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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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de von sieben Wochen, welches man für verloren hielt,
weil seit zehn Tagen, die innern und äussern Gichter,
mit einem verdächtigen Schlafen, Tag und Nacht bey
ihm abwechselten. "Ungeachtet man mich versicher-
te, sagt er, daß es genug Abführungen bekommen,
so ließ ich ihm dennoch ein mit Brechweinstein geschärf-
tes Laxiermittel, mit einer abführenden Seifenauflö-
sung abwechselnd, und so oft es schlucken konnte, ge-
ben, und ihm alle zwey Stunden ein erweichendes Sei-
fenklystir beybringen. Dadurch war das mit Pituita
(rotzigem Schleime) gemischte Kinderpech so oft und häu-
fig ausgeleeret, daß es den Umstehenden unbegreiflich
vorkam, wie die Gedärme im Stande waren, es zu
fassen, und wie das an sich schwächliche Kind, der
erstaunenden Ausleerungen ungeachtet, zusehends an
Kräften und Gesundheit zunehmen konnte. Aehnliche
Fälle sind mir sehr viele vorgekommen: man weiß
übrigens ohnehin, wie kraftlos die Hypochondern be-
sonders alsdenn sind, wo gewisse, scharfe, gährende
Unreinigkeiten in Bewegung gerathen.

§. 83.

Von diesen sehr sinnlichen Ursachen der Unterdrü-
ckung der Kräfte kehre ich wieder zu jenen zurück,
welche den Scharfsinn des Arztes weit mehr auf die
Probe setzen. Dieses sind vorzüglich jene Fälle, wel-
che die, auf die blossen Zufälle einer Krankheit auf-
merksamen Aerzte, gewöhnlich zu einer fäulnißwidri-
gen und herzstärkenden Heilart verleiten. Ich habe
es schon einige Male gesagt, und wiederhole es um der

Wich-

de von ſieben Wochen, welches man fuͤr verloren hielt,
weil ſeit zehn Tagen, die innern und aͤuſſern Gichter,
mit einem verdaͤchtigen Schlafen, Tag und Nacht bey
ihm abwechſelten. „Ungeachtet man mich verſicher-
te, ſagt er, daß es genug Abfuͤhrungen bekommen,
ſo ließ ich ihm dennoch ein mit Brechweinſtein geſchaͤrf-
tes Laxiermittel, mit einer abfuͤhrenden Seifenaufloͤ-
ſung abwechſelnd, und ſo oft es ſchlucken konnte, ge-
ben, und ihm alle zwey Stunden ein erweichendes Sei-
fenklyſtir beybringen. Dadurch war das mit Pituita
(rotzigem Schleime) gemiſchte Kinderpech ſo oft und haͤu-
fig ausgeleeret, daß es den Umſtehenden unbegreiflich
vorkam, wie die Gedaͤrme im Stande waren, es zu
faſſen, und wie das an ſich ſchwaͤchliche Kind, der
erſtaunenden Ausleerungen ungeachtet, zuſehends an
Kraͤften und Geſundheit zunehmen konnte. Aehnliche
Faͤlle ſind mir ſehr viele vorgekommen: man weiß
uͤbrigens ohnehin, wie kraftlos die Hypochondern be-
ſonders alsdenn ſind, wo gewiſſe, ſcharfe, gaͤhrende
Unreinigkeiten in Bewegung gerathen.

§. 83.

Von dieſen ſehr ſinnlichen Urſachen der Unterdruͤ-
ckung der Kraͤfte kehre ich wieder zu jenen zuruͤck,
welche den Scharfſinn des Arztes weit mehr auf die
Probe ſetzen. Dieſes ſind vorzuͤglich jene Faͤlle, wel-
che die, auf die bloſſen Zufaͤlle einer Krankheit auf-
merkſamen Aerzte, gewoͤhnlich zu einer faͤulnißwidri-
gen und herzſtaͤrkenden Heilart verleiten. Ich habe
es ſchon einige Male geſagt, und wiederhole es um der

Wich-
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[514/0533] de von ſieben Wochen, welches man fuͤr verloren hielt, weil ſeit zehn Tagen, die innern und aͤuſſern Gichter, mit einem verdaͤchtigen Schlafen, Tag und Nacht bey ihm abwechſelten. „Ungeachtet man mich verſicher- te, ſagt er, daß es genug Abfuͤhrungen bekommen, ſo ließ ich ihm dennoch ein mit Brechweinſtein geſchaͤrf- tes Laxiermittel, mit einer abfuͤhrenden Seifenaufloͤ- ſung abwechſelnd, und ſo oft es ſchlucken konnte, ge- ben, und ihm alle zwey Stunden ein erweichendes Sei- fenklyſtir beybringen. Dadurch war das mit Pituita (rotzigem Schleime) gemiſchte Kinderpech ſo oft und haͤu- fig ausgeleeret, daß es den Umſtehenden unbegreiflich vorkam, wie die Gedaͤrme im Stande waren, es zu faſſen, und wie das an ſich ſchwaͤchliche Kind, der erſtaunenden Ausleerungen ungeachtet, zuſehends an Kraͤften und Geſundheit zunehmen konnte. Aehnliche Faͤlle ſind mir ſehr viele vorgekommen: man weiß uͤbrigens ohnehin, wie kraftlos die Hypochondern be- ſonders alsdenn ſind, wo gewiſſe, ſcharfe, gaͤhrende Unreinigkeiten in Bewegung gerathen. §. 83. Von dieſen ſehr ſinnlichen Urſachen der Unterdruͤ- ckung der Kraͤfte kehre ich wieder zu jenen zuruͤck, welche den Scharfſinn des Arztes weit mehr auf die Probe ſetzen. Dieſes ſind vorzuͤglich jene Faͤlle, wel- che die, auf die bloſſen Zufaͤlle einer Krankheit auf- merkſamen Aerzte, gewoͤhnlich zu einer faͤulnißwidri- gen und herzſtaͤrkenden Heilart verleiten. Ich habe es ſchon einige Male geſagt, und wiederhole es um der Wich-

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/533>, abgerufen am 21.11.2024.