Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

*) Ich weis nicht, darf ich daraus schließen, daß er
die Thierseelen blos als ein Resultat der Organisation
ansieht, und ihr Daseyn blos auf physische Verhält-
nisse gründe, wodurch die Wirksamkeit der selbstthäti-
gen, einfachen Theile bestimmt wird; oder muß ich den
Unterschied nur in dem Mangel des geistigen Seelenor-
gans aufsuchen. In jedem Falle nimmt er bey Er-
klärung der natürlichen und der Lebensverrichtungen
des Menschen ohne Grunde zu dessen Seele seine Zu-
flucht.

§. 16.
In Rücksicht der thierischen Bestrebungen und
der Vorhersehungen.

In dem Kapitel von den thierischen Bestrebun-
gen, und den davon abhangenden Thätigkeiten erklärt
er nach seiner Hypothese, wie die Seele der Betäu-
bung, Ertödtung, oder Zerrüttung des thierischen
Seelenorgans entgegen wirkt durch den thierischen
Schmerz, durch Krämpfe und Zuckungen, durch den
thierischen Schrecken, den thierischen Schauer, den
Eckel, die Fieberhize, die anhaltenden und nachlas-
senden Fieber, die schleichenden Fieber, die Wechsel-
sieber, durch das Athmen, den Hunger, Durst, das
Einsaugen der zurückführenden Gefäße, die Thätigkeit
des Herzens und der Arterien, die Ausführungen von
schadhaften Materien, die thierische Ausgelassenheit,

die
*) Diese Büffonische Hypothese und überhaupt die Meinun-
gen von der Seelenlosigkeit der Thiere hat Condillac in
verschiedenen Stellen seines Traite des animaux 1. cap.
2. 4. 5. hinlänglich widerlegt.

*) Ich weis nicht, darf ich daraus ſchließen, daß er
die Thierſeelen blos als ein Reſultat der Organiſation
anſieht, und ihr Daſeyn blos auf phyſiſche Verhaͤlt-
niſſe gruͤnde, wodurch die Wirkſamkeit der ſelbſtthaͤti-
gen, einfachen Theile beſtimmt wird; oder muß ich den
Unterſchied nur in dem Mangel des geiſtigen Seelenor-
gans aufſuchen. In jedem Falle nimmt er bey Er-
klaͤrung der natuͤrlichen und der Lebensverrichtungen
des Menſchen ohne Grunde zu deſſen Seele ſeine Zu-
flucht.

§. 16.
In Ruͤckſicht der thieriſchen Beſtrebungen und
der Vorherſehungen.

In dem Kapitel von den thieriſchen Beſtrebun-
gen, und den davon abhangenden Thaͤtigkeiten erklaͤrt
er nach ſeiner Hypotheſe, wie die Seele der Betaͤu-
bung, Ertoͤdtung, oder Zerruͤttung des thieriſchen
Seelenorgans entgegen wirkt durch den thieriſchen
Schmerz, durch Kraͤmpfe und Zuckungen, durch den
thieriſchen Schrecken, den thieriſchen Schauer, den
Eckel, die Fieberhize, die anhaltenden und nachlaſ-
ſenden Fieber, die ſchleichenden Fieber, die Wechſel-
ſieber, durch das Athmen, den Hunger, Durſt, das
Einſaugen der zuruͤckfuͤhrenden Gefaͤße, die Thaͤtigkeit
des Herzens und der Arterien, die Ausfuͤhrungen von
ſchadhaften Materien, die thieriſche Ausgelaſſenheit,

die
*) Dieſe Buͤffoniſche Hypotheſe und uͤberhaupt die Meinun-
gen von der Seelenloſigkeit der Thiere hat Condillac in
verſchiedenen Stellen ſeines Traité des animaux 1. cap.
2. 4. 5. hinlaͤnglich widerlegt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0061" n="42"/><note place="foot" n="*)">Die&#x017F;e Bu&#x0364;ffoni&#x017F;che Hypothe&#x017F;e und u&#x0364;berhaupt die Meinun-<lb/>
gen von der Seelenlo&#x017F;igkeit der Thiere hat <hi rendition="#aq">Condillac</hi> in<lb/>
ver&#x017F;chiedenen Stellen &#x017F;eines <hi rendition="#aq">Traité des animaux 1. cap.</hi><lb/>
2. 4. 5. hinla&#x0364;nglich widerlegt.</note> Ich weis nicht, darf ich daraus &#x017F;chließen, daß er<lb/>
die Thier&#x017F;eelen blos als ein Re&#x017F;ultat der Organi&#x017F;ation<lb/>
an&#x017F;ieht, und ihr Da&#x017F;eyn blos auf phy&#x017F;i&#x017F;che Verha&#x0364;lt-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e gru&#x0364;nde, wodurch die Wirk&#x017F;amkeit der &#x017F;elb&#x017F;ttha&#x0364;ti-<lb/>
gen, einfachen Theile be&#x017F;timmt wird; oder muß ich den<lb/>
Unter&#x017F;chied nur in dem Mangel des gei&#x017F;tigen Seelenor-<lb/>
gans auf&#x017F;uchen. In jedem Falle nimmt er bey Er-<lb/>
kla&#x0364;rung der natu&#x0364;rlichen und der Lebensverrichtungen<lb/>
des Men&#x017F;chen ohne Grunde zu de&#x017F;&#x017F;en Seele &#x017F;eine Zu-<lb/>
flucht.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 16.<lb/><hi rendition="#b">In Ru&#x0364;ck&#x017F;icht der thieri&#x017F;chen Be&#x017F;trebungen und<lb/>
der Vorher&#x017F;ehungen.</hi></head><lb/>
            <p>In dem Kapitel von den thieri&#x017F;chen Be&#x017F;trebun-<lb/>
gen, und den davon abhangenden Tha&#x0364;tigkeiten erkla&#x0364;rt<lb/>
er nach &#x017F;einer Hypothe&#x017F;e, wie die Seele der Beta&#x0364;u-<lb/>
bung, Erto&#x0364;dtung, oder Zerru&#x0364;ttung des thieri&#x017F;chen<lb/>
Seelenorgans entgegen wirkt durch den thieri&#x017F;chen<lb/>
Schmerz, durch Kra&#x0364;mpfe und Zuckungen, durch den<lb/>
thieri&#x017F;chen Schrecken, den thieri&#x017F;chen Schauer, den<lb/>
Eckel, die Fieberhize, die anhaltenden und nachla&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enden Fieber, die &#x017F;chleichenden Fieber, die Wech&#x017F;el-<lb/>
&#x017F;ieber, durch das Athmen, den Hunger, Dur&#x017F;t, das<lb/>
Ein&#x017F;augen der zuru&#x0364;ckfu&#x0364;hrenden Gefa&#x0364;ße, die Tha&#x0364;tigkeit<lb/>
des Herzens und der Arterien, die Ausfu&#x0364;hrungen von<lb/>
&#x017F;chadhaften Materien, die thieri&#x017F;che Ausgela&#x017F;&#x017F;enheit,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0061] *) Ich weis nicht, darf ich daraus ſchließen, daß er die Thierſeelen blos als ein Reſultat der Organiſation anſieht, und ihr Daſeyn blos auf phyſiſche Verhaͤlt- niſſe gruͤnde, wodurch die Wirkſamkeit der ſelbſtthaͤti- gen, einfachen Theile beſtimmt wird; oder muß ich den Unterſchied nur in dem Mangel des geiſtigen Seelenor- gans aufſuchen. In jedem Falle nimmt er bey Er- klaͤrung der natuͤrlichen und der Lebensverrichtungen des Menſchen ohne Grunde zu deſſen Seele ſeine Zu- flucht. §. 16. In Ruͤckſicht der thieriſchen Beſtrebungen und der Vorherſehungen. In dem Kapitel von den thieriſchen Beſtrebun- gen, und den davon abhangenden Thaͤtigkeiten erklaͤrt er nach ſeiner Hypotheſe, wie die Seele der Betaͤu- bung, Ertoͤdtung, oder Zerruͤttung des thieriſchen Seelenorgans entgegen wirkt durch den thieriſchen Schmerz, durch Kraͤmpfe und Zuckungen, durch den thieriſchen Schrecken, den thieriſchen Schauer, den Eckel, die Fieberhize, die anhaltenden und nachlaſ- ſenden Fieber, die ſchleichenden Fieber, die Wechſel- ſieber, durch das Athmen, den Hunger, Durſt, das Einſaugen der zuruͤckfuͤhrenden Gefaͤße, die Thaͤtigkeit des Herzens und der Arterien, die Ausfuͤhrungen von ſchadhaften Materien, die thieriſche Ausgelaſſenheit, die *) Dieſe Buͤffoniſche Hypotheſe und uͤberhaupt die Meinun- gen von der Seelenloſigkeit der Thiere hat Condillac in verſchiedenen Stellen ſeines Traité des animaux 1. cap. 2. 4. 5. hinlaͤnglich widerlegt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Band von Franz Joseph Galls "Philosophi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/61
Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/61>, abgerufen am 21.12.2024.