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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.

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§ 25. Das Färben loser Fasern, sowie offener Vorgespinnste,
Kammzug etc.

Das Färben von loser Wolle und loser Baumwolle erfolgt bei Hand-
betrieb durch Einlegen der Ware in einen Korb, ein Netz oder einen Sack
und zeitweiliges Heben und Senken des Netzes in der Flüssigkeit. Del-
mart
empfiehlt, die Wolle aus den Körben direkt in den Kessel zu wer-
fen, und dieselbe mit Hantierstangen unter die Farbflotte zu drücken, und
nachher, auch während des Kochens, von Zeit zu Zeit zu haken, damit sie
nicht an solchen Stellen der Kesselwandung, welche stärker erhitzt sind, filzt.
Auch die in § 4, S. 319 u. 320, beschriebenen beiden Maschinen zum Waschen
loser Wolle können sehr wohl zum Färben loser Gespinnstfasern dienen,
wenn sie durch eine entsprechende Dampfzuleitung gestatten, die Farbflotte
zum Kochen zu erwärmen. -- Beim Färben von Kammzug ist die Haupt-
bedingung ein reiner Zug. Wenn derselbe aus der Liseuse kommt, und ein
System von kupfernen Trockenröhren passiert hat, wäscht man ihn vorsichts-
halber noch mit einer Pottaschenlauge aus 2 Prozent des Gewichts der
Wolle, spült und färbt dann auf Holzkufen von 2 bis 4 cbm Inhalt mit
Dampfschlange. Für das Färben loser Fasern, ganz besonders aber für
das Färben von Kammzug in der Form der Bobine, erscheint das Färben
nach Obermaiers System als ganz besonders geeignet. Grothe be-
zeichnet die Färbemaschine von Obermaier & Comp. als "das vollkom-
menste System". Gleich günstig ist das Urteil Scheuerles, welches der-
selbe in seinem Bericht an die Industriegesellschaft in Mülhausen über das-
selbe abgibt und welches wir im nächsten Paragraphen folgen lassen.

Das Färben loser Gespinnstfasern findet stets da Anwendung, wo es
sich um ein vollständiges Durchfärben der Wolle vor dem Verspinnen zu
Garn und der Herstellung walkechter Farben handelt. Es werden zum
Färben loser Gespinnstfasern daher auch nur besonders echte Farben ver-
wendet.

§ 26. Das Färbereisystem Obermaier.

Es ist wohl nicht notwendig, zu beweisen, daß die bisherige Behand-
lung des Fasermaterials in der Färberei und den damit im Zusammenhange
stehenden Operationen keineswegs den Anforderungen entspricht, welche nach
dem heutigen Stande der Textilindustrie an dieselben gestellt werden müssen.
Erhaltung des Fasermaterials in seiner ursprünglichen Beschaffenheit und
in seiner ursprünglichen Spinnbarkeit, vollständige Ausnutzung der Farb-
stoffe und des Heizmaterials, thunlichste Vermeidung von Abfällen und
größtmögliche Ersparnis an Arbeitslöhnen, diese Hauptbedingung eines
rationellen Färbesystems, lassen sich bei dem bisherigen Färbereiverfahren,
soweit es sich dabei um loses Fasermaterial handelt, im offenen Kessel
nicht erreichen. Das Färben im offenen Kessel bedingt gewissermaßen
die Unbeweglichkeit der Beiz- und Farbflotten; sie bedingt aber eben
deswegen auch die ununterbrochene Bewegung des zu färbenden Faser-
materials mittels Haken, Stangen u. dergl., welche noch immer durch
Menschenkraft bewerkstelligt werden muß. Das Resultat dieser durchaus
unrichtigen Behandlung des Fasermaterials während des Färbeprozesses ist

§ 25. Das Färben loſer Faſern, ſowie offener Vorgeſpinnſte,
Kammzug etc.

Das Färben von loſer Wolle und loſer Baumwolle erfolgt bei Hand-
betrieb durch Einlegen der Ware in einen Korb, ein Netz oder einen Sack
und zeitweiliges Heben und Senken des Netzes in der Flüſſigkeit. Del-
mart
empfiehlt, die Wolle aus den Körben direkt in den Keſſel zu wer-
fen, und dieſelbe mit Hantierſtangen unter die Farbflotte zu drücken, und
nachher, auch während des Kochens, von Zëit zu Zeit zu haken, damit ſie
nicht an ſolchen Stellen der Keſſelwandung, welche ſtärker erhitzt ſind, filzt.
Auch die in § 4, S. 319 u. 320, beſchriebenen beiden Maſchinen zum Waſchen
loſer Wolle können ſehr wohl zum Färben loſer Geſpinnſtfaſern dienen,
wenn ſie durch eine entſprechende Dampfzuleitung geſtatten, die Farbflotte
zum Kochen zu erwärmen. — Beim Färben von Kammzug iſt die Haupt-
bedingung ein reiner Zug. Wenn derſelbe aus der Liſeuſe kommt, und ein
Syſtem von kupfernen Trockenröhren paſſiert hat, wäſcht man ihn vorſichts-
halber noch mit einer Pottaſchenlauge aus 2 Prozent des Gewichts der
Wolle, ſpült und färbt dann auf Holzkufen von 2 bis 4 cbm Inhalt mit
Dampfſchlange. Für das Färben loſer Faſern, ganz beſonders aber für
das Färben von Kammzug in der Form der Bobine, erſcheint das Färben
nach Obermaiers Syſtem als ganz beſonders geeignet. Grothe be-
zeichnet die Färbemaſchine von Obermaier & Comp. als „das vollkom-
menſte Syſtem“. Gleich günſtig iſt das Urteil Scheuerles, welches der-
ſelbe in ſeinem Bericht an die Induſtriegeſellſchaft in Mülhauſen über das-
ſelbe abgibt und welches wir im nächſten Paragraphen folgen laſſen.

Das Färben loſer Geſpinnſtfaſern findet ſtets da Anwendung, wo es
ſich um ein vollſtändiges Durchfärben der Wolle vor dem Verſpinnen zu
Garn und der Herſtellung walkechter Farben handelt. Es werden zum
Färben loſer Geſpinnſtfaſern daher auch nur beſonders echte Farben ver-
wendet.

§ 26. Das Färbereiſyſtem Obermaier.

Es iſt wohl nicht notwendig, zu beweiſen, daß die bisherige Behand-
lung des Faſermaterials in der Färberei und den damit im Zuſammenhange
ſtehenden Operationen keineswegs den Anforderungen entſpricht, welche nach
dem heutigen Stande der Textilinduſtrie an dieſelben geſtellt werden müſſen.
Erhaltung des Faſermaterials in ſeiner urſprünglichen Beſchaffenheit und
in ſeiner urſprünglichen Spinnbarkeit, vollſtändige Ausnutzung der Farb-
ſtoffe und des Heizmaterials, thunlichſte Vermeidung von Abfällen und
größtmögliche Erſparnis an Arbeitslöhnen, dieſe Hauptbedingung eines
rationellen Färbeſyſtems, laſſen ſich bei dem bisherigen Färbereiverfahren,
ſoweit es ſich dabei um loſes Faſermaterial handelt, im offenen Keſſel
nicht erreichen. Das Färben im offenen Keſſel bedingt gewiſſermaßen
die Unbeweglichkeit der Beiz- und Farbflotten; ſie bedingt aber eben
deswegen auch die ununterbrochene Bewegung des zu färbenden Faſer-
materials mittels Haken, Stangen u. dergl., welche noch immer durch
Menſchenkraft bewerkſtelligt werden muß. Das Reſultat dieſer durchaus
unrichtigen Behandlung des Faſermaterials während des Färbeprozeſſes iſt

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[416/0454] § 25. Das Färben loſer Faſern, ſowie offener Vorgeſpinnſte, Kammzug etc. Das Färben von loſer Wolle und loſer Baumwolle erfolgt bei Hand- betrieb durch Einlegen der Ware in einen Korb, ein Netz oder einen Sack und zeitweiliges Heben und Senken des Netzes in der Flüſſigkeit. Del- mart empfiehlt, die Wolle aus den Körben direkt in den Keſſel zu wer- fen, und dieſelbe mit Hantierſtangen unter die Farbflotte zu drücken, und nachher, auch während des Kochens, von Zëit zu Zeit zu haken, damit ſie nicht an ſolchen Stellen der Keſſelwandung, welche ſtärker erhitzt ſind, filzt. Auch die in § 4, S. 319 u. 320, beſchriebenen beiden Maſchinen zum Waſchen loſer Wolle können ſehr wohl zum Färben loſer Geſpinnſtfaſern dienen, wenn ſie durch eine entſprechende Dampfzuleitung geſtatten, die Farbflotte zum Kochen zu erwärmen. — Beim Färben von Kammzug iſt die Haupt- bedingung ein reiner Zug. Wenn derſelbe aus der Liſeuſe kommt, und ein Syſtem von kupfernen Trockenröhren paſſiert hat, wäſcht man ihn vorſichts- halber noch mit einer Pottaſchenlauge aus 2 Prozent des Gewichts der Wolle, ſpült und färbt dann auf Holzkufen von 2 bis 4 cbm Inhalt mit Dampfſchlange. Für das Färben loſer Faſern, ganz beſonders aber für das Färben von Kammzug in der Form der Bobine, erſcheint das Färben nach Obermaiers Syſtem als ganz beſonders geeignet. Grothe be- zeichnet die Färbemaſchine von Obermaier & Comp. als „das vollkom- menſte Syſtem“. Gleich günſtig iſt das Urteil Scheuerles, welches der- ſelbe in ſeinem Bericht an die Induſtriegeſellſchaft in Mülhauſen über das- ſelbe abgibt und welches wir im nächſten Paragraphen folgen laſſen. Das Färben loſer Geſpinnſtfaſern findet ſtets da Anwendung, wo es ſich um ein vollſtändiges Durchfärben der Wolle vor dem Verſpinnen zu Garn und der Herſtellung walkechter Farben handelt. Es werden zum Färben loſer Geſpinnſtfaſern daher auch nur beſonders echte Farben ver- wendet. § 26. Das Färbereiſyſtem Obermaier. Es iſt wohl nicht notwendig, zu beweiſen, daß die bisherige Behand- lung des Faſermaterials in der Färberei und den damit im Zuſammenhange ſtehenden Operationen keineswegs den Anforderungen entſpricht, welche nach dem heutigen Stande der Textilinduſtrie an dieſelben geſtellt werden müſſen. Erhaltung des Faſermaterials in ſeiner urſprünglichen Beſchaffenheit und in ſeiner urſprünglichen Spinnbarkeit, vollſtändige Ausnutzung der Farb- ſtoffe und des Heizmaterials, thunlichſte Vermeidung von Abfällen und größtmögliche Erſparnis an Arbeitslöhnen, dieſe Hauptbedingung eines rationellen Färbeſyſtems, laſſen ſich bei dem bisherigen Färbereiverfahren, ſoweit es ſich dabei um loſes Faſermaterial handelt, im offenen Keſſel nicht erreichen. Das Färben im offenen Keſſel bedingt gewiſſermaßen die Unbeweglichkeit der Beiz- und Farbflotten; ſie bedingt aber eben deswegen auch die ununterbrochene Bewegung des zu färbenden Faſer- materials mittels Haken, Stangen u. dergl., welche noch immer durch Menſchenkraft bewerkſtelligt werden muß. Das Reſultat dieſer durchaus unrichtigen Behandlung des Faſermaterials während des Färbeprozeſſes iſt

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Zitationshilfe: Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/454>, abgerufen am 21.11.2024.