der Ausbruch vollständig war, um den Kranken eben- falls von einem heftigen Seitenstiche, der ihn zu ersti- cken drohete, zu befreyen. Ueberhaupt, seitdem die Aerzte mit der Natur der Ausschläge besser bekannt sind; seitdem man weiß, daß sie sehr oft nur das Er- zeugniß eines zu sehr kochenden und entzündlichen Ge- blütes, oder einer hitzigen Heilart sind; seitdem man von der Zusammenkunft verschiedener Krankheiten in einem und dem nämlichen Kranken mehr überzeugt ist, und die dringendste Heilanzeige den übrigen vorzuziehen gelernt hat; seitdem man die kritischen Bemühungen der Natur von den zufälligen unterscheidet: -- -- -- so sind wir weder bey Ausschlägen, noch bey Bauch- flüssen, noch bey Blutspeyen, Blutflüssen u. d. gl. weder mit Aderlaßen, noch Brech- und Abführungs- mitteln, mehr so furchtsam, als es unsere Vorgänger waren. Wir schaffen im Anfang der Krankheiten die beweglichen Unreinigkeiten weg, lassen bey zufälligen Bauchflüssen zu Ader, machen zu allen Zeiten aller Arten Ausleerungen, wenn wir nur hoffen können, daß wir dadurch die Natur von ihren Hindernissen be- freyen. Doch die erforderlichen Maßregeln im Ka[p]. von den Entscheidungen.
§. 101.
Das Bestreben der Natur richtet sich also je- des Mal nach dem stärkern Reitze. Wir würden noch weit öftere Wunder wirken, wenn wir unser Verfah- ren mehr nach diesem Gesetze einrichteten. Ich will vorher noch einige Thatsachen anführen, ehe ich die-
sem
der Ausbruch vollſtaͤndig war, um den Kranken eben- falls von einem heftigen Seitenſtiche, der ihn zu erſti- cken drohete, zu befreyen. Ueberhaupt, ſeitdem die Aerzte mit der Natur der Ausſchlaͤge beſſer bekannt ſind; ſeitdem man weiß, daß ſie ſehr oft nur das Er- zeugniß eines zu ſehr kochenden und entzuͤndlichen Ge- bluͤtes, oder einer hitzigen Heilart ſind; ſeitdem man von der Zuſammenkunft verſchiedener Krankheiten in einem und dem naͤmlichen Kranken mehr uͤberzeugt iſt, und die dringendſte Heilanzeige den uͤbrigen vorzuziehen gelernt hat; ſeitdem man die kritiſchen Bemuͤhungen der Natur von den zufaͤlligen unterſcheidet: — — — ſo ſind wir weder bey Ausſchlaͤgen, noch bey Bauch- fluͤſſen, noch bey Blutſpeyen, Blutfluͤſſen u. d. gl. weder mit Aderlaßen, noch Brech- und Abfuͤhrungs- mitteln, mehr ſo furchtſam, als es unſere Vorgaͤnger waren. Wir ſchaffen im Anfang der Krankheiten die beweglichen Unreinigkeiten weg, laſſen bey zufaͤlligen Bauchfluͤſſen zu Ader, machen zu allen Zeiten aller Arten Ausleerungen, wenn wir nur hoffen koͤnnen, daß wir dadurch die Natur von ihren Hinderniſſen be- freyen. Doch die erforderlichen Maßregeln im Ka[p]. von den Entſcheidungen.
§. 101.
Das Beſtreben der Natur richtet ſich alſo je- des Mal nach dem ſtaͤrkern Reitze. Wir wuͤrden noch weit oͤftere Wunder wirken, wenn wir unſer Verfah- ren mehr nach dieſem Geſetze einrichteten. Ich will vorher noch einige Thatſachen anfuͤhren, ehe ich die-
ſem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0638"n="619"/>
der Ausbruch vollſtaͤndig war, um den Kranken eben-<lb/>
falls von einem heftigen Seitenſtiche, der ihn zu erſti-<lb/>
cken drohete, zu befreyen. Ueberhaupt, ſeitdem die<lb/>
Aerzte mit der Natur der Ausſchlaͤge beſſer bekannt<lb/>ſind; ſeitdem man weiß, daß ſie ſehr oft nur das Er-<lb/>
zeugniß eines zu ſehr kochenden und entzuͤndlichen Ge-<lb/>
bluͤtes, oder einer hitzigen Heilart ſind; ſeitdem man<lb/>
von der Zuſammenkunft verſchiedener Krankheiten in<lb/>
einem und dem naͤmlichen Kranken mehr uͤberzeugt iſt,<lb/>
und die dringendſte Heilanzeige den uͤbrigen vorzuziehen<lb/>
gelernt hat; ſeitdem man die kritiſchen Bemuͤhungen<lb/>
der Natur von den zufaͤlligen unterſcheidet: ———<lb/>ſo ſind wir weder bey Ausſchlaͤgen, noch bey Bauch-<lb/>
fluͤſſen, noch bey Blutſpeyen, Blutfluͤſſen u. d. gl.<lb/>
weder mit Aderlaßen, noch Brech- und Abfuͤhrungs-<lb/>
mitteln, mehr ſo furchtſam, als es unſere Vorgaͤnger<lb/>
waren. Wir ſchaffen im Anfang der Krankheiten die<lb/>
beweglichen Unreinigkeiten weg, laſſen bey zufaͤlligen<lb/>
Bauchfluͤſſen zu Ader, machen zu allen Zeiten aller<lb/>
Arten Ausleerungen, wenn wir nur hoffen koͤnnen,<lb/>
daß wir dadurch die Natur von ihren Hinderniſſen be-<lb/>
freyen. Doch die erforderlichen Maßregeln im Ka<supplied>p</supplied>.<lb/>
von den Entſcheidungen.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 101.</head><lb/><p>Das Beſtreben der Natur richtet ſich alſo je-<lb/>
des Mal nach dem ſtaͤrkern Reitze. Wir wuͤrden noch<lb/>
weit oͤftere Wunder wirken, wenn wir unſer Verfah-<lb/>
ren mehr nach dieſem Geſetze einrichteten. Ich will<lb/>
vorher noch einige Thatſachen anfuͤhren, ehe ich die-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſem</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[619/0638]
der Ausbruch vollſtaͤndig war, um den Kranken eben-
falls von einem heftigen Seitenſtiche, der ihn zu erſti-
cken drohete, zu befreyen. Ueberhaupt, ſeitdem die
Aerzte mit der Natur der Ausſchlaͤge beſſer bekannt
ſind; ſeitdem man weiß, daß ſie ſehr oft nur das Er-
zeugniß eines zu ſehr kochenden und entzuͤndlichen Ge-
bluͤtes, oder einer hitzigen Heilart ſind; ſeitdem man
von der Zuſammenkunft verſchiedener Krankheiten in
einem und dem naͤmlichen Kranken mehr uͤberzeugt iſt,
und die dringendſte Heilanzeige den uͤbrigen vorzuziehen
gelernt hat; ſeitdem man die kritiſchen Bemuͤhungen
der Natur von den zufaͤlligen unterſcheidet: — — —
ſo ſind wir weder bey Ausſchlaͤgen, noch bey Bauch-
fluͤſſen, noch bey Blutſpeyen, Blutfluͤſſen u. d. gl.
weder mit Aderlaßen, noch Brech- und Abfuͤhrungs-
mitteln, mehr ſo furchtſam, als es unſere Vorgaͤnger
waren. Wir ſchaffen im Anfang der Krankheiten die
beweglichen Unreinigkeiten weg, laſſen bey zufaͤlligen
Bauchfluͤſſen zu Ader, machen zu allen Zeiten aller
Arten Ausleerungen, wenn wir nur hoffen koͤnnen,
daß wir dadurch die Natur von ihren Hinderniſſen be-
freyen. Doch die erforderlichen Maßregeln im Kap.
von den Entſcheidungen.
§. 101.
Das Beſtreben der Natur richtet ſich alſo je-
des Mal nach dem ſtaͤrkern Reitze. Wir wuͤrden noch
weit oͤftere Wunder wirken, wenn wir unſer Verfah-
ren mehr nach dieſem Geſetze einrichteten. Ich will
vorher noch einige Thatſachen anfuͤhren, ehe ich die-
ſem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 619. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/638>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.