seye noch so erschöpft; die Sinne mögen gereizt oder betäubt seyn: -- -- So soll sie der Arzt auf keine Weise zu verändern suchen. Und dieses war der Grund, warum ich nicht unbedingt die Kräfte als das Erforderniß zur Wirksamkeit der Natur, sondern die verhältnißmäßigen Kräfte annahm.
§. 60.
Die verschiedenen Kräfte des Menschen wer- den nach dem Unterschiede der Krankheiten verschie- dentlich angegriffen. So, sagt Schröder, sind in hi- tzigen Krankheiten die Lebenskräfte verstärkt, da die Glieder abgeschlagen, die Sinne stumpf, die Druck- kräfte sehr schwach sind; ein andermal sind die See- lenkräfte heiter, die Eßlust gut, die Daukraft wirk- sam; der Mensch hat noch Kräfte sich aufzurichten, da indessen der Puls kaum merklich, ein grosser Hang zu Ohnmachten vorhanden und die Gliedmaßen kalt sind. Bey guten Verstandeskräften fühlt man manch- mal gar keinen Puls; der Athem selbst ist kalt; der Magen und die Gedärme sind gelähmt, so daß die schärfsten Dinge dieselben nicht zu reitzen vermögen. Das Herz hat nicht selten noch große Kraft, da die Haut blaß und kalt ist, die Ausschläge oder andere Ausleerungen gar nicht von statten gehen.*) Auf diesen Unterschied gründet le Roy seine Eintheilung der Fieber." Wenn ich aufmerksam über alles dasje- nige nachdenke, sagt er, was ich von den hitzigen, anhaltenden Fiebern gelesen oder bemerket habe, so
scheint
*)De Viribus naturae debilioribus.
ſeye noch ſo erſchoͤpft; die Sinne moͤgen gereizt oder betaͤubt ſeyn: — — So ſoll ſie der Arzt auf keine Weiſe zu veraͤndern ſuchen. Und dieſes war der Grund, warum ich nicht unbedingt die Kräfte als das Erforderniß zur Wirkſamkeit der Natur, ſondern die verhältnißmäßigen Kräfte annahm.
§. 60.
Die verſchiedenen Kraͤfte des Menſchen wer- den nach dem Unterſchiede der Krankheiten verſchie- dentlich angegriffen. So, ſagt Schröder, ſind in hi- tzigen Krankheiten die Lebenskräfte verſtaͤrkt, da die Glieder abgeſchlagen, die Sinne ſtumpf, die Druck- kraͤfte ſehr ſchwach ſind; ein andermal ſind die See- lenkraͤfte heiter, die Eßluſt gut, die Daukraft wirk- ſam; der Menſch hat noch Kraͤfte ſich aufzurichten, da indeſſen der Puls kaum merklich, ein groſſer Hang zu Ohnmachten vorhanden und die Gliedmaßen kalt ſind. Bey guten Verſtandeskraͤften fuͤhlt man manch- mal gar keinen Puls; der Athem ſelbſt iſt kalt; der Magen und die Gedaͤrme ſind gelaͤhmt, ſo daß die ſchaͤrfſten Dinge dieſelben nicht zu reitzen vermoͤgen. Das Herz hat nicht ſelten noch große Kraft, da die Haut blaß und kalt iſt, die Ausſchlaͤge oder andere Ausleerungen gar nicht von ſtatten gehen.*) Auf dieſen Unterſchied gruͤndet le Roy ſeine Eintheilung der Fieber.〟 Wenn ich aufmerkſam uͤber alles dasje- nige nachdenke, ſagt er, was ich von den hitzigen, anhaltenden Fiebern geleſen oder bemerket habe, ſo
ſcheint
*)De Viribus naturæ debilioribus.
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ſeye noch ſo erſchoͤpft; die Sinne moͤgen gereizt oder
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Weiſe zu veraͤndern ſuchen. Und dieſes war der
Grund, warum ich nicht unbedingt die Kräfte als
das Erforderniß zur Wirkſamkeit der Natur, ſondern
die verhältnißmäßigen Kräfte annahm.
§. 60.
Die verſchiedenen Kraͤfte des Menſchen wer-
den nach dem Unterſchiede der Krankheiten verſchie-
dentlich angegriffen. So, ſagt Schröder, ſind in hi-
tzigen Krankheiten die Lebenskräfte verſtaͤrkt, da die
Glieder abgeſchlagen, die Sinne ſtumpf, die Druck-
kraͤfte ſehr ſchwach ſind; ein andermal ſind die See-
lenkraͤfte heiter, die Eßluſt gut, die Daukraft wirk-
ſam; der Menſch hat noch Kraͤfte ſich aufzurichten,
da indeſſen der Puls kaum merklich, ein groſſer Hang
zu Ohnmachten vorhanden und die Gliedmaßen kalt
ſind. Bey guten Verſtandeskraͤften fuͤhlt man manch-
mal gar keinen Puls; der Athem ſelbſt iſt kalt; der
Magen und die Gedaͤrme ſind gelaͤhmt, ſo daß die
ſchaͤrfſten Dinge dieſelben nicht zu reitzen vermoͤgen.
Das Herz hat nicht ſelten noch große Kraft, da die
Haut blaß und kalt iſt, die Ausſchlaͤge oder andere
Ausleerungen gar nicht von ſtatten gehen. *) Auf
dieſen Unterſchied gruͤndet le Roy ſeine Eintheilung
der Fieber.〟 Wenn ich aufmerkſam uͤber alles dasje-
nige nachdenke, ſagt er, was ich von den hitzigen,
anhaltenden Fiebern geleſen oder bemerket habe, ſo
ſcheint
*) De Viribus naturæ debilioribus.
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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/461>, abgerufen am 21.11.2024.
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