staatsverlassenschaft,“ sondern
er übernimmt nach ihm die Ausübung eines Berufs, des-
sen Existenz und Machtfülle durch das objective Recht
des Staats bestimmt wird.6 Die Thronfolgeordnung
ist mithin nur die rechtliche Bestimmung der Personen,
welche in zeitlicher Succession im Staate als Inhaber
seines höchsten Willensorgans hervorzutreten haben.7

3) Verlust des Monarchenrechts.
§. 32.

Das Monarchenrecht kann von seinem Inhaber je-
derzeit durch Thronentsagung (Abdication) kraft per-

5 Ueber die seltsamen Mittel, mit denen sich das ältere Staats-
recht behalf, das den Thronfolger bald als heres, bald als successor
singularis behandeln wollte, siehe Zachariä a. a. O. S. 353 flg.
Wenn man auch jetzt noch bisweilen der Ansicht begegnet, der
Thronfolger sei als successor singularis zu behandeln, so ist auch
diese Bezeichnung als eine unrichtige zu verwerfen, da sie eben-
falls auf privatrechtlichem Gesichtspunkte beruht. Zwischen dem
ausgeschiedenen und dem neuen Monarchen besteht nur das Ver-
hältniss eines zeitlichen Nacheinander.
6 Nur von diesem Standpunkte aus ist auch eine richtige Be-
urtheilung der Frage möglich, ob die Regierungshandlungen
eines s. g. Zwischenherrschers nach stattgehabter Restaura-
tion des legitimen Fürstenhauses als rechtsbeständig betrachtet
werden müssen. Zachariä a. a. O. §. 78.
7 Dass zwischen dem Thronfolger und dem verstorbenen
Monarchen auch privatrechtliche Erbschaftsverbindungen statt-
finden können, versteht sich von selbst. Diese sind aber völlig
unabhängig von der Thronfolge.
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[92/0110] Zweiter Abschnitt. den Thronfolger wie auf einen Erben übertragen würde. 5 Jetzt ist von einer erbrechtlichen Verbindung des alten und des neuen Monarchen nicht mehr die Rede. Der Thronfolger empfängt in dem Monarchenrechte nicht ein in der Vermögenssphäre des früheren Monarchen enthaltenes Gut, eine „Staatsverlassenschaft,“ sondern er übernimmt nach ihm die Ausübung eines Berufs, des- sen Existenz und Machtfülle durch das objective Recht des Staats bestimmt wird. 6 Die Thronfolgeordnung ist mithin nur die rechtliche Bestimmung der Personen, welche in zeitlicher Succession im Staate als Inhaber seines höchsten Willensorgans hervorzutreten haben. 7 3) Verlust des Monarchenrechts. §. 32. Das Monarchenrecht kann von seinem Inhaber je- derzeit durch Thronentsagung (Abdication) kraft per- 5 Ueber die seltsamen Mittel, mit denen sich das ältere Staats- recht behalf, das den Thronfolger bald als heres, bald als successor singularis behandeln wollte, siehe Zachariä a. a. O. S. 353 flg. Wenn man auch jetzt noch bisweilen der Ansicht begegnet, der Thronfolger sei als successor singularis zu behandeln, so ist auch diese Bezeichnung als eine unrichtige zu verwerfen, da sie eben- falls auf privatrechtlichem Gesichtspunkte beruht. Zwischen dem ausgeschiedenen und dem neuen Monarchen besteht nur das Ver- hältniss eines zeitlichen Nacheinander. 6 Nur von diesem Standpunkte aus ist auch eine richtige Be- urtheilung der Frage möglich, ob die Regierungshandlungen eines s. g. Zwischenherrschers nach stattgehabter Restaura- tion des legitimen Fürstenhauses als rechtsbeständig betrachtet werden müssen. Zachariä a. a. O. §. 78. 7 Dass zwischen dem Thronfolger und dem verstorbenen Monarchen auch privatrechtliche Erbschaftsverbindungen statt- finden können, versteht sich von selbst. Diese sind aber völlig unabhängig von der Thronfolge.

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/110>, abgerufen am 21.11.2024.