Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

heit. Man verwerfe ihn, wo er bekannten Erfah-
rungen zu Folge Aftertrieb ist; man befriedige ihn
in zweifelhaften Fällen nach und nach, wenn es die
Art desselben und die Umstände zulassen, und beobach-
te ohne Vorliebe, ob Vortheil oder Nachtheil daraus
erfolge; man befolge ihn, wo er der Erfahrung ge-
mäß höchst wahrscheinlich Bedürfniß der Natur ist;
oder wo er in verzweifelten Fällen gleichsam die letzte
Stimme der Natur zu seyn scheint, und dem Arzte
[k]eine andere Zuflucht mehr übrig bleibt.



Fünfter Abschnitt.
Von den Hilfsmitteln der Kunst.


§. 116.

Da mein Freund Stift seine praktische
Heilmittellehre, welche aller Erwartung entsprechen
wird, so eben unter der Presse hat; so halte ich mich
hier bloß an die allgemeine Uebersicht einiger Haupt-
grundsätze, welche man bey Anwendung künstlicher
Hilfsmittel jederzeit vor Augen haben sollte.

Ich habe bisher öfters gezeigt, daß die künst-
lichen Mittel, wenn sie zur Unzeit, oder zu gewalt-
thätig angewendet werden, dit Natur in ihren Wir-
kungen stöhren, die Kochung des Krankheitsstoffes
hindern oder verzögern, die Ausleerungen unterdrü-

cken

heit. Man verwerfe ihn, wo er bekannten Erfah-
rungen zu Folge Aftertrieb iſt; man befriedige ihn
in zweifelhaften Faͤllen nach und nach, wenn es die
Art deſſelben und die Umſtaͤnde zulaſſen, und beobach-
te ohne Vorliebe, ob Vortheil oder Nachtheil daraus
erfolge; man befolge ihn, wo er der Erfahrung ge-
maͤß hoͤchſt wahrſcheinlich Beduͤrfniß der Natur iſt;
oder wo er in verzweifelten Faͤllen gleichſam die letzte
Stimme der Natur zu ſeyn ſcheint, und dem Arzte
[k]eine andere Zuflucht mehr uͤbrig bleibt.



Fuͤnfter Abſchnitt.
Von den Hilfsmitteln der Kunſt.


§. 116.

Da mein Freund Stift ſeine praktiſche
Heilmittellehre, welche aller Erwartung entſprechen
wird, ſo eben unter der Preſſe hat; ſo halte ich mich
hier bloß an die allgemeine Ueberſicht einiger Haupt-
grundſaͤtze, welche man bey Anwendung kuͤnſtlicher
Hilfsmittel jederzeit vor Augen haben ſollte.

Ich habe bisher oͤfters gezeigt, daß die kuͤnſt-
lichen Mittel, wenn ſie zur Unzeit, oder zu gewalt-
thaͤtig angewendet werden, dit Natur in ihren Wir-
kungen ſtoͤhren, die Kochung des Krankheitsſtoffes
hindern oder verzoͤgern, die Ausleerungen unterdruͤ-

cken
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0698" n="679"/>
heit. Man verwerfe ihn, wo er bekannten Erfah-<lb/>
rungen zu Folge Aftertrieb i&#x017F;t; man befriedige ihn<lb/>
in zweifelhaften Fa&#x0364;llen nach und nach, wenn es die<lb/>
Art de&#x017F;&#x017F;elben und die Um&#x017F;ta&#x0364;nde zula&#x017F;&#x017F;en, und beobach-<lb/>
te ohne Vorliebe, ob Vortheil oder Nachtheil daraus<lb/>
erfolge; man befolge ihn, wo er der Erfahrung ge-<lb/>
ma&#x0364;ß ho&#x0364;ch&#x017F;t wahr&#x017F;cheinlich Bedu&#x0364;rfniß der Natur i&#x017F;t;<lb/>
oder wo er in verzweifelten Fa&#x0364;llen gleich&#x017F;am die letzte<lb/>
Stimme der Natur zu &#x017F;eyn &#x017F;cheint, und dem Arzte<lb/><supplied>k</supplied>eine andere Zuflucht mehr u&#x0364;brig bleibt.</p>
            </div>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Fu&#x0364;nfter Ab&#x017F;chnitt</hi>.<lb/>
Von den Hilfsmitteln der Kun&#x017F;t.</hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <head>§. 116.</head><lb/>
            <p>Da mein Freund <hi rendition="#fr">Stift</hi> &#x017F;eine prakti&#x017F;che<lb/>
Heilmittellehre, welche aller Erwartung ent&#x017F;prechen<lb/>
wird, &#x017F;o eben unter der Pre&#x017F;&#x017F;e hat; &#x017F;o halte ich mich<lb/>
hier bloß an die allgemeine Ueber&#x017F;icht einiger Haupt-<lb/>
grund&#x017F;a&#x0364;tze, welche man bey Anwendung ku&#x0364;n&#x017F;tlicher<lb/>
Hilfsmittel jederzeit vor Augen haben &#x017F;ollte.</p><lb/>
            <p>Ich habe bisher o&#x0364;fters gezeigt, daß die ku&#x0364;n&#x017F;t-<lb/>
lichen Mittel, wenn &#x017F;ie zur Unzeit, oder zu gewalt-<lb/>
tha&#x0364;tig angewendet werden, dit Natur in ihren Wir-<lb/>
kungen &#x017F;to&#x0364;hren, die Kochung des Krankheits&#x017F;toffes<lb/>
hindern oder verzo&#x0364;gern, die Ausleerungen unterdru&#x0364;-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">cken</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[679/0698] heit. Man verwerfe ihn, wo er bekannten Erfah- rungen zu Folge Aftertrieb iſt; man befriedige ihn in zweifelhaften Faͤllen nach und nach, wenn es die Art deſſelben und die Umſtaͤnde zulaſſen, und beobach- te ohne Vorliebe, ob Vortheil oder Nachtheil daraus erfolge; man befolge ihn, wo er der Erfahrung ge- maͤß hoͤchſt wahrſcheinlich Beduͤrfniß der Natur iſt; oder wo er in verzweifelten Faͤllen gleichſam die letzte Stimme der Natur zu ſeyn ſcheint, und dem Arzte keine andere Zuflucht mehr uͤbrig bleibt. Fuͤnfter Abſchnitt. Von den Hilfsmitteln der Kunſt. §. 116. Da mein Freund Stift ſeine praktiſche Heilmittellehre, welche aller Erwartung entſprechen wird, ſo eben unter der Preſſe hat; ſo halte ich mich hier bloß an die allgemeine Ueberſicht einiger Haupt- grundſaͤtze, welche man bey Anwendung kuͤnſtlicher Hilfsmittel jederzeit vor Augen haben ſollte. Ich habe bisher oͤfters gezeigt, daß die kuͤnſt- lichen Mittel, wenn ſie zur Unzeit, oder zu gewalt- thaͤtig angewendet werden, dit Natur in ihren Wir- kungen ſtoͤhren, die Kochung des Krankheitsſtoffes hindern oder verzoͤgern, die Ausleerungen unterdruͤ- cken

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Band von Franz Joseph Galls "Philosophi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/698
Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 679. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/698>, abgerufen am 21.12.2024.