Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite


Vielleicht würde ich bey der Erzäh-
lung meines Geschlechts eben so
beredt oder geschwätzig als andere
seyn, wenn ich anders viel zu sagen wüßte.
Meine Aeltern sind mir in den zartesten
Jahren gestorben, und ich habe von mei-
nem Vater, einem Liefländischen von Adel,
weiter nichts erzählen hören, als daß er
ein rechtschaffner Mann gewesen ist, und
wenig Mittel besessen hat.

Mein Vetter, der auch ein Landedel-
mann war, doch in seiner Jugend studi-
ret hatte, nahm mich nach meines Va-
ters Tode zu sich auf sein Landgut, und
erzog mich bis in mein sechzehntes Jahr.
Jch habe die Worte nicht vergessen kön-
nen, die er einmal zu seiner Gemahlinn
sagte, als sie ihn fragte, wie er es künf-
tig mit meiner Erziehung wollte gehalten

wissen.
A 2


Vielleicht würde ich bey der Erzäh-
lung meines Geſchlechts eben ſo
beredt oder geſchwätzig als andere
ſeyn, wenn ich anders viel zu ſagen wüßte.
Meine Aeltern ſind mir in den zarteſten
Jahren geſtorben, und ich habe von mei-
nem Vater, einem Liefländiſchen von Adel,
weiter nichts erzählen hören, als daß er
ein rechtſchaffner Mann geweſen iſt, und
wenig Mittel beſeſſen hat.

Mein Vetter, der auch ein Landedel-
mann war, doch in ſeiner Jugend ſtudi-
ret hatte, nahm mich nach meines Va-
ters Tode zu ſich auf ſein Landgut, und
erzog mich bis in mein ſechzehntes Jahr.
Jch habe die Worte nicht vergeſſen kön-
nen, die er einmal zu ſeiner Gemahlinn
ſagte, als ſie ihn fragte, wie er es künf-
tig mit meiner Erziehung wollte gehalten

wiſſen.
A 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0003" n="[3]"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <p><hi rendition="#in">V</hi>ielleicht würde ich bey der Erzäh-<lb/>
lung meines Ge&#x017F;chlechts eben &#x017F;o<lb/>
beredt oder ge&#x017F;chwätzig als andere<lb/>
&#x017F;eyn, wenn ich anders viel zu &#x017F;agen wüßte.<lb/>
Meine Aeltern &#x017F;ind mir in den zarte&#x017F;ten<lb/>
Jahren ge&#x017F;torben, und ich habe von mei-<lb/>
nem Vater, einem Liefländi&#x017F;chen von Adel,<lb/>
weiter nichts erzählen hören, als daß er<lb/>
ein recht&#x017F;chaffner Mann gewe&#x017F;en i&#x017F;t, und<lb/>
wenig Mittel be&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en hat.</p><lb/>
        <p>Mein Vetter, der auch ein Landedel-<lb/>
mann war, doch in &#x017F;einer Jugend &#x017F;tudi-<lb/>
ret hatte, nahm mich nach meines Va-<lb/>
ters Tode zu &#x017F;ich auf &#x017F;ein Landgut, und<lb/>
erzog mich bis in mein &#x017F;echzehntes Jahr.<lb/>
Jch habe die Worte nicht verge&#x017F;&#x017F;en kön-<lb/>
nen, die er einmal zu &#x017F;einer Gemahlinn<lb/>
&#x017F;agte, als &#x017F;ie ihn fragte, wie er es künf-<lb/>
tig mit meiner Erziehung wollte gehalten<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 2</fw><fw place="bottom" type="catch">wi&#x017F;&#x017F;en.</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[3]/0003] Vielleicht würde ich bey der Erzäh- lung meines Geſchlechts eben ſo beredt oder geſchwätzig als andere ſeyn, wenn ich anders viel zu ſagen wüßte. Meine Aeltern ſind mir in den zarteſten Jahren geſtorben, und ich habe von mei- nem Vater, einem Liefländiſchen von Adel, weiter nichts erzählen hören, als daß er ein rechtſchaffner Mann geweſen iſt, und wenig Mittel beſeſſen hat. Mein Vetter, der auch ein Landedel- mann war, doch in ſeiner Jugend ſtudi- ret hatte, nahm mich nach meines Va- ters Tode zu ſich auf ſein Landgut, und erzog mich bis in mein ſechzehntes Jahr. Jch habe die Worte nicht vergeſſen kön- nen, die er einmal zu ſeiner Gemahlinn ſagte, als ſie ihn fragte, wie er es künf- tig mit meiner Erziehung wollte gehalten wiſſen. A 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/3
Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/3>, abgerufen am 30.12.2024.