durch Reiben, bald durch angenehme, herzstärkende Dinge, bald auch durch Nahrung, durch Hebung der- jenigen Ursachen, die den Schmerz veranlasset haben z. B. durch Ausleerungen u. d. gl. abhelfen.
Von der Unterdrückung der Kräfte. §. 70.
Die Unterdrückung der Kräfte kömmt so häu- fig vor, und ihre wahre Erkenntniß ist so wichtig, daß beynahe jeder gute Schriftsteller, etwas davon zu sagen, für nöthig gefunden hat. Zu erst will ich, was eigentlich darunter verstanden wird, sinnlich dar- stellen.
Van Swieten erzählet aus Wepfer die Ge- schichte eines Weibes, welche an katharrhalischen, schleimichten Zufällen im Kopfe litt, und zuweilen nach und nach so die Sprache verlor, daß sie auf zehn und mehrere Stunden ganz stumm blieb. Sobald sie aber einen Husten bekam, und einen dünnen, ro- hen Speichel auswarf, konnte sie auf der Stelle wieder sprechen. Drückte sie sich während ihrer Stumm- heit den Kopf um die Gegend der dreyeckichten Hirn- nath (Sutura lambdoidea) so bekam sie alsogleich die Sprache, welche sie aber beym Nachlassen des Druckes wieder verlor. --*) Hier geschah mit der Kraft, welche die Töne bilden hilft, das, was in andern Fällen mit derjenigen Kraft geschieht, welche den verschiedenen Verrichtungen des Menschen vor- steht. Die Lähmung und das Einschlafen eines Glie-
des
*)T. III. §. 1063.
durch Reiben, bald durch angenehme, herzſtaͤrkende Dinge, bald auch durch Nahrung, durch Hebung der- jenigen Urſachen, die den Schmerz veranlaſſet haben z. B. durch Ausleerungen u. d. gl. abhelfen.
Von der Unterdruͤckung der Kraͤfte. §. 70.
Die Unterdruͤckung der Kraͤfte koͤmmt ſo haͤu- fig vor, und ihre wahre Erkenntniß iſt ſo wichtig, daß beynahe jeder gute Schriftſteller, etwas davon zu ſagen, fuͤr noͤthig gefunden hat. Zu erſt will ich, was eigentlich darunter verſtanden wird, ſinnlich dar- ſtellen.
Van Swieten erzaͤhlet aus Wepfer die Ge- ſchichte eines Weibes, welche an katharrhaliſchen, ſchleimichten Zufaͤllen im Kopfe litt, und zuweilen nach und nach ſo die Sprache verlor, daß ſie auf zehn und mehrere Stunden ganz ſtumm blieb. Sobald ſie aber einen Huſten bekam, und einen duͤnnen, ro- hen Speichel auswarf, konnte ſie auf der Stelle wieder ſprechen. Druͤckte ſie ſich waͤhrend ihrer Stumm- heit den Kopf um die Gegend der dreyeckichten Hirn- nath (Sutura lambdoidea) ſo bekam ſie alſogleich die Sprache, welche ſie aber beym Nachlaſſen des Druckes wieder verlor. —*) Hier geſchah mit der Kraft, welche die Toͤne bilden hilft, das, was in andern Faͤllen mit derjenigen Kraft geſchieht, welche den verſchiedenen Verrichtungen des Menſchen vor- ſteht. Die Laͤhmung und das Einſchlafen eines Glie-
des
*)T. III. §. 1063.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0491"n="472"/>
durch Reiben, bald durch angenehme, herzſtaͤrkende<lb/>
Dinge, bald auch durch Nahrung, durch Hebung der-<lb/>
jenigen Urſachen, die den Schmerz veranlaſſet haben<lb/>
z. B. durch Ausleerungen u. d. gl. abhelfen.</p></div></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Von der Unterdruͤckung der Kraͤfte.</hi><lb/>
§. 70.</head><lb/><p>Die Unterdruͤckung der Kraͤfte koͤmmt ſo haͤu-<lb/>
fig vor, und ihre wahre Erkenntniß iſt ſo wichtig,<lb/>
daß beynahe jeder gute Schriftſteller, etwas davon<lb/>
zu ſagen, fuͤr noͤthig gefunden hat. Zu erſt will ich,<lb/>
was eigentlich darunter verſtanden wird, ſinnlich dar-<lb/>ſtellen.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Van Swieten</hi> erzaͤhlet aus <hirendition="#fr">Wepfer</hi> die Ge-<lb/>ſchichte eines Weibes, welche an katharrhaliſchen,<lb/>ſchleimichten Zufaͤllen im Kopfe litt, und zuweilen<lb/>
nach und nach ſo die Sprache verlor, daß ſie auf<lb/>
zehn und mehrere Stunden ganz ſtumm blieb. Sobald<lb/>ſie aber einen Huſten bekam, und einen duͤnnen, ro-<lb/>
hen Speichel auswarf, konnte ſie auf der Stelle<lb/>
wieder ſprechen. Druͤckte ſie ſich waͤhrend ihrer Stumm-<lb/>
heit den Kopf um die Gegend der dreyeckichten Hirn-<lb/>
nath (<hirendition="#aq">Sutura lambdoidea</hi>) ſo bekam ſie alſogleich<lb/>
die Sprache, welche ſie aber beym Nachlaſſen des<lb/>
Druckes wieder verlor. —<noteplace="foot"n="*)"><hirendition="#aq">T. III.</hi> §. 1063.</note> Hier geſchah mit der<lb/>
Kraft, welche die Toͤne bilden hilft, das, was in<lb/>
andern Faͤllen mit derjenigen Kraft geſchieht, welche<lb/>
den verſchiedenen Verrichtungen des Menſchen vor-<lb/>ſteht. Die Laͤhmung und das Einſchlafen eines Glie-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">des</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[472/0491]
durch Reiben, bald durch angenehme, herzſtaͤrkende
Dinge, bald auch durch Nahrung, durch Hebung der-
jenigen Urſachen, die den Schmerz veranlaſſet haben
z. B. durch Ausleerungen u. d. gl. abhelfen.
Von der Unterdruͤckung der Kraͤfte.
§. 70.
Die Unterdruͤckung der Kraͤfte koͤmmt ſo haͤu-
fig vor, und ihre wahre Erkenntniß iſt ſo wichtig,
daß beynahe jeder gute Schriftſteller, etwas davon
zu ſagen, fuͤr noͤthig gefunden hat. Zu erſt will ich,
was eigentlich darunter verſtanden wird, ſinnlich dar-
ſtellen.
Van Swieten erzaͤhlet aus Wepfer die Ge-
ſchichte eines Weibes, welche an katharrhaliſchen,
ſchleimichten Zufaͤllen im Kopfe litt, und zuweilen
nach und nach ſo die Sprache verlor, daß ſie auf
zehn und mehrere Stunden ganz ſtumm blieb. Sobald
ſie aber einen Huſten bekam, und einen duͤnnen, ro-
hen Speichel auswarf, konnte ſie auf der Stelle
wieder ſprechen. Druͤckte ſie ſich waͤhrend ihrer Stumm-
heit den Kopf um die Gegend der dreyeckichten Hirn-
nath (Sutura lambdoidea) ſo bekam ſie alſogleich
die Sprache, welche ſie aber beym Nachlaſſen des
Druckes wieder verlor. — *) Hier geſchah mit der
Kraft, welche die Toͤne bilden hilft, das, was in
andern Faͤllen mit derjenigen Kraft geſchieht, welche
den verſchiedenen Verrichtungen des Menſchen vor-
ſteht. Die Laͤhmung und das Einſchlafen eines Glie-
des
*) T. III. §. 1063.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/491>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.